Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Buch. Zweites Capitel.
gesagt, damals durch keine ausdrückliche Verpflichtung ge-
bunden. Versichert daß ihr eigner Friede dadurch nicht werde
gestört werden, beschlossen sie, Alle in ihren Bund aufzuneh-
men die darum nachsuchen und sich der augsburgischen Con-
fession gemäß halten würden. Diese Bedingung setzte Jo-
hann Friedrich
an die Stelle einiger allgemeinen Ausdrücke
welche früher vorgeschlagen worden waren. 1

Eher konnte die Frage seyn, ob Denen die den Augs-
burger Abschied mit unterschrieben, das Recht zustehe sich davon
loszusagen. Sie begründeten ein solches auf die ungebühr-
liche Verzögerung des Conciliums, welches damals verspro-
chen worden: -- nicht auf immer meinten sie sich der Zu-
geständnisse der alten Reichsabschiede entäußert zu haben.

Das vornehmste Interesse hiebei war nun aber jetzt, so
gut wie früher, die gemeinschaftliche Vertheidigung gegen die
Proceduren des Kammergerichts. Die Verbündeten beschlos-
sen, die neue Zusage des Königs demselben bekannt zu ma-
chen. Da es aber nach allem was bisher vorgegangen noch
immer zweifelhaft blieb ob das Gericht darauf Rücksicht neh-
men würde, so kamen sie überein, wofern dasselbe dennoch
zur Acht schreite und deren Vollstreckung veranlasse, dieß
als einen Act der Gewalt zu betrachten und ihm mit Gewalt

1 Der erste Entwurf lautete: "daß zur Erweiterung und meh-
rerem Trost alle diejenigen Stände, so itzo angesucht und nachmals
darum ansuchen würden, die Gott und sein heiliges Evangelium lau-
ter und rein bekennen, Friede liebten und sich als fromme Leute hiel-
ten, und sonst mit Ursachen nicht beladen, dadurch man sich ihrer ent-
schlagen müßte, in solche christliche Verständniß einzunehmen seyn
sollten." Nach der Ankunft des Churfürsten wurde aber die Bedin-
gung ausdrücklicher dahin bestimmt, daß die Aufzunehmenden die Augs-
burgische Confession bekennen und sich "den andern Einigungsverwand-
ten in allen Puncten und Artikeln gemäß halten sollten."

Siebentes Buch. Zweites Capitel.
geſagt, damals durch keine ausdrückliche Verpflichtung ge-
bunden. Verſichert daß ihr eigner Friede dadurch nicht werde
geſtört werden, beſchloſſen ſie, Alle in ihren Bund aufzuneh-
men die darum nachſuchen und ſich der augsburgiſchen Con-
feſſion gemäß halten würden. Dieſe Bedingung ſetzte Jo-
hann Friedrich
an die Stelle einiger allgemeinen Ausdrücke
welche früher vorgeſchlagen worden waren. 1

Eher konnte die Frage ſeyn, ob Denen die den Augs-
burger Abſchied mit unterſchrieben, das Recht zuſtehe ſich davon
loszuſagen. Sie begründeten ein ſolches auf die ungebühr-
liche Verzögerung des Conciliums, welches damals verſpro-
chen worden: — nicht auf immer meinten ſie ſich der Zu-
geſtändniſſe der alten Reichsabſchiede entäußert zu haben.

Das vornehmſte Intereſſe hiebei war nun aber jetzt, ſo
gut wie früher, die gemeinſchaftliche Vertheidigung gegen die
Proceduren des Kammergerichts. Die Verbündeten beſchloſ-
ſen, die neue Zuſage des Königs demſelben bekannt zu ma-
chen. Da es aber nach allem was bisher vorgegangen noch
immer zweifelhaft blieb ob das Gericht darauf Rückſicht neh-
men würde, ſo kamen ſie überein, wofern daſſelbe dennoch
zur Acht ſchreite und deren Vollſtreckung veranlaſſe, dieß
als einen Act der Gewalt zu betrachten und ihm mit Gewalt

1 Der erſte Entwurf lautete: „daß zur Erweiterung und meh-
rerem Troſt alle diejenigen Staͤnde, ſo itzo angeſucht und nachmals
darum anſuchen wuͤrden, die Gott und ſein heiliges Evangelium lau-
ter und rein bekennen, Friede liebten und ſich als fromme Leute hiel-
ten, und ſonſt mit Urſachen nicht beladen, dadurch man ſich ihrer ent-
ſchlagen muͤßte, in ſolche chriſtliche Verſtaͤndniß einzunehmen ſeyn
ſollten.“ Nach der Ankunft des Churfuͤrſten wurde aber die Bedin-
gung ausdruͤcklicher dahin beſtimmt, daß die Aufzunehmenden die Augs-
burgiſche Confeſſion bekennen und ſich „den andern Einigungsverwand-
ten in allen Puncten und Artikeln gemaͤß halten ſollten.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0092" n="80"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
ge&#x017F;agt, damals durch keine ausdrückliche Verpflichtung ge-<lb/>
bunden. Ver&#x017F;ichert daß ihr eigner Friede dadurch nicht werde<lb/>
ge&#x017F;tört werden, be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie, Alle in ihren Bund aufzuneh-<lb/>
men die darum nach&#x017F;uchen und &#x017F;ich der augsburgi&#x017F;chen Con-<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;ion gemäß halten würden. Die&#x017F;e Bedingung &#x017F;etzte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Jo-<lb/>
hann Friedrich</persName> an die Stelle einiger allgemeinen Ausdrücke<lb/>
welche früher vorge&#x017F;chlagen worden waren. <note place="foot" n="1">Der er&#x017F;te Entwurf lautete: &#x201E;daß zur Erweiterung und meh-<lb/>
rerem Tro&#x017F;t alle diejenigen Sta&#x0364;nde, &#x017F;o itzo ange&#x017F;ucht und nachmals<lb/>
darum an&#x017F;uchen wu&#x0364;rden, die Gott und &#x017F;ein heiliges Evangelium lau-<lb/>
ter und rein bekennen, Friede liebten und &#x017F;ich als fromme Leute hiel-<lb/>
ten, und &#x017F;on&#x017F;t mit Ur&#x017F;achen nicht beladen, dadurch man &#x017F;ich ihrer ent-<lb/>
&#x017F;chlagen mu&#x0364;ßte, in &#x017F;olche chri&#x017F;tliche Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß einzunehmen &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;ollten.&#x201C; Nach der Ankunft des Churfu&#x0364;r&#x017F;ten wurde aber die Bedin-<lb/>
gung ausdru&#x0364;cklicher dahin be&#x017F;timmt, daß die Aufzunehmenden die Augs-<lb/>
burgi&#x017F;che Confe&#x017F;&#x017F;ion bekennen und &#x017F;ich &#x201E;den andern Einigungsverwand-<lb/>
ten in allen Puncten und Artikeln gema&#x0364;ß halten &#x017F;ollten.&#x201C;</note></p><lb/>
            <p>Eher konnte die Frage &#x017F;eyn, ob Denen die den Augs-<lb/>
burger Ab&#x017F;chied mit unter&#x017F;chrieben, das Recht zu&#x017F;tehe &#x017F;ich davon<lb/>
loszu&#x017F;agen. Sie begründeten ein &#x017F;olches auf die ungebühr-<lb/>
liche Verzögerung des Conciliums, welches damals ver&#x017F;pro-<lb/>
chen worden: &#x2014; nicht auf immer meinten &#x017F;ie &#x017F;ich der Zu-<lb/>
ge&#x017F;tändni&#x017F;&#x017F;e der alten Reichsab&#x017F;chiede entäußert zu haben.</p><lb/>
            <p>Das vornehm&#x017F;te Intere&#x017F;&#x017F;e hiebei war nun aber jetzt, &#x017F;o<lb/>
gut wie früher, die gemein&#x017F;chaftliche Vertheidigung gegen die<lb/>
Proceduren des Kammergerichts. Die Verbündeten be&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, die neue Zu&#x017F;age des Königs dem&#x017F;elben bekannt zu ma-<lb/>
chen. Da es aber nach allem was bisher vorgegangen noch<lb/>
immer zweifelhaft blieb ob das Gericht darauf Rück&#x017F;icht neh-<lb/>
men würde, &#x017F;o kamen &#x017F;ie überein, wofern da&#x017F;&#x017F;elbe dennoch<lb/>
zur Acht &#x017F;chreite und deren Voll&#x017F;treckung veranla&#x017F;&#x017F;e, dieß<lb/>
als einen Act der Gewalt zu betrachten und ihm mit Gewalt<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0092] Siebentes Buch. Zweites Capitel. geſagt, damals durch keine ausdrückliche Verpflichtung ge- bunden. Verſichert daß ihr eigner Friede dadurch nicht werde geſtört werden, beſchloſſen ſie, Alle in ihren Bund aufzuneh- men die darum nachſuchen und ſich der augsburgiſchen Con- feſſion gemäß halten würden. Dieſe Bedingung ſetzte Jo- hann Friedrich an die Stelle einiger allgemeinen Ausdrücke welche früher vorgeſchlagen worden waren. 1 Eher konnte die Frage ſeyn, ob Denen die den Augs- burger Abſchied mit unterſchrieben, das Recht zuſtehe ſich davon loszuſagen. Sie begründeten ein ſolches auf die ungebühr- liche Verzögerung des Conciliums, welches damals verſpro- chen worden: — nicht auf immer meinten ſie ſich der Zu- geſtändniſſe der alten Reichsabſchiede entäußert zu haben. Das vornehmſte Intereſſe hiebei war nun aber jetzt, ſo gut wie früher, die gemeinſchaftliche Vertheidigung gegen die Proceduren des Kammergerichts. Die Verbündeten beſchloſ- ſen, die neue Zuſage des Königs demſelben bekannt zu ma- chen. Da es aber nach allem was bisher vorgegangen noch immer zweifelhaft blieb ob das Gericht darauf Rückſicht neh- men würde, ſo kamen ſie überein, wofern daſſelbe dennoch zur Acht ſchreite und deren Vollſtreckung veranlaſſe, dieß als einen Act der Gewalt zu betrachten und ihm mit Gewalt 1 Der erſte Entwurf lautete: „daß zur Erweiterung und meh- rerem Troſt alle diejenigen Staͤnde, ſo itzo angeſucht und nachmals darum anſuchen wuͤrden, die Gott und ſein heiliges Evangelium lau- ter und rein bekennen, Friede liebten und ſich als fromme Leute hiel- ten, und ſonſt mit Urſachen nicht beladen, dadurch man ſich ihrer ent- ſchlagen muͤßte, in ſolche chriſtliche Verſtaͤndniß einzunehmen ſeyn ſollten.“ Nach der Ankunft des Churfuͤrſten wurde aber die Bedin- gung ausdruͤcklicher dahin beſtimmt, daß die Aufzunehmenden die Augs- burgiſche Confeſſion bekennen und ſich „den andern Einigungsverwand- ten in allen Puncten und Artikeln gemaͤß halten ſollten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/92
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/92>, abgerufen am 24.11.2024.