Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun- gen zwischen den beiden Fürsten und den kaiserlichen Räthen. Die letztern beschwerten sich sogar selbst, über den Trotz den Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den schlechten Ruf den man dem Kaiser mache, indem man zu verstehn gebe, er thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre; sie zogen die Artikel hervor, auf welche er sein Verfahren be- gründete, und forderten das Geständniß, daß er befugt ge- wesen so zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde gedrängt, konnten das die beiden Fürsten am Ende nicht ableugnen; aber sie betheuerten daß sie dieselbe für längst beseitigt gehalten: in ihnen sey keine Ahnung davon aufge- kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne; indem sie an die Zusage erinnerten die sie ihm gegeben, flehten sie den Kaiser an, wenn sie oder ihre Vorfahren jemals et- was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht ihnen eine Gnade zuzuwenden, so möge es diese seyn: er möge sie nicht in diesem Unruhm stecken lassen. Hierauf versprach ihnen der Kaiser, sobald sich zeige daß man land- gräflicher Seits mit Ernst zur Ausführung der Capitulation schreite, wolle er ihnen auf weiteres Ansuchen so antworten daß sie zufrieden seyn sollten. Die Churfürsten sahen daß nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiserliche Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiser seine beiden
equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit- tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d'Arras ha vo- luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri- gion perpetua, ma non di lassarlo libero. Es trifft ziemlich, daß sich die Churfürsten eine schriftliche Versicherung der Zusage auf die sie trauten als sie den Landgrafen einluden, hätten geben lassen sollen.
Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun- gen zwiſchen den beiden Fürſten und den kaiſerlichen Räthen. Die letztern beſchwerten ſich ſogar ſelbſt, über den Trotz den Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den ſchlechten Ruf den man dem Kaiſer mache, indem man zu verſtehn gebe, er thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre; ſie zogen die Artikel hervor, auf welche er ſein Verfahren be- gründete, und forderten das Geſtändniß, daß er befugt ge- weſen ſo zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde gedrängt, konnten das die beiden Fürſten am Ende nicht ableugnen; aber ſie betheuerten daß ſie dieſelbe für längſt beſeitigt gehalten: in ihnen ſey keine Ahnung davon aufge- kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne; indem ſie an die Zuſage erinnerten die ſie ihm gegeben, flehten ſie den Kaiſer an, wenn ſie oder ihre Vorfahren jemals et- was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht ihnen eine Gnade zuzuwenden, ſo möge es dieſe ſeyn: er möge ſie nicht in dieſem Unruhm ſtecken laſſen. Hierauf verſprach ihnen der Kaiſer, ſobald ſich zeige daß man land- gräflicher Seits mit Ernſt zur Ausführung der Capitulation ſchreite, wolle er ihnen auf weiteres Anſuchen ſo antworten daß ſie zufrieden ſeyn ſollten. Die Churfürſten ſahen daß nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiſerliche Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiſer ſeine beiden
equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit- tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d’Arras ha vo- luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri- gion perpetua, ma non di lassarlo libero. Es trifft ziemlich, daß ſich die Churfuͤrſten eine ſchriftliche Verſicherung der Zuſage auf die ſie trauten als ſie den Landgrafen einluden, haͤtten geben laſſen ſollen.
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Gefangennehmung Landgraf Philipps.
Den andern Tag kam es nun zu heftigen Erörterun-
gen zwiſchen den beiden Fürſten und den kaiſerlichen Räthen.
Die letztern beſchwerten ſich ſogar ſelbſt, über den Trotz den
Moritz am vorigen Abend gezeigt habe, über den ſchlechten Ruf
den man dem Kaiſer mache, indem man zu verſtehn gebe, er
thue etwas was ihm vermöge der Übereinkunft nicht gebühre;
ſie zogen die Artikel hervor, auf welche er ſein Verfahren be-
gründete, und forderten das Geſtändniß, daß er befugt ge-
weſen ſo zu handeln wie er gehandelt. Durch die Urkunde
gedrängt, konnten das die beiden Fürſten am Ende nicht
ableugnen; aber ſie betheuerten daß ſie dieſelbe für längſt
beſeitigt gehalten: in ihnen ſey keine Ahnung davon aufge-
kommen daß der Landgraf gefangen gehalten werden könne;
indem ſie an die Zuſage erinnerten die ſie ihm gegeben, flehten
ſie den Kaiſer an, wenn ſie oder ihre Vorfahren jemals et-
was gethan, woran er Gefallen gehabt, wenn er je gedacht
ihnen eine Gnade zuzuwenden, ſo möge es dieſe ſeyn: er
möge ſie nicht in dieſem Unruhm ſtecken laſſen. Hierauf
verſprach ihnen der Kaiſer, ſobald ſich zeige daß man land-
gräflicher Seits mit Ernſt zur Ausführung der Capitulation
ſchreite, wolle er ihnen auf weiteres Anſuchen ſo antworten
daß ſie zufrieden ſeyn ſollten. Die Churfürſten ſahen daß
nicht weiter zu kommen war, und verließen das kaiſerliche
Hoflager. Höchlich zufrieden führte der Kaiſer ſeine beiden
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1 equivoche, onde non essendo in tal assecuratione seguita scrit-
tura, dopo ritenuto esso Landgravio esso Monsr d’Arras ha vo-
luto mantenere, che Cesare havea ben promesso non li dar pri-
gion perpetua, ma non di lassarlo libero. Es trifft ziemlich, daß
ſich die Churfuͤrſten eine ſchriftliche Verſicherung der Zuſage auf die
ſie trauten als ſie den Landgrafen einluden, haͤtten geben laſſen ſollen.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/543>, abgerufen am 24.11.2024.
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