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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Viertes Capitel.

Wie hätte auch der Kaiser wagen können, einen Für-
sten, der ein so starkes Heer in den Händen und so ausge-
breitete Verbindungen hatte, sich zum Feinde zu machen?

August war sehr bereit, seine Vettern mit größerer Nach-
giebigkeit zu behandeln, wie denn darüber sogleich Unter-
handlungen eröffnet wurden, die bald zu der erwünschten Ab-
kunft führten: die Chur, welche ihm schon übertragen war,
hätte er sich nie wieder entreißen lassen.

Da ein Versuch hiezu nun aber nicht zu befürchten stand,
so hatte auch der Krieg für ihn keinen Sinn mehr.

Die Verbindung seines Bruders mit Frankreich setzte
er, so viel wir sehen können, keinen Augenblick fort.

Man stellte ihm vor, es dürfte ihm keinen guten Ruf
machen, wenn er den Krieg mit Markgraf Albrecht, in wel-
chem sein Bruder gefallen, so bald abbreche; von den Rä-
then die er fand, waren sowohl die welche die französische,
als die welche die deutsch-östreichische Allianz wünschten, Hei-
deck so gut wie Carlowitz, für eine Fortsetzung des Krie-
ges; 1 König Ferdinand drang darauf. Dagegen forderte
die Landschaft, die an dem Krieg so wenig Gefallen gehabt
wie August, und von dem Markgrafen, der sich furchtbar
zu machen gewußt, mit einem Einfall bedroht wurde, auf
einer Versammlung zu Leipzig, August 1553, dringend den
Frieden. 2 Von den alten Räthen waren doch einige, wie

1 Diese Verhältnisse theilte Landgraf Philipp dem Dr Zasius
mit. Schreiben desselben 12 Oct. bei Bucholtz VII, 536.
2 Die Städte führten zu Gemüth: do die beschwerlichen last uff
den unterthanen lenger ligen, und die kriege continuirt, wurde es die
lenge nicht ertragen, und endlichen s. churf. Gn. ein wust ledig und
blos land behalten, und sprechen die Hofnung zu S. Ch G. aus,
Zehntes Buch. Viertes Capitel.

Wie hätte auch der Kaiſer wagen können, einen Für-
ſten, der ein ſo ſtarkes Heer in den Händen und ſo ausge-
breitete Verbindungen hatte, ſich zum Feinde zu machen?

Auguſt war ſehr bereit, ſeine Vettern mit größerer Nach-
giebigkeit zu behandeln, wie denn darüber ſogleich Unter-
handlungen eröffnet wurden, die bald zu der erwünſchten Ab-
kunft führten: die Chur, welche ihm ſchon übertragen war,
hätte er ſich nie wieder entreißen laſſen.

Da ein Verſuch hiezu nun aber nicht zu befürchten ſtand,
ſo hatte auch der Krieg für ihn keinen Sinn mehr.

Die Verbindung ſeines Bruders mit Frankreich ſetzte
er, ſo viel wir ſehen können, keinen Augenblick fort.

Man ſtellte ihm vor, es dürfte ihm keinen guten Ruf
machen, wenn er den Krieg mit Markgraf Albrecht, in wel-
chem ſein Bruder gefallen, ſo bald abbreche; von den Rä-
then die er fand, waren ſowohl die welche die franzöſiſche,
als die welche die deutſch-öſtreichiſche Allianz wünſchten, Hei-
deck ſo gut wie Carlowitz, für eine Fortſetzung des Krie-
ges; 1 König Ferdinand drang darauf. Dagegen forderte
die Landſchaft, die an dem Krieg ſo wenig Gefallen gehabt
wie Auguſt, und von dem Markgrafen, der ſich furchtbar
zu machen gewußt, mit einem Einfall bedroht wurde, auf
einer Verſammlung zu Leipzig, Auguſt 1553, dringend den
Frieden. 2 Von den alten Räthen waren doch einige, wie

1 Dieſe Verhaͤltniſſe theilte Landgraf Philipp dem Dr Zaſius
mit. Schreiben deſſelben 12 Oct. bei Bucholtz VII, 536.
2 Die Staͤdte fuͤhrten zu Gemuͤth: do die beſchwerlichen laſt uff
den unterthanen lenger ligen, und die kriege continuirt, wurde es die
lenge nicht ertragen, und endlichen ſ. churf. Gn. ein wuſt ledig und
blos land behalten, und ſprechen die Hofnung zu S. Ch G. aus,
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[332/0344] Zehntes Buch. Viertes Capitel. Wie hätte auch der Kaiſer wagen können, einen Für- ſten, der ein ſo ſtarkes Heer in den Händen und ſo ausge- breitete Verbindungen hatte, ſich zum Feinde zu machen? Auguſt war ſehr bereit, ſeine Vettern mit größerer Nach- giebigkeit zu behandeln, wie denn darüber ſogleich Unter- handlungen eröffnet wurden, die bald zu der erwünſchten Ab- kunft führten: die Chur, welche ihm ſchon übertragen war, hätte er ſich nie wieder entreißen laſſen. Da ein Verſuch hiezu nun aber nicht zu befürchten ſtand, ſo hatte auch der Krieg für ihn keinen Sinn mehr. Die Verbindung ſeines Bruders mit Frankreich ſetzte er, ſo viel wir ſehen können, keinen Augenblick fort. Man ſtellte ihm vor, es dürfte ihm keinen guten Ruf machen, wenn er den Krieg mit Markgraf Albrecht, in wel- chem ſein Bruder gefallen, ſo bald abbreche; von den Rä- then die er fand, waren ſowohl die welche die franzöſiſche, als die welche die deutſch-öſtreichiſche Allianz wünſchten, Hei- deck ſo gut wie Carlowitz, für eine Fortſetzung des Krie- ges; 1 König Ferdinand drang darauf. Dagegen forderte die Landſchaft, die an dem Krieg ſo wenig Gefallen gehabt wie Auguſt, und von dem Markgrafen, der ſich furchtbar zu machen gewußt, mit einem Einfall bedroht wurde, auf einer Verſammlung zu Leipzig, Auguſt 1553, dringend den Frieden. 2 Von den alten Räthen waren doch einige, wie 1 Dieſe Verhaͤltniſſe theilte Landgraf Philipp dem Dr Zaſius mit. Schreiben deſſelben 12 Oct. bei Bucholtz VII, 536. 2 Die Staͤdte fuͤhrten zu Gemuͤth: do die beſchwerlichen laſt uff den unterthanen lenger ligen, und die kriege continuirt, wurde es die lenge nicht ertragen, und endlichen ſ. churf. Gn. ein wuſt ledig und blos land behalten, und ſprechen die Hofnung zu S. Ch G. aus,

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/344>, abgerufen am 22.11.2024.