Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Sechstes Buch. Fünftes Capitel. suchte, ihre bisherigen Grundlagen, Tafel und Buch um-stürzte, überhaupt auf das gewaltsamste verfuhr und end- lich nur durch die entschlossene Entwickelung einer bewaff- neten Macht beseitigt werden konnte. 1 Und noch viel weitaussehender waren die Bewegungen Hier hatten sich die vornehmen Geschlechter auf das Das Unglück der regierenden Herren war nur, daß Wohl ging die Bürgerschaft hierauf ein; sie ernannte 1 Roller Geschichte von Bremen II, p. 380 u. f. 2 Die Priesterschaft war besonders durch die Stiftung der
Vicarien sehr zahlreich geworden. In der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts gab es in Lübek am Dom 59, an Marien 51, an Petri 22, an Jacobi 16, an Aegidien 13 und an den Nebenkirchen noch 8 Vicare. Es waren meistens Verwandte Derjenigen, welche das Capital zur Lesung einiger Seelmessen gestiftet. Vgl. Grautoff Schriften I, 266. Die Verschreibung über das Capital blieb in den Händen der Provisoren. Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel. ſuchte, ihre bisherigen Grundlagen, Tafel und Buch um-ſtürzte, überhaupt auf das gewaltſamſte verfuhr und end- lich nur durch die entſchloſſene Entwickelung einer bewaff- neten Macht beſeitigt werden konnte. 1 Und noch viel weitausſehender waren die Bewegungen Hier hatten ſich die vornehmen Geſchlechter auf das Das Unglück der regierenden Herren war nur, daß Wohl ging die Bürgerſchaft hierauf ein; ſie ernannte 1 Roller Geſchichte von Bremen II, p. 380 u. f. 2 Die Prieſterſchaft war beſonders durch die Stiftung der
Vicarien ſehr zahlreich geworden. In der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts gab es in Luͤbek am Dom 59, an Marien 51, an Petri 22, an Jacobi 16, an Aegidien 13 und an den Nebenkirchen noch 8 Vicare. Es waren meiſtens Verwandte Derjenigen, welche das Capital zur Leſung einiger Seelmeſſen geſtiftet. Vgl. Grautoff Schriften I, 266. Die Verſchreibung uͤber das Capital blieb in den Haͤnden der Proviſoren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0400" n="384"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel</hi>.</fw><lb/> ſuchte, ihre bisherigen Grundlagen, Tafel und Buch um-<lb/> ſtürzte, überhaupt auf das gewaltſamſte verfuhr und end-<lb/> lich nur durch die entſchloſſene Entwickelung einer bewaff-<lb/> neten Macht beſeitigt werden konnte. <note place="foot" n="1">Roller Geſchichte von Bremen <hi rendition="#aq">II, p.</hi> 380 u. f.</note></p><lb/> <p>Und noch viel weitausſehender waren die Bewegungen<lb/> in Lübek.</p><lb/> <p>Hier hatten ſich die vornehmen Geſchlechter auf das<lb/> engſte mit der Geiſtlichkeit vereinigt; Capitel, Rath, Jun-<lb/> ker und große Kaufleute bildeten nur Eine Partei. <note place="foot" n="2">Die Prieſterſchaft war beſonders durch die Stiftung der<lb/> Vicarien ſehr zahlreich geworden. In der Mitte des funfzehnten<lb/> Jahrhunderts gab es in Luͤbek am Dom 59, an Marien 51, an<lb/> Petri 22, an Jacobi 16, an Aegidien 13 und an den Nebenkirchen<lb/> noch 8 Vicare. Es waren meiſtens Verwandte Derjenigen, welche<lb/> das Capital zur Leſung einiger Seelmeſſen geſtiftet. Vgl. Grautoff<lb/> Schriften <hi rendition="#aq">I,</hi> 266. Die Verſchreibung uͤber das Capital blieb in den<lb/> Haͤnden der Proviſoren.</note> Da-<lb/> gegen regte ſich das religiöſe Begehren hier eben ſo gut<lb/> wie anderwärts in der Bürgerſchaft; es ward aber mit un-<lb/> nachſichtigem Eifer zurückgedrängt; es wurden Familien ge-<lb/> ſtraft, wo nur das Geſinde einen deutſchen Pſalm geſun-<lb/> gen: Luthers Poſtille ward 1528 auf öffentlichem Markt<lb/> verbrannt.</p><lb/> <p>Das Unglück der regierenden Herren war nur, daß<lb/> ſie die Finanzen der Stadt in Unordnung hatten gerathen<lb/> laſſen, und ſich genöthigt ſahen, die Bürgerſchaft zu ver-<lb/> ſammeln und ihre außerordentliche Beihülfe in Anſpruch<lb/> zu nehmen.</p><lb/> <p>Wohl ging die Bürgerſchaft hierauf ein; ſie ernannte<lb/> 1529 einen Ausſchuß, der nach und nach auf 64 Mit-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [384/0400]
Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſuchte, ihre bisherigen Grundlagen, Tafel und Buch um-
ſtürzte, überhaupt auf das gewaltſamſte verfuhr und end-
lich nur durch die entſchloſſene Entwickelung einer bewaff-
neten Macht beſeitigt werden konnte. 1
Und noch viel weitausſehender waren die Bewegungen
in Lübek.
Hier hatten ſich die vornehmen Geſchlechter auf das
engſte mit der Geiſtlichkeit vereinigt; Capitel, Rath, Jun-
ker und große Kaufleute bildeten nur Eine Partei. 2 Da-
gegen regte ſich das religiöſe Begehren hier eben ſo gut
wie anderwärts in der Bürgerſchaft; es ward aber mit un-
nachſichtigem Eifer zurückgedrängt; es wurden Familien ge-
ſtraft, wo nur das Geſinde einen deutſchen Pſalm geſun-
gen: Luthers Poſtille ward 1528 auf öffentlichem Markt
verbrannt.
Das Unglück der regierenden Herren war nur, daß
ſie die Finanzen der Stadt in Unordnung hatten gerathen
laſſen, und ſich genöthigt ſahen, die Bürgerſchaft zu ver-
ſammeln und ihre außerordentliche Beihülfe in Anſpruch
zu nehmen.
Wohl ging die Bürgerſchaft hierauf ein; ſie ernannte
1529 einen Ausſchuß, der nach und nach auf 64 Mit-
1 Roller Geſchichte von Bremen II, p. 380 u. f.
2 Die Prieſterſchaft war beſonders durch die Stiftung der
Vicarien ſehr zahlreich geworden. In der Mitte des funfzehnten
Jahrhunderts gab es in Luͤbek am Dom 59, an Marien 51, an
Petri 22, an Jacobi 16, an Aegidien 13 und an den Nebenkirchen
noch 8 Vicare. Es waren meiſtens Verwandte Derjenigen, welche
das Capital zur Leſung einiger Seelmeſſen geſtiftet. Vgl. Grautoff
Schriften I, 266. Die Verſchreibung uͤber das Capital blieb in den
Haͤnden der Proviſoren.
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