Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Achtes Buch. Drittes Capitel. zu Ende zu bringen. In Neresheim gesellte sich ihnen Da-vid Baumgärtner zu, der sich als der Begründer dieser Sache betrachtete, und ihnen "durch das geheime Mittel", das er nicht weiter entwickelt, bei Granvella nützlich zu seyn ver- sprach. Einige Tage mußten sie auf das sichere Geleit war- ten; am 22sten December früh trafen sie in Hall ein, wo sich der Kaiser und seine Räthe befanden: den ganzen Tag un- terhandelten sie mit Granvella. Die Differenzen betrafen jetzt weniger die Religion als die Ausgleichung mit den in Scha- den gerathenen Geistlichen; die Geldzahlung die der Kaiser zu eigner Schadloshaltung forderte; die weitere Unterhand- lung mit andern Ständen: sie konnten nicht alle geschlich- tet werden; da aber der Kaiser am 23sten December Hall zu verlassen gedachte, entschlossen sich die Gesandten nichts desto minder, den Act der Demüthigung zu vollziehen, zu welcher sie von dem Rath der Stadt bevollmächtigt waren. Der Kaiser nahm sie in seine Huld wieder auf, fügte aber hinzu, "wenn er der Stadt weiter in Gnaden etwas auf- lege, so versehe er sich eines solchen Gehorsams, daß er da- durch zu fernern Gnaden bewogen werde." So weit aber gieng ihr Zutrauen doch nicht, daß sie Achtes Buch. Drittes Capitel. zu Ende zu bringen. In Neresheim geſellte ſich ihnen Da-vid Baumgärtner zu, der ſich als der Begründer dieſer Sache betrachtete, und ihnen „durch das geheime Mittel“, das er nicht weiter entwickelt, bei Granvella nützlich zu ſeyn ver- ſprach. Einige Tage mußten ſie auf das ſichere Geleit war- ten; am 22ſten December früh trafen ſie in Hall ein, wo ſich der Kaiſer und ſeine Räthe befanden: den ganzen Tag un- terhandelten ſie mit Granvella. Die Differenzen betrafen jetzt weniger die Religion als die Ausgleichung mit den in Scha- den gerathenen Geiſtlichen; die Geldzahlung die der Kaiſer zu eigner Schadloshaltung forderte; die weitere Unterhand- lung mit andern Ständen: ſie konnten nicht alle geſchlich- tet werden; da aber der Kaiſer am 23ſten December Hall zu verlaſſen gedachte, entſchloſſen ſich die Geſandten nichts deſto minder, den Act der Demüthigung zu vollziehen, zu welcher ſie von dem Rath der Stadt bevollmächtigt waren. Der Kaiſer nahm ſie in ſeine Huld wieder auf, fügte aber hinzu, „wenn er der Stadt weiter in Gnaden etwas auf- lege, ſo verſehe er ſich eines ſolchen Gehorſams, daß er da- durch zu fernern Gnaden bewogen werde.“ So weit aber gieng ihr Zutrauen doch nicht, daß ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0470" n="458"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/> zu Ende zu bringen. In <placeName>Neresheim</placeName> geſellte ſich ihnen <persName ref="nognd">Da-<lb/> vid Baumgärtner</persName> zu, der ſich als der Begründer dieſer Sache<lb/> betrachtete, und ihnen „durch das geheime Mittel“, das er<lb/> nicht weiter entwickelt, bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granvella</persName> nützlich zu ſeyn ver-<lb/> ſprach. Einige Tage mußten ſie auf das ſichere Geleit war-<lb/> ten; am 22ſten December früh trafen ſie in <placeName>Hall</placeName> ein, wo<lb/> ſich der Kaiſer und ſeine Räthe befanden: den ganzen Tag un-<lb/> terhandelten ſie mit <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granvella</persName>. Die Differenzen betrafen jetzt<lb/> weniger die Religion als die Ausgleichung mit den in Scha-<lb/> den gerathenen Geiſtlichen; die Geldzahlung die der Kaiſer<lb/> zu eigner Schadloshaltung forderte; die weitere Unterhand-<lb/> lung mit andern Ständen: ſie konnten nicht alle geſchlich-<lb/> tet werden; da aber der Kaiſer am 23ſten December <placeName>Hall</placeName><lb/> zu verlaſſen gedachte, entſchloſſen ſich die Geſandten nichts<lb/> deſto minder, den Act der Demüthigung zu vollziehen, zu<lb/> welcher ſie von dem Rath der Stadt bevollmächtigt waren.<lb/> Der Kaiſer nahm ſie in ſeine Huld wieder auf, fügte aber<lb/> hinzu, „wenn er der Stadt weiter in Gnaden etwas auf-<lb/> lege, ſo verſehe er ſich eines ſolchen Gehorſams, daß er da-<lb/> durch zu fernern Gnaden bewogen werde.“</p><lb/> <p>So weit aber gieng ihr Zutrauen doch nicht, daß ſie<lb/> ſich nicht Gewißheit darüber hätten verſchaffen ſollen, welche<lb/> Bedingungen der Kaiſer hiemit meine. Nach ihrem Bericht<lb/> waren es folgende: Verzichtleiſtung auf den ſchmalkaldiſchen<lb/> Bund, und Verſprechen in keinen andern zu treten, in wel-<lb/> chem nicht der Kaiſer und der König mitbegriffen ſeyen —<lb/> Zurückgabe alles deſſen was ſeit dem Anfange des Krie-<lb/> ges Geiſtlichen oder Weltlichen entriſſen worden — Entlaſ-<lb/> ſung des Kriegsvolks — Gehorſam gegen das im Reich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [458/0470]
Achtes Buch. Drittes Capitel.
zu Ende zu bringen. In Neresheim geſellte ſich ihnen Da-
vid Baumgärtner zu, der ſich als der Begründer dieſer Sache
betrachtete, und ihnen „durch das geheime Mittel“, das er
nicht weiter entwickelt, bei Granvella nützlich zu ſeyn ver-
ſprach. Einige Tage mußten ſie auf das ſichere Geleit war-
ten; am 22ſten December früh trafen ſie in Hall ein, wo
ſich der Kaiſer und ſeine Räthe befanden: den ganzen Tag un-
terhandelten ſie mit Granvella. Die Differenzen betrafen jetzt
weniger die Religion als die Ausgleichung mit den in Scha-
den gerathenen Geiſtlichen; die Geldzahlung die der Kaiſer
zu eigner Schadloshaltung forderte; die weitere Unterhand-
lung mit andern Ständen: ſie konnten nicht alle geſchlich-
tet werden; da aber der Kaiſer am 23ſten December Hall
zu verlaſſen gedachte, entſchloſſen ſich die Geſandten nichts
deſto minder, den Act der Demüthigung zu vollziehen, zu
welcher ſie von dem Rath der Stadt bevollmächtigt waren.
Der Kaiſer nahm ſie in ſeine Huld wieder auf, fügte aber
hinzu, „wenn er der Stadt weiter in Gnaden etwas auf-
lege, ſo verſehe er ſich eines ſolchen Gehorſams, daß er da-
durch zu fernern Gnaden bewogen werde.“
So weit aber gieng ihr Zutrauen doch nicht, daß ſie
ſich nicht Gewißheit darüber hätten verſchaffen ſollen, welche
Bedingungen der Kaiſer hiemit meine. Nach ihrem Bericht
waren es folgende: Verzichtleiſtung auf den ſchmalkaldiſchen
Bund, und Verſprechen in keinen andern zu treten, in wel-
chem nicht der Kaiſer und der König mitbegriffen ſeyen —
Zurückgabe alles deſſen was ſeit dem Anfange des Krie-
ges Geiſtlichen oder Weltlichen entriſſen worden — Entlaſ-
ſung des Kriegsvolks — Gehorſam gegen das im Reich
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