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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Fünftes Capitel.
Mal unterließ er das. Aber wer hätte daraus auf Gefahr
schließen sollen? Ohne Arg folgten die beiden Churfürsten
mit ihrem Gaste, dem Landgrafen, einer Einladung des Her-
zog von Alba zum Abendessen aufs Schloß.

Hier aber trat nun die völlige Entwickelung dieses Er-
eignisses hervor. Nach dem Essen, indem man sich in ver-
schiedene Gruppen zum Spiel vertheilte, bemerkte der Her-
zog den beiden Churfürsten, Landgraf Philipp werde diese
Nacht bei ihm auf dem Schloß bleiben müssen. Die Fürsten,
betroffen und erstaunt, erhoben die dringendsten Vorstellungen
dagegen; Moritz wollte sich von seinem Schwiegervater schlech-
terdings nicht trennen lassen. Keine Einwendungen aber ver-
mochten hier eine Änderung hervorzubringen, und schon war
es zu spät am Abend, um den Kaiser noch darüber zu sprechen.
Wollte Moritz sich nicht allein entfernen, so konnte er, wie
er that, mit auf dem Schloß bleiben. Genug, Philipp blieb
und ward als Gefangener behandelt.

Ein nicht ungewöhnliches Verfahren der Spanier. So
hatte sich einst Gonsalvo de Cordova des Cesare Borgia be-
mächtigt. So hat Alba selbst später Egmont und Horn in
seine Gewalt gebracht.

Daran ist zwar nicht zu denken, daß jene Erzählung,
nach welcher in der Urkunde die Wörter einig und ewig ver-
wechselt seyn sollen, wie sie lautet richtig wäre: die Sache
im Ganzen angesehen, ist sie aber doch so irrig nicht. 1


1 Mocenigo giebt gleichsam ein erstes Stadium der Erzählung,
wenn er von dem Bischof von Arras sagt: E fama che la profession
sua sia di negociare piu tosto astutamente che realnente; molti
giudicano che per arte sua sia ingannato Landgravio, imperoche
lui che ha la lingua tedescha maneggio quella pratica con li
doi elettori et uso seco sopra l'assecurar esso Landgravio parole

Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Mal unterließ er das. Aber wer hätte daraus auf Gefahr
ſchließen ſollen? Ohne Arg folgten die beiden Churfürſten
mit ihrem Gaſte, dem Landgrafen, einer Einladung des Her-
zog von Alba zum Abendeſſen aufs Schloß.

Hier aber trat nun die völlige Entwickelung dieſes Er-
eigniſſes hervor. Nach dem Eſſen, indem man ſich in ver-
ſchiedene Gruppen zum Spiel vertheilte, bemerkte der Her-
zog den beiden Churfürſten, Landgraf Philipp werde dieſe
Nacht bei ihm auf dem Schloß bleiben müſſen. Die Fürſten,
betroffen und erſtaunt, erhoben die dringendſten Vorſtellungen
dagegen; Moritz wollte ſich von ſeinem Schwiegervater ſchlech-
terdings nicht trennen laſſen. Keine Einwendungen aber ver-
mochten hier eine Änderung hervorzubringen, und ſchon war
es zu ſpät am Abend, um den Kaiſer noch darüber zu ſprechen.
Wollte Moritz ſich nicht allein entfernen, ſo konnte er, wie
er that, mit auf dem Schloß bleiben. Genug, Philipp blieb
und ward als Gefangener behandelt.

Ein nicht ungewöhnliches Verfahren der Spanier. So
hatte ſich einſt Gonſalvo de Cordova des Ceſare Borgia be-
mächtigt. So hat Alba ſelbſt ſpäter Egmont und Horn in
ſeine Gewalt gebracht.

Daran iſt zwar nicht zu denken, daß jene Erzählung,
nach welcher in der Urkunde die Wörter einig und ewig ver-
wechſelt ſeyn ſollen, wie ſie lautet richtig wäre: die Sache
im Ganzen angeſehen, iſt ſie aber doch ſo irrig nicht. 1


1 Mocenigo giebt gleichſam ein erſtes Stadium der Erzaͤhlung,
wenn er von dem Biſchof von Arras ſagt: E fama che la profession
sua sia di negociare piu tosto astutamente che realnente; molti
giudicano che per arte sua sia ingannato Landgravio, imperoche
lui che ha la lingua tedescha maneggiò quella pratica con li
doi elettori et usò seco sopra l’assecurar esso Landgravio parole
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[530/0542] Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel. Mal unterließ er das. Aber wer hätte daraus auf Gefahr ſchließen ſollen? Ohne Arg folgten die beiden Churfürſten mit ihrem Gaſte, dem Landgrafen, einer Einladung des Her- zog von Alba zum Abendeſſen aufs Schloß. Hier aber trat nun die völlige Entwickelung dieſes Er- eigniſſes hervor. Nach dem Eſſen, indem man ſich in ver- ſchiedene Gruppen zum Spiel vertheilte, bemerkte der Her- zog den beiden Churfürſten, Landgraf Philipp werde dieſe Nacht bei ihm auf dem Schloß bleiben müſſen. Die Fürſten, betroffen und erſtaunt, erhoben die dringendſten Vorſtellungen dagegen; Moritz wollte ſich von ſeinem Schwiegervater ſchlech- terdings nicht trennen laſſen. Keine Einwendungen aber ver- mochten hier eine Änderung hervorzubringen, und ſchon war es zu ſpät am Abend, um den Kaiſer noch darüber zu ſprechen. Wollte Moritz ſich nicht allein entfernen, ſo konnte er, wie er that, mit auf dem Schloß bleiben. Genug, Philipp blieb und ward als Gefangener behandelt. Ein nicht ungewöhnliches Verfahren der Spanier. So hatte ſich einſt Gonſalvo de Cordova des Ceſare Borgia be- mächtigt. So hat Alba ſelbſt ſpäter Egmont und Horn in ſeine Gewalt gebracht. Daran iſt zwar nicht zu denken, daß jene Erzählung, nach welcher in der Urkunde die Wörter einig und ewig ver- wechſelt ſeyn ſollen, wie ſie lautet richtig wäre: die Sache im Ganzen angeſehen, iſt ſie aber doch ſo irrig nicht. 1 1 Mocenigo giebt gleichſam ein erſtes Stadium der Erzaͤhlung, wenn er von dem Biſchof von Arras ſagt: E fama che la profession sua sia di negociare piu tosto astutamente che realnente; molti giudicano che per arte sua sia ingannato Landgravio, imperoche lui che ha la lingua tedescha maneggiò quella pratica con li doi elettori et usò seco sopra l’assecurar esso Landgravio parole

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/542>, abgerufen am 24.11.2024.