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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Ehescheidung Heinrichs VIII.
gen waren, diesen Zweifel verstärken! Der Beichtvater
des Königs sagte schon lange seinen Freunden, jene Ehe
des Herrn werde nicht bis aus Ende bestehen. 1

Da geschah nun daß Cardinal Wolsey, der Vertraute
des Königs sich mit dem Kaiser entzweite. Der Kaiser
hatte ihm einst in Windsor angetragen ihn zum Papstthum
zu befördern und dann, als der Fall eintrat, wenig oder
nichts für ihn gethan. In Spanien hat man immer be-
hauptet, Wolsey habe dem Kaiser dafür ewige Rache ge-
schworen, er habe sich gerühmt, einen solchen Umschwung
in den Geschäften hervorzubringen, wie seit 100 Jahren
nicht Statt gefunden, -- und sollte das Königreich Eng-
land darüber zu Grunde gehn. 2 So viel ist gewiß, er
faßte die Idee, seinen Herrn, auf den, wie wir sahen, auch
sonst mannichfaltige Beweggründe wirkten, auf immer von
dem Kaiser zu trennen. Dazu aber war eine Auflösung
der Ehe, durch welche einst Ferdinand der Katholische
und Heinrich VIII die Verbindung beider Familien zu
verewigen gedacht, vor allem nothwendig. Wir können es
Wolsey glauben, wenn er später vor Gericht behauptete,
er sey es nicht, der zuerst von der Ehescheidung geredet:
aber eben so gewiß ist, daß er dieselbe zuerst ernstlich in
Vorschlag gebracht hat, und zwar in der bezeichneten Ab-
sicht; er selbst hat das dem französischen Gesandten, Jean
du Bellai, mit der größten Bestimmtheit versichert. 3


1 Polydorus Virgilius Historia Anglica, Henricus VIII p. 82.
Jam pridem conjugium regium velut infirmum labefactatum iri
censebat idque clam suis saepe intimis amicis insusurrabat.
2 Respuesta del emperador al cartel presentado por Cla-
rencao
bei Sandoval lib. XVI, Tom. I, p. 358.
3 Depeche de l'eveque de Bayonne, J. du Bellay, 28. Oc-
Ranke d. Gesch. III. 2

Eheſcheidung Heinrichs VIII.
gen waren, dieſen Zweifel verſtärken! Der Beichtvater
des Königs ſagte ſchon lange ſeinen Freunden, jene Ehe
des Herrn werde nicht bis aus Ende beſtehen. 1

Da geſchah nun daß Cardinal Wolſey, der Vertraute
des Königs ſich mit dem Kaiſer entzweite. Der Kaiſer
hatte ihm einſt in Windſor angetragen ihn zum Papſtthum
zu befördern und dann, als der Fall eintrat, wenig oder
nichts für ihn gethan. In Spanien hat man immer be-
hauptet, Wolſey habe dem Kaiſer dafür ewige Rache ge-
ſchworen, er habe ſich gerühmt, einen ſolchen Umſchwung
in den Geſchäften hervorzubringen, wie ſeit 100 Jahren
nicht Statt gefunden, — und ſollte das Königreich Eng-
land darüber zu Grunde gehn. 2 So viel iſt gewiß, er
faßte die Idee, ſeinen Herrn, auf den, wie wir ſahen, auch
ſonſt mannichfaltige Beweggründe wirkten, auf immer von
dem Kaiſer zu trennen. Dazu aber war eine Auflöſung
der Ehe, durch welche einſt Ferdinand der Katholiſche
und Heinrich VIII die Verbindung beider Familien zu
verewigen gedacht, vor allem nothwendig. Wir können es
Wolſey glauben, wenn er ſpäter vor Gericht behauptete,
er ſey es nicht, der zuerſt von der Eheſcheidung geredet:
aber eben ſo gewiß iſt, daß er dieſelbe zuerſt ernſtlich in
Vorſchlag gebracht hat, und zwar in der bezeichneten Ab-
ſicht; er ſelbſt hat das dem franzöſiſchen Geſandten, Jean
du Bellai, mit der größten Beſtimmtheit verſichert. 3


1 Polydorus Virgilius Historia Anglica, Henricus VIII p. 82.
Jam pridem conjugium regium velut infirmum labefactatum iri
censebat idque clam suis saepe intimis amicis insusurrabat.
2 Respuesta del emperador al cartel presentado por Cla-
rençao
bei Sandoval lib. XVI, Tom. I, p. 358.
3 Depeche de l’evêque de Bayonne, J. du Bellay, 28. Oc-
Ranke d. Geſch. III. 2
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[17/0033] Eheſcheidung Heinrichs VIII. gen waren, dieſen Zweifel verſtärken! Der Beichtvater des Königs ſagte ſchon lange ſeinen Freunden, jene Ehe des Herrn werde nicht bis aus Ende beſtehen. 1 Da geſchah nun daß Cardinal Wolſey, der Vertraute des Königs ſich mit dem Kaiſer entzweite. Der Kaiſer hatte ihm einſt in Windſor angetragen ihn zum Papſtthum zu befördern und dann, als der Fall eintrat, wenig oder nichts für ihn gethan. In Spanien hat man immer be- hauptet, Wolſey habe dem Kaiſer dafür ewige Rache ge- ſchworen, er habe ſich gerühmt, einen ſolchen Umſchwung in den Geſchäften hervorzubringen, wie ſeit 100 Jahren nicht Statt gefunden, — und ſollte das Königreich Eng- land darüber zu Grunde gehn. 2 So viel iſt gewiß, er faßte die Idee, ſeinen Herrn, auf den, wie wir ſahen, auch ſonſt mannichfaltige Beweggründe wirkten, auf immer von dem Kaiſer zu trennen. Dazu aber war eine Auflöſung der Ehe, durch welche einſt Ferdinand der Katholiſche und Heinrich VIII die Verbindung beider Familien zu verewigen gedacht, vor allem nothwendig. Wir können es Wolſey glauben, wenn er ſpäter vor Gericht behauptete, er ſey es nicht, der zuerſt von der Eheſcheidung geredet: aber eben ſo gewiß iſt, daß er dieſelbe zuerſt ernſtlich in Vorſchlag gebracht hat, und zwar in der bezeichneten Ab- ſicht; er ſelbſt hat das dem franzöſiſchen Geſandten, Jean du Bellai, mit der größten Beſtimmtheit verſichert. 3 1 Polydorus Virgilius Historia Anglica, Henricus VIII p. 82. Jam pridem conjugium regium velut infirmum labefactatum iri censebat idque clam suis saepe intimis amicis insusurrabat. 2 Respuesta del emperador al cartel presentado por Cla- rençao bei Sandoval lib. XVI, Tom. I, p. 358. 3 Depeche de l’evêque de Bayonne, J. du Bellay, 28. Oc- Ranke d. Geſch. III. 2

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/33>, abgerufen am 23.11.2024.