schaffen konnte deren er bedurfte? ob dabei nicht die gewal- tigen Weltkräfte, mit denen er zu kämpfen hatte, das Über- gewicht über ihn davon tragen würden? -- Folgen wir den Ereignissen, die sich in einzelnen Schlägen, in entfernten Welt- gegenden, entwickeln, aber doch zuletzt zusammenwirken.
Noch während des Reichstags zu Regensburg trafen die widerwärtigsten Nachrichten aus Ungarn ein.
Jener Vertrag, welchen Johann Zapolya mit den bei- den östreichischen Brüdern geschlossen, kraft dessen selbst in dem Falle daß ihm ein Sohn geboren würde, doch sein Land und sein Volk nach seinem Tode an Ferdinand fallen sollte, hatte die Erfolge nicht gehabt, die man in Ungarn erwar- tete: an wirksame Hülfe von Östreich war nicht zu denken gewesen; dagegen hatte sich die Gefahr von Seiten der Tür- ken gewaltig vermehrt. Man hatte Suleiman bei der Nach- richt, die ihm erst spät zukam, in heftige Drohworte aus- brechen hören.
Aus den Briefen des Verantius vom Hofe Zapolyas er- kennen wir die bedrängte Lage in der man sich in der ersten Hälfte des Jahres 1540 daselbst befand. Das schon ganz erschöpfte Land ward mit neuen Lasten belegt, um ein paar hunderttausend Ducaten zum Geschenk an die Pforte bringen zu können; -- man mußte sich entschließen, den Hospodar der Moldau, Peter, der hieher geflohen, nach Constantinopel auszuliefern, und fürchtete schon die Nachrichten die er dort mittheilen werde; -- noch mehr besorgte man von den Ein- flüsterungen des Hieronymus Laski, der von Östreich da-
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
ſchaffen konnte deren er bedurfte? ob dabei nicht die gewal- tigen Weltkräfte, mit denen er zu kämpfen hatte, das Über- gewicht über ihn davon tragen würden? — Folgen wir den Ereigniſſen, die ſich in einzelnen Schlägen, in entfernten Welt- gegenden, entwickeln, aber doch zuletzt zuſammenwirken.
Noch während des Reichstags zu Regensburg trafen die widerwärtigſten Nachrichten aus Ungarn ein.
Jener Vertrag, welchen Johann Zapolya mit den bei- den öſtreichiſchen Brüdern geſchloſſen, kraft deſſen ſelbſt in dem Falle daß ihm ein Sohn geboren würde, doch ſein Land und ſein Volk nach ſeinem Tode an Ferdinand fallen ſollte, hatte die Erfolge nicht gehabt, die man in Ungarn erwar- tete: an wirkſame Hülfe von Öſtreich war nicht zu denken geweſen; dagegen hatte ſich die Gefahr von Seiten der Tür- ken gewaltig vermehrt. Man hatte Suleiman bei der Nach- richt, die ihm erſt ſpät zukam, in heftige Drohworte aus- brechen hören.
Aus den Briefen des Verantius vom Hofe Zapolyas er- kennen wir die bedrängte Lage in der man ſich in der erſten Hälfte des Jahres 1540 daſelbſt befand. Das ſchon ganz erſchöpfte Land ward mit neuen Laſten belegt, um ein paar hunderttauſend Ducaten zum Geſchenk an die Pforte bringen zu können; — man mußte ſich entſchließen, den Hospodar der Moldau, Peter, der hieher geflohen, nach Conſtantinopel auszuliefern, und fürchtete ſchon die Nachrichten die er dort mittheilen werde; — noch mehr beſorgte man von den Ein- flüſterungen des Hieronymus Laski, der von Öſtreich da-
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Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
ſchaffen konnte deren er bedurfte? ob dabei nicht die gewal-
tigen Weltkräfte, mit denen er zu kämpfen hatte, das Über-
gewicht über ihn davon tragen würden? — Folgen wir den
Ereigniſſen, die ſich in einzelnen Schlägen, in entfernten Welt-
gegenden, entwickeln, aber doch zuletzt zuſammenwirken.
Noch während des Reichstags zu Regensburg trafen
die widerwärtigſten Nachrichten aus Ungarn ein.
Jener Vertrag, welchen Johann Zapolya mit den bei-
den öſtreichiſchen Brüdern geſchloſſen, kraft deſſen ſelbſt in
dem Falle daß ihm ein Sohn geboren würde, doch ſein Land
und ſein Volk nach ſeinem Tode an Ferdinand fallen ſollte,
hatte die Erfolge nicht gehabt, die man in Ungarn erwar-
tete: an wirkſame Hülfe von Öſtreich war nicht zu denken
geweſen; dagegen hatte ſich die Gefahr von Seiten der Tür-
ken gewaltig vermehrt. Man hatte Suleiman bei der Nach-
richt, die ihm erſt ſpät zukam, in heftige Drohworte aus-
brechen hören.
Aus den Briefen des Verantius vom Hofe Zapolyas er-
kennen wir die bedrängte Lage in der man ſich in der erſten
Hälfte des Jahres 1540 daſelbſt befand. Das ſchon ganz
erſchöpfte Land ward mit neuen Laſten belegt, um ein paar
hunderttauſend Ducaten zum Geſchenk an die Pforte bringen
zu können; — man mußte ſich entſchließen, den Hospodar
der Moldau, Peter, der hieher geflohen, nach Conſtantinopel
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/242>, abgerufen am 27.11.2024.
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