würde wohl entschiedener zu Werke gegangen seyn, hätte er nicht erst der Bestätigung des Kaisers und des Papstes be- durft. Der Landgraf meinte fast, es werde bei ihm nur noch auf eine Anmahnung von Sachsen und Pfalz ankommen.
Bei dieser Lage der Dinge dachte man sehr natürlich daran das alte Ansehen des churfürstlichen Collegiums zu er- neuern. Besonders Joachim II erörterte, wie ungehörig es sey, daß in den letzten Zeiten die Fürsten fast das Über- gewicht über die Churfürsten gewonnen. Er meinte, wenn nur das Collegium sich wieder absondere, nicht allein die Propositionen sondern auch die Obliegen des Reiches in or- dentlicher Umfrage berathschlage, so werde ihr Mehr auch in dem andern Rathe bald wieder durchdringen. 1
So weit kam es denn auch wirklich, daß die Churfür- sten, wiewohl nicht vollzählig, sich noch einmal für ihren Col- legen von Cölln bei dem Kaiser verwandten.
Die Bestrebungen des Landgrafen wurden durch die all- gemeine Furcht vor weiterm Umsichgreifen des Hauses Öst- reich befördert. Wie tief diese gieng, davon gab unter an- dern Herzog Heinrich von Braunschweig ein Beispiel. Er kündigte eines Tages an, er habe ein Geheimniß zu ent- decken, und als der Landgraf einen seiner Räthe deshalb zu ihm schickte, eröffnete er, die Absicht des Kaisers sey, Deutsch- land vollends zu zerreißen, alle Fürsten zu Bettlern zu ma- chen: sey es nicht wahr, so solle seine Seele ewig verdammt seyn. Auch die geistlichen Fürsten fürchteten den Zuwachs der Macht, welche dem Kaiser das Recht geben würde die Beschlüsse des Conciliums zu exequiren.
würde wohl entſchiedener zu Werke gegangen ſeyn, hätte er nicht erſt der Beſtätigung des Kaiſers und des Papſtes be- durft. Der Landgraf meinte faſt, es werde bei ihm nur noch auf eine Anmahnung von Sachſen und Pfalz ankommen.
Bei dieſer Lage der Dinge dachte man ſehr natürlich daran das alte Anſehen des churfürſtlichen Collegiums zu er- neuern. Beſonders Joachim II erörterte, wie ungehörig es ſey, daß in den letzten Zeiten die Fürſten faſt das Über- gewicht über die Churfürſten gewonnen. Er meinte, wenn nur das Collegium ſich wieder abſondere, nicht allein die Propoſitionen ſondern auch die Obliegen des Reiches in or- dentlicher Umfrage berathſchlage, ſo werde ihr Mehr auch in dem andern Rathe bald wieder durchdringen. 1
So weit kam es denn auch wirklich, daß die Churfür- ſten, wiewohl nicht vollzählig, ſich noch einmal für ihren Col- legen von Cölln bei dem Kaiſer verwandten.
Die Beſtrebungen des Landgrafen wurden durch die all- gemeine Furcht vor weiterm Umſichgreifen des Hauſes Öſt- reich befördert. Wie tief dieſe gieng, davon gab unter an- dern Herzog Heinrich von Braunſchweig ein Beiſpiel. Er kündigte eines Tages an, er habe ein Geheimniß zu ent- decken, und als der Landgraf einen ſeiner Räthe deshalb zu ihm ſchickte, eröffnete er, die Abſicht des Kaiſers ſey, Deutſch- land vollends zu zerreißen, alle Fürſten zu Bettlern zu ma- chen: ſey es nicht wahr, ſo ſolle ſeine Seele ewig verdammt ſeyn. Auch die geiſtlichen Fürſten fürchteten den Zuwachs der Macht, welche dem Kaiſer das Recht geben würde die Beſchlüſſe des Conciliums zu exequiren.
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Urſprung des Krieges. Reichsangelegenheiten.
würde wohl entſchiedener zu Werke gegangen ſeyn, hätte er
nicht erſt der Beſtätigung des Kaiſers und des Papſtes be-
durft. Der Landgraf meinte faſt, es werde bei ihm nur noch
auf eine Anmahnung von Sachſen und Pfalz ankommen.
Bei dieſer Lage der Dinge dachte man ſehr natürlich
daran das alte Anſehen des churfürſtlichen Collegiums zu er-
neuern. Beſonders Joachim II erörterte, wie ungehörig es
ſey, daß in den letzten Zeiten die Fürſten faſt das Über-
gewicht über die Churfürſten gewonnen. Er meinte, wenn
nur das Collegium ſich wieder abſondere, nicht allein die
Propoſitionen ſondern auch die Obliegen des Reiches in or-
dentlicher Umfrage berathſchlage, ſo werde ihr Mehr auch
in dem andern Rathe bald wieder durchdringen. 1
So weit kam es denn auch wirklich, daß die Churfür-
ſten, wiewohl nicht vollzählig, ſich noch einmal für ihren Col-
legen von Cölln bei dem Kaiſer verwandten.
Die Beſtrebungen des Landgrafen wurden durch die all-
gemeine Furcht vor weiterm Umſichgreifen des Hauſes Öſt-
reich befördert. Wie tief dieſe gieng, davon gab unter an-
dern Herzog Heinrich von Braunſchweig ein Beiſpiel. Er
kündigte eines Tages an, er habe ein Geheimniß zu ent-
decken, und als der Landgraf einen ſeiner Räthe deshalb zu
ihm ſchickte, eröffnete er, die Abſicht des Kaiſers ſey, Deutſch-
land vollends zu zerreißen, alle Fürſten zu Bettlern zu ma-
chen: ſey es nicht wahr, ſo ſolle ſeine Seele ewig verdammt
ſeyn. Auch die geiſtlichen Fürſten fürchteten den Zuwachs
der Macht, welche dem Kaiſer das Recht geben würde die
Beſchlüſſe des Conciliums zu exequiren.
1 Coͤln an der Sprew Dienſtag nach Judica. (W. A.)
Ranke D. Geſch. IV. 24
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/381>, abgerufen am 22.11.2024.
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