Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Stimmung Luthers. mit dem männlichen Muthe, der ein gutes Recht zu habenglaubt auf den Schutz der ewigen Gotteskraft, der er sich gewidmet: sein Gebet ist ein Versenken in den Abgrund der Tiefe der dennoch persönlichen Gottheit; er läßt nicht ab, bis er das Gefühl der Erhörung hat, das größte, des- sen das menschliche Herz, über alle Täuschung erhaben, in seinen heiligsten Augenblicken fähig ist. Ich habe für dich gebetet, schreibt er an Melanchthon, ich habe das Amen gefühlt in meinem Herzen. Ein ächter Ausdruck dieser Stimmung ist das Lied 1 Schon Cölestin giebt es an. Olearius hat dagegen erinnert,
daß das Lied sich bereits in einer Sammlung von 1529 befinde. Er meinte damit wohl nichts, als die mit der Jahrzahl 1529 bezeichnete Sammlung lutherischer Lieder in der Jen. und Altb. Ausg. luth. Werke, die aber hier, wie so manches andere auf einem Irrthum beruht. Niemals ist eine Sammlung von 1529 wieder bekannt geworden, und es läßt sich an ihrer Existenz zweifeln. Diejenige, welche man dafür ausgiebt, enthält auch spätere Lieder. Stimmung Luthers. mit dem männlichen Muthe, der ein gutes Recht zu habenglaubt auf den Schutz der ewigen Gotteskraft, der er ſich gewidmet: ſein Gebet iſt ein Verſenken in den Abgrund der Tiefe der dennoch perſönlichen Gottheit; er läßt nicht ab, bis er das Gefühl der Erhörung hat, das größte, deſ- ſen das menſchliche Herz, über alle Täuſchung erhaben, in ſeinen heiligſten Augenblicken fähig iſt. Ich habe für dich gebetet, ſchreibt er an Melanchthon, ich habe das Amen gefühlt in meinem Herzen. Ein ächter Ausdruck dieſer Stimmung iſt das Lied 1 Schon Coͤleſtin giebt es an. Olearius hat dagegen erinnert,
daß das Lied ſich bereits in einer Sammlung von 1529 befinde. Er meinte damit wohl nichts, als die mit der Jahrzahl 1529 bezeichnete Sammlung lutheriſcher Lieder in der Jen. und Altb. Ausg. luth. Werke, die aber hier, wie ſo manches andere auf einem Irrthum beruht. Niemals iſt eine Sammlung von 1529 wieder bekannt geworden, und es laͤßt ſich an ihrer Exiſtenz zweifeln. Diejenige, welche man dafuͤr ausgiebt, enthaͤlt auch ſpaͤtere Lieder. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0285" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Stimmung Luthers</hi>.</fw><lb/> mit dem männlichen Muthe, der ein gutes Recht zu haben<lb/> glaubt auf den Schutz der ewigen Gotteskraft, der er ſich<lb/> gewidmet: ſein Gebet iſt ein Verſenken in den Abgrund<lb/> der Tiefe der dennoch perſönlichen Gottheit; er läßt nicht<lb/> ab, bis er das Gefühl der Erhörung hat, das größte, deſ-<lb/> ſen das menſchliche Herz, über alle Täuſchung erhaben, in<lb/> ſeinen heiligſten Augenblicken fähig iſt. Ich habe für dich<lb/> gebetet, ſchreibt er an Melanchthon, ich habe das Amen<lb/> gefühlt in meinem Herzen.</p><lb/> <p>Ein ächter Ausdruck dieſer Stimmung iſt das Lied<lb/> „eine feſte Burg iſt unſer Gott,“ deſſen Entſtehung man von<lb/> jeher ſehr mit Recht in dieſe Zeiten geſetzt hat. <note place="foot" n="1">Schon Coͤleſtin giebt es an. Olearius hat dagegen erinnert,<lb/> daß das Lied ſich bereits in einer Sammlung von 1529 befinde. Er<lb/> meinte damit wohl nichts, als die mit der Jahrzahl 1529 bezeichnete<lb/> Sammlung lutheriſcher Lieder in der Jen. und Altb. Ausg. luth. Werke,<lb/> die aber hier, wie ſo manches andere auf einem Irrthum beruht.<lb/> Niemals iſt eine Sammlung von 1529 wieder bekannt geworden,<lb/> und es laͤßt ſich an ihrer Exiſtenz zweifeln. Diejenige, welche man<lb/> dafuͤr ausgiebt, enthaͤlt auch ſpaͤtere Lieder.</note> Es kün-<lb/> digt ſich als eine Bearbeitung des 16ten Pſalmes an, an<lb/> den es jedoch nur erinnert: es iſt ganz das Produkt des<lb/> Momentes, wo man im Kampfe mit einer Welt voller<lb/> Feinde ſich auf das Bewußtſeyn zurückzieht, daß man eine<lb/> göttliche Sache vertheidigt, die nicht untergehen kann. Es<lb/> ſcheint, als lege man die Waffen nieder, aber es iſt die<lb/> männlichſte Verzichtleiſtung, die es geben kann, nur auf<lb/> den momentanen Erfolg; des ewigen iſt man gewiß. Wie<lb/> erhebt ſich die Melodie ſo freudig und muthvoll, treuher-<lb/> zig in ihrer Sicherheit, gottinnig und weltverachtend! Sie<lb/> iſt identiſch mit dem Geſange; in den Stürmen jener Tage<lb/> entſtanden ſie mit einander.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0285]
Stimmung Luthers.
mit dem männlichen Muthe, der ein gutes Recht zu haben
glaubt auf den Schutz der ewigen Gotteskraft, der er ſich
gewidmet: ſein Gebet iſt ein Verſenken in den Abgrund
der Tiefe der dennoch perſönlichen Gottheit; er läßt nicht
ab, bis er das Gefühl der Erhörung hat, das größte, deſ-
ſen das menſchliche Herz, über alle Täuſchung erhaben, in
ſeinen heiligſten Augenblicken fähig iſt. Ich habe für dich
gebetet, ſchreibt er an Melanchthon, ich habe das Amen
gefühlt in meinem Herzen.
Ein ächter Ausdruck dieſer Stimmung iſt das Lied
„eine feſte Burg iſt unſer Gott,“ deſſen Entſtehung man von
jeher ſehr mit Recht in dieſe Zeiten geſetzt hat. 1 Es kün-
digt ſich als eine Bearbeitung des 16ten Pſalmes an, an
den es jedoch nur erinnert: es iſt ganz das Produkt des
Momentes, wo man im Kampfe mit einer Welt voller
Feinde ſich auf das Bewußtſeyn zurückzieht, daß man eine
göttliche Sache vertheidigt, die nicht untergehen kann. Es
ſcheint, als lege man die Waffen nieder, aber es iſt die
männlichſte Verzichtleiſtung, die es geben kann, nur auf
den momentanen Erfolg; des ewigen iſt man gewiß. Wie
erhebt ſich die Melodie ſo freudig und muthvoll, treuher-
zig in ihrer Sicherheit, gottinnig und weltverachtend! Sie
iſt identiſch mit dem Geſange; in den Stürmen jener Tage
entſtanden ſie mit einander.
1 Schon Coͤleſtin giebt es an. Olearius hat dagegen erinnert,
daß das Lied ſich bereits in einer Sammlung von 1529 befinde. Er
meinte damit wohl nichts, als die mit der Jahrzahl 1529 bezeichnete
Sammlung lutheriſcher Lieder in der Jen. und Altb. Ausg. luth. Werke,
die aber hier, wie ſo manches andere auf einem Irrthum beruht.
Niemals iſt eine Sammlung von 1529 wieder bekannt geworden,
und es laͤßt ſich an ihrer Exiſtenz zweifeln. Diejenige, welche man
dafuͤr ausgiebt, enthaͤlt auch ſpaͤtere Lieder.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |