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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Drittes Capitel.
zu schreiben. 1 Die kaiserlichen Minister drücken sich zwar un-
besorgt darüber aus, weil doch kein Theil dem andern trauen
werde: unter der Hand aber ergreifen sie schon Maaßregeln
gegen ihre Erfolge. Mitten im Frieden nehmen sie Anerbie-
tungen französischer Hauptleute an, die etwa dahin zielen
ihnen eine Festung des Königs zu überliefern, und zahlen
ihnen Geld dafür, mit der Weisung daß sie sich still halten
sollen bis etwa der König den Frieden breche. 2

Einer der vornehmsten Gesichtspuncte des Kaisers gieng
dahin, keine Verbindungen der Franzosen in Deutschland zu
dulden, weder mit den Fürsten noch auch mit den Kriegshaupt-
leuten. Das Gesetz das er am Reichstage durchbrachte, daß
Niemand fremde Kriegsdienste nehmen dürfe, nicht allein nicht
wider ihn oder seinen Bruder, sondern auch nicht ohne ihre
Genehmigung, -- das jedoch auch aus allgemeinen Gründen,
hauptsächlich darum Widerspruch fand, weil es dem Kriegs-
gewerbe schade und man einmal keine Kriegsleute mehr finden
möchte, wenn man ihrer bedürfe, -- war hauptsächlich ge-
gen Frankreich gerichtet. Und aufs strengste ward es in Voll-
zug gesetzt. Der Hauptmann Sebastian Vogelsberger hatte
dem König von Frankreich bei Gelegenheit seiner Salbung
ein paar Fähnlein zugeführt, die zu einer Demonstration ge-
gen die englische Grenze gebraucht worden waren. Noch
während des Reichstags von Augsburg ward er dafür --
nicht ohne Hinterlist -- gefangen genommen, herbeigeführt

1 Instruction a Simon Renard ambr a la cour de France.
"Il veillera d'assentir s'il se traictera quelque ligue entre eux
(le Pape et le roi) de la quelle il a ja este pourparle bien long-
temps et avec quclles conditions elle se fera.
2 Schreiben Granvellas an Renard über die Anträge des Ti-
berio de la Rocha. Pap. d'et. III, 374.

Neuntes Buch. Drittes Capitel.
zu ſchreiben. 1 Die kaiſerlichen Miniſter drücken ſich zwar un-
beſorgt darüber aus, weil doch kein Theil dem andern trauen
werde: unter der Hand aber ergreifen ſie ſchon Maaßregeln
gegen ihre Erfolge. Mitten im Frieden nehmen ſie Anerbie-
tungen franzöſiſcher Hauptleute an, die etwa dahin zielen
ihnen eine Feſtung des Königs zu überliefern, und zahlen
ihnen Geld dafür, mit der Weiſung daß ſie ſich ſtill halten
ſollen bis etwa der König den Frieden breche. 2

Einer der vornehmſten Geſichtspuncte des Kaiſers gieng
dahin, keine Verbindungen der Franzoſen in Deutſchland zu
dulden, weder mit den Fürſten noch auch mit den Kriegshaupt-
leuten. Das Geſetz das er am Reichstage durchbrachte, daß
Niemand fremde Kriegsdienſte nehmen dürfe, nicht allein nicht
wider ihn oder ſeinen Bruder, ſondern auch nicht ohne ihre
Genehmigung, — das jedoch auch aus allgemeinen Gründen,
hauptſächlich darum Widerſpruch fand, weil es dem Kriegs-
gewerbe ſchade und man einmal keine Kriegsleute mehr finden
möchte, wenn man ihrer bedürfe, — war hauptſächlich ge-
gen Frankreich gerichtet. Und aufs ſtrengſte ward es in Voll-
zug geſetzt. Der Hauptmann Sebaſtian Vogelsberger hatte
dem König von Frankreich bei Gelegenheit ſeiner Salbung
ein paar Fähnlein zugeführt, die zu einer Demonſtration ge-
gen die engliſche Grenze gebraucht worden waren. Noch
während des Reichstags von Augsburg ward er dafür —
nicht ohne Hinterliſt — gefangen genommen, herbeigeführt

1 Instruction à Simon Renard ambr à la cour de France.
„Il veillera d’assentir s’il se traictera quelque ligue entre eux
(le Pape et le roi) de la quelle il a ja esté pourparlé bien long-
temps et avec quclles conditions elle se fera.
2 Schreiben Granvellas an Renard uͤber die Antraͤge des Ti-
berio de la Rocha. Pap. d’ét. III, 374.
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[100/0112] Neuntes Buch. Drittes Capitel. zu ſchreiben. 1 Die kaiſerlichen Miniſter drücken ſich zwar un- beſorgt darüber aus, weil doch kein Theil dem andern trauen werde: unter der Hand aber ergreifen ſie ſchon Maaßregeln gegen ihre Erfolge. Mitten im Frieden nehmen ſie Anerbie- tungen franzöſiſcher Hauptleute an, die etwa dahin zielen ihnen eine Feſtung des Königs zu überliefern, und zahlen ihnen Geld dafür, mit der Weiſung daß ſie ſich ſtill halten ſollen bis etwa der König den Frieden breche. 2 Einer der vornehmſten Geſichtspuncte des Kaiſers gieng dahin, keine Verbindungen der Franzoſen in Deutſchland zu dulden, weder mit den Fürſten noch auch mit den Kriegshaupt- leuten. Das Geſetz das er am Reichstage durchbrachte, daß Niemand fremde Kriegsdienſte nehmen dürfe, nicht allein nicht wider ihn oder ſeinen Bruder, ſondern auch nicht ohne ihre Genehmigung, — das jedoch auch aus allgemeinen Gründen, hauptſächlich darum Widerſpruch fand, weil es dem Kriegs- gewerbe ſchade und man einmal keine Kriegsleute mehr finden möchte, wenn man ihrer bedürfe, — war hauptſächlich ge- gen Frankreich gerichtet. Und aufs ſtrengſte ward es in Voll- zug geſetzt. Der Hauptmann Sebaſtian Vogelsberger hatte dem König von Frankreich bei Gelegenheit ſeiner Salbung ein paar Fähnlein zugeführt, die zu einer Demonſtration ge- gen die engliſche Grenze gebraucht worden waren. Noch während des Reichstags von Augsburg ward er dafür — nicht ohne Hinterliſt — gefangen genommen, herbeigeführt 1 Instruction à Simon Renard ambr à la cour de France. „Il veillera d’assentir s’il se traictera quelque ligue entre eux (le Pape et le roi) de la quelle il a ja esté pourparlé bien long- temps et avec quclles conditions elle se fera. 2 Schreiben Granvellas an Renard uͤber die Antraͤge des Ti- berio de la Rocha. Pap. d’ét. III, 374.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/112>, abgerufen am 21.11.2024.