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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
Dreieinigkeit und den beiden Naturen in Christo ursprüng-
lich festgestellt worden, aufs neue feierlich an, wie sie das
schon in der augsburger Confession ausgesprochen. Sie
hielten für nothwendig, sowohl bei den theologischen Pro-
motionen an der Universität, als bei den Anstellungen in
der Kirche auf diese Lehren zu verpflichten. 1

Nicht als hätten sie namentlich die Confession für
eine auf alle Zeit aufgestellte Norm erklären wollen. In
den Unterhandlungen, welche im Jahr 1535 mit England
gepflogen worden, hat man ausdrücklich den Fall für mög-
lich erklärt, daß man in Apologie und Confession nach
Gottes Wort etwas zu verbessern finden könnte. 2 Auch
läßt sich, wenn man das Verhältniß zu den Schweizern
ins Auge faßt, nicht in Abrede stellen, daß die Lehre selbst
noch in lebendiger Fortbildung begriffen war. In der Ver-
bindung, in welche die Sachsen mit den Oberländern ge-
treten, ohne daß diese, bei aller Annäherung, sich doch
ganz angeschlossen hätten, lag schon eine Einwirkung ihres
dogmatischen Begriffes auf den sächsischen; bald werden wir
sehen, wie ernstlich man nach dem Ziele einer vollständigen
Vereinbarung strebte.


1 Statuta collegii facultatis theologicae bei Förstemann lib.
decanorum p. 152. Volumus purum evangelii doctrinam, consen-
taneam confessioni quam Augustae -- exhibuimus -- pie pro-
poni; -- severissime etiam prohibemus spargi haereses, damna-
tas in synodis nicaena, Constantinopolitana, Ephesina et Chal-
cedonensi, nam harum synodorum decretis de explicatione doc-
trinae, de deo patre filio et spiritu sancto et de duabus natu-
ris in Christo, nato ex virgine Maria assentimur eaque judicamus
in scriptis apostolicis certo tradita esse.
2 Petitio illustrissimorum principum, data legatis sermae re-
giae dignitatis 25. Dec.
1535. Der König soll versprechen, sich
nach Confession und Apologia zu richten; nisi forte quaedam -- ex
verbo dei merito corrigenda aut mutanda videbuntur
--

Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
Dreieinigkeit und den beiden Naturen in Chriſto urſprüng-
lich feſtgeſtellt worden, aufs neue feierlich an, wie ſie das
ſchon in der augsburger Confeſſion ausgeſprochen. Sie
hielten für nothwendig, ſowohl bei den theologiſchen Pro-
motionen an der Univerſität, als bei den Anſtellungen in
der Kirche auf dieſe Lehren zu verpflichten. 1

Nicht als hätten ſie namentlich die Confeſſion für
eine auf alle Zeit aufgeſtellte Norm erklären wollen. In
den Unterhandlungen, welche im Jahr 1535 mit England
gepflogen worden, hat man ausdrücklich den Fall für mög-
lich erklärt, daß man in Apologie und Confeſſion nach
Gottes Wort etwas zu verbeſſern finden könnte. 2 Auch
läßt ſich, wenn man das Verhältniß zu den Schweizern
ins Auge faßt, nicht in Abrede ſtellen, daß die Lehre ſelbſt
noch in lebendiger Fortbildung begriffen war. In der Ver-
bindung, in welche die Sachſen mit den Oberländern ge-
treten, ohne daß dieſe, bei aller Annäherung, ſich doch
ganz angeſchloſſen hätten, lag ſchon eine Einwirkung ihres
dogmatiſchen Begriffes auf den ſächſiſchen; bald werden wir
ſehen, wie ernſtlich man nach dem Ziele einer vollſtändigen
Vereinbarung ſtrebte.


1 Statuta collegii facultatis theologicae bei Foͤrſtemann lib.
decanorum p. 152. Volumus purum evangelii doctrinam, consen-
taneam confessioni quam Augustae — exhibuimus — pie pro-
poni; — severissime etiam prohibemus spargi haereses, damna-
tas in synodis nicaena, Constantinopolitana, Ephesina et Chal-
cedonensi, nam harum synodorum decretis de explicatione doc-
trinae, de deo patre filio et spiritu sancto et de duabus natu-
ris in Christo, nato ex virgine Maria assentimur eaque judicamus
in scriptis apostolicis certo tradita esse.
2 Petitio illustrissimorum principum, data legatis sermae re-
giae dignitatis 25. Dec.
1535. Der Koͤnig ſoll verſprechen, ſich
nach Confeſſion und Apologia zu richten; nisi forte quaedam — ex
verbo dei merito corrigenda aut mutanda videbuntur
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[602/0618] Sechstes Buch. Zehntes Capitel. Dreieinigkeit und den beiden Naturen in Chriſto urſprüng- lich feſtgeſtellt worden, aufs neue feierlich an, wie ſie das ſchon in der augsburger Confeſſion ausgeſprochen. Sie hielten für nothwendig, ſowohl bei den theologiſchen Pro- motionen an der Univerſität, als bei den Anſtellungen in der Kirche auf dieſe Lehren zu verpflichten. 1 Nicht als hätten ſie namentlich die Confeſſion für eine auf alle Zeit aufgeſtellte Norm erklären wollen. In den Unterhandlungen, welche im Jahr 1535 mit England gepflogen worden, hat man ausdrücklich den Fall für mög- lich erklärt, daß man in Apologie und Confeſſion nach Gottes Wort etwas zu verbeſſern finden könnte. 2 Auch läßt ſich, wenn man das Verhältniß zu den Schweizern ins Auge faßt, nicht in Abrede ſtellen, daß die Lehre ſelbſt noch in lebendiger Fortbildung begriffen war. In der Ver- bindung, in welche die Sachſen mit den Oberländern ge- treten, ohne daß dieſe, bei aller Annäherung, ſich doch ganz angeſchloſſen hätten, lag ſchon eine Einwirkung ihres dogmatiſchen Begriffes auf den ſächſiſchen; bald werden wir ſehen, wie ernſtlich man nach dem Ziele einer vollſtändigen Vereinbarung ſtrebte. 1 Statuta collegii facultatis theologicae bei Foͤrſtemann lib. decanorum p. 152. Volumus purum evangelii doctrinam, consen- taneam confessioni quam Augustae — exhibuimus — pie pro- poni; — severissime etiam prohibemus spargi haereses, damna- tas in synodis nicaena, Constantinopolitana, Ephesina et Chal- cedonensi, nam harum synodorum decretis de explicatione doc- trinae, de deo patre filio et spiritu sancto et de duabus natu- ris in Christo, nato ex virgine Maria assentimur eaque judicamus in scriptis apostolicis certo tradita esse. 2 Petitio illustrissimorum principum, data legatis sermae re- giae dignitatis 25. Dec. 1535. Der Koͤnig ſoll verſprechen, ſich nach Confeſſion und Apologia zu richten; nisi forte quaedam — ex verbo dei merito corrigenda aut mutanda videbuntur —

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/618>, abgerufen am 18.05.2024.