Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Belagerung von Magdeburg.
die er nicht zerstören konnte, ungangbar zu machen; aber
jene Verluste fühlte, über diese Gefahr erschrak man nicht,
da man sich im Voraus mit allen Bedürfnissen versehen
hatte: auch die städtischen Reiter streiften unaufhörlich durch
das Gefild und waren oft im Vortheil. Im September ver-
ließ der Herzog sein Lager. 1

Fast gleiches Fehdewesen erfüllte die Umgegend von
Magdeburg.

Diese Stadt, die nicht allein jede Annäherung an den
Sieger von sich gewiesen, sondern sich als Mittelpunct der
Widersetzlichkeit gegen das Interim aufgestellt, war längst
in die Reichsacht erklärt, doch wollte sich noch Niemand
an die Ausführung derselben wagen. Der Sinn des Kai-
sers wäre eigentlich gewesen, sie durch die Ritterschaft der
beiden Stifter und die Grafen am Harz vollziehen zu las-
sen, wie er denn überhaupt in den territorialen Angelegen-
heiten mit dem Adel gern in Verbindung trat: Lazarus
Schwendi erschien in diesen Gegenden, um die Sache in
Gang zu bringen; allein ein großer Theil des stiftischen
Adels war selber evangelisch und von der Partei Johann
Friedrichs: es kam lange Zeit auch hier zu nichts, als zu
kleinen Neckereien mit einzelnen Edelleuten aus dem Stifte
oder aus der Mark Brandenburg. Vorwerke und Amtshöfe
des Rathes wurden überfallen: eine Fuhre Zerbster Bier, ein
Wagen mit Tuch aufgehoben; 2 dagegen gelang es auch den

1 Tagebuch bei Rehtmeier II, 913. Olfen 56 f.
2 Heinrich Merckel Wahrhaftiger, ausführlicher und gründ-
licher Bericht von der Alten Stadt Magdeburg Belagerung. Hort-
leder II, 1244.
12*

Belagerung von Magdeburg.
die er nicht zerſtören konnte, ungangbar zu machen; aber
jene Verluſte fühlte, über dieſe Gefahr erſchrak man nicht,
da man ſich im Voraus mit allen Bedürfniſſen verſehen
hatte: auch die ſtädtiſchen Reiter ſtreiften unaufhörlich durch
das Gefild und waren oft im Vortheil. Im September ver-
ließ der Herzog ſein Lager. 1

Faſt gleiches Fehdeweſen erfüllte die Umgegend von
Magdeburg.

Dieſe Stadt, die nicht allein jede Annäherung an den
Sieger von ſich gewieſen, ſondern ſich als Mittelpunct der
Widerſetzlichkeit gegen das Interim aufgeſtellt, war längſt
in die Reichsacht erklärt, doch wollte ſich noch Niemand
an die Ausführung derſelben wagen. Der Sinn des Kai-
ſers wäre eigentlich geweſen, ſie durch die Ritterſchaft der
beiden Stifter und die Grafen am Harz vollziehen zu laſ-
ſen, wie er denn überhaupt in den territorialen Angelegen-
heiten mit dem Adel gern in Verbindung trat: Lazarus
Schwendi erſchien in dieſen Gegenden, um die Sache in
Gang zu bringen; allein ein großer Theil des ſtiftiſchen
Adels war ſelber evangeliſch und von der Partei Johann
Friedrichs: es kam lange Zeit auch hier zu nichts, als zu
kleinen Neckereien mit einzelnen Edelleuten aus dem Stifte
oder aus der Mark Brandenburg. Vorwerke und Amtshöfe
des Rathes wurden überfallen: eine Fuhre Zerbſter Bier, ein
Wagen mit Tuch aufgehoben; 2 dagegen gelang es auch den

1 Tagebuch bei Rehtmeier II, 913. Olfen 56 f.
2 Heinrich Merckel Wahrhaftiger, ausfuͤhrlicher und gruͤnd-
licher Bericht von der Alten Stadt Magdeburg Belagerung. Hort-
leder II, 1244.
12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="179"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Belagerung von Magdeburg</hi>.</fw><lb/>
die er nicht zer&#x017F;tören konnte, ungangbar zu machen; aber<lb/>
jene Verlu&#x017F;te fühlte, über die&#x017F;e Gefahr er&#x017F;chrak man nicht,<lb/>
da man &#x017F;ich im Voraus mit allen Bedürfni&#x017F;&#x017F;en ver&#x017F;ehen<lb/>
hatte: auch die &#x017F;tädti&#x017F;chen Reiter &#x017F;treiften unaufhörlich durch<lb/>
das Gefild und waren oft im Vortheil. Im September ver-<lb/>
ließ der Herzog &#x017F;ein Lager. <note place="foot" n="1">Tagebuch bei Rehtmeier <hi rendition="#aq">II,</hi> 913. Olfen 56 f.</note></p><lb/>
          <p>Fa&#x017F;t gleiches Fehdewe&#x017F;en erfüllte die Umgegend von<lb/>
Magdeburg.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Stadt, die nicht allein jede Annäherung an den<lb/>
Sieger von &#x017F;ich gewie&#x017F;en, &#x017F;ondern &#x017F;ich als Mittelpunct der<lb/>
Wider&#x017F;etzlichkeit gegen das Interim aufge&#x017F;tellt, war läng&#x017F;t<lb/>
in die Reichsacht erklärt, doch wollte &#x017F;ich noch Niemand<lb/>
an die Ausführung der&#x017F;elben wagen. Der Sinn des Kai-<lb/>
&#x017F;ers wäre eigentlich gewe&#x017F;en, &#x017F;ie durch die Ritter&#x017F;chaft der<lb/>
beiden Stifter und die Grafen am Harz vollziehen zu la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, wie er denn überhaupt in den territorialen Angelegen-<lb/>
heiten mit dem Adel gern in Verbindung trat: Lazarus<lb/>
Schwendi er&#x017F;chien in die&#x017F;en Gegenden, um die Sache in<lb/>
Gang zu bringen; allein ein großer Theil des &#x017F;tifti&#x017F;chen<lb/>
Adels war &#x017F;elber evangeli&#x017F;ch und von der Partei Johann<lb/>
Friedrichs: es kam lange Zeit auch hier zu nichts, als zu<lb/>
kleinen Neckereien mit einzelnen Edelleuten aus dem Stifte<lb/>
oder aus der Mark Brandenburg. Vorwerke und Amtshöfe<lb/>
des Rathes wurden überfallen: eine Fuhre Zerb&#x017F;ter Bier, ein<lb/>
Wagen mit Tuch aufgehoben; <note place="foot" n="2">Heinrich Merckel Wahrhaftiger, ausfu&#x0364;hrlicher und gru&#x0364;nd-<lb/>
licher Bericht von der Alten Stadt Magdeburg Belagerung. Hort-<lb/>
leder <hi rendition="#aq">II,</hi> 1244.</note> dagegen gelang es auch den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0191] Belagerung von Magdeburg. die er nicht zerſtören konnte, ungangbar zu machen; aber jene Verluſte fühlte, über dieſe Gefahr erſchrak man nicht, da man ſich im Voraus mit allen Bedürfniſſen verſehen hatte: auch die ſtädtiſchen Reiter ſtreiften unaufhörlich durch das Gefild und waren oft im Vortheil. Im September ver- ließ der Herzog ſein Lager. 1 Faſt gleiches Fehdeweſen erfüllte die Umgegend von Magdeburg. Dieſe Stadt, die nicht allein jede Annäherung an den Sieger von ſich gewieſen, ſondern ſich als Mittelpunct der Widerſetzlichkeit gegen das Interim aufgeſtellt, war längſt in die Reichsacht erklärt, doch wollte ſich noch Niemand an die Ausführung derſelben wagen. Der Sinn des Kai- ſers wäre eigentlich geweſen, ſie durch die Ritterſchaft der beiden Stifter und die Grafen am Harz vollziehen zu laſ- ſen, wie er denn überhaupt in den territorialen Angelegen- heiten mit dem Adel gern in Verbindung trat: Lazarus Schwendi erſchien in dieſen Gegenden, um die Sache in Gang zu bringen; allein ein großer Theil des ſtiftiſchen Adels war ſelber evangeliſch und von der Partei Johann Friedrichs: es kam lange Zeit auch hier zu nichts, als zu kleinen Neckereien mit einzelnen Edelleuten aus dem Stifte oder aus der Mark Brandenburg. Vorwerke und Amtshöfe des Rathes wurden überfallen: eine Fuhre Zerbſter Bier, ein Wagen mit Tuch aufgehoben; 2 dagegen gelang es auch den 1 Tagebuch bei Rehtmeier II, 913. Olfen 56 f. 2 Heinrich Merckel Wahrhaftiger, ausfuͤhrlicher und gruͤnd- licher Bericht von der Alten Stadt Magdeburg Belagerung. Hort- leder II, 1244. 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/191
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/191>, abgerufen am 21.11.2024.