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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Protestantische Kirchenverfassung.
Pfarrer waren doch der weltlichen Angelegenheiten nicht kun-
dig genug, um nicht zuweilen groben Betrügereien ausge-
setzt zu seyn, und in den geistlichen vielleicht nur zu heftig.
Hauptsächlich aber, es fehlte ihnen an allem Nachdruck, al-
ler Zwangsgewalt. 1

Und woher sollte diese auch überhaupt genommen, wor-
auf begründet werden?

Man konnte sie nicht aus dem päpstlichen Recht her-
leiten, das man verwarf, noch aus der alten Praxis, die
wieder auf dem Rechte beruhte. Auch ließ sich nicht ein
Gemeinwille der Mitglieder der Kirchengesellschaft nachwei-
sen, die noch lange nicht hinreichend von dem Prinzip durch-
drungen zum großen Theil erst zu unterrichten, ja zu zäh-
men waren und noch reg[i][ - 3 Zeichen fehlen] werden mußten. Es fehlte
der neuen Geistlichkeit an einem zu Recht bestehenden Grund
ihrer Jurisdiction.

Die Wittenberger Theologen fühlten diesen Mangel so
lebhaft, daß sie endlich Johann Friedrich baten, ihnen ei-
nen Commissar zu geben, einen rechtsverständigen Mann,
der die Jurisdiction aus unmittelbarem Auftrag des Für-
sten ausübe. 2


1 In dem hauptsächlich von Bugenhagen und Jonas herrüh-
renden Bedenken der Theologen heißt es: "die Pfarrer seyen erm-
lich versorgt und mit andern sachen ufgehalten: die Superintenden-
ten haben keine Execution, keine Gewalt zu citiren, kein Einkommen
um nur die Boten zu lohnen."
2 "Derselbig must ein wolgeschickter mann sein, gelehrt in jure,
und auch in der h. Schrift; derselbige soll die Jurisdiction haben aus
Befehl ane mittel des landesfürsten." Bedenken der Theologen. Fer-
ner "Hochvonnöthen gewisse Consistoria aufzurichten, do die Judices
Befel und Gewalt hetten, rechtlich zu citiren, auch Urtel Straf und
Buß ufzulegen und entlich execution zu thun."

Proteſtantiſche Kirchenverfaſſung.
Pfarrer waren doch der weltlichen Angelegenheiten nicht kun-
dig genug, um nicht zuweilen groben Betrügereien ausge-
ſetzt zu ſeyn, und in den geiſtlichen vielleicht nur zu heftig.
Hauptſächlich aber, es fehlte ihnen an allem Nachdruck, al-
ler Zwangsgewalt. 1

Und woher ſollte dieſe auch überhaupt genommen, wor-
auf begründet werden?

Man konnte ſie nicht aus dem päpſtlichen Recht her-
leiten, das man verwarf, noch aus der alten Praxis, die
wieder auf dem Rechte beruhte. Auch ließ ſich nicht ein
Gemeinwille der Mitglieder der Kirchengeſellſchaft nachwei-
ſen, die noch lange nicht hinreichend von dem Prinzip durch-
drungen zum großen Theil erſt zu unterrichten, ja zu zäh-
men waren und noch reg[i][ – 3 Zeichen fehlen] werden mußten. Es fehlte
der neuen Geiſtlichkeit an einem zu Recht beſtehenden Grund
ihrer Jurisdiction.

Die Wittenberger Theologen fühlten dieſen Mangel ſo
lebhaft, daß ſie endlich Johann Friedrich baten, ihnen ei-
nen Commiſſar zu geben, einen rechtsverſtändigen Mann,
der die Jurisdiction aus unmittelbarem Auftrag des Für-
ſten ausübe. 2


1 In dem hauptſaͤchlich von Bugenhagen und Jonas herruͤh-
renden Bedenken der Theologen heißt es: „die Pfarrer ſeyen erm-
lich verſorgt und mit andern ſachen ufgehalten: die Superintenden-
ten haben keine Execution, keine Gewalt zu citiren, kein Einkommen
um nur die Boten zu lohnen.“
2 „Derſelbig muſt ein wolgeſchickter mann ſein, gelehrt in jure,
und auch in der h. Schrift; derſelbige ſoll die Jurisdiction haben aus
Befehl ane mittel des landesfuͤrſten.“ Bedenken der Theologen. Fer-
ner „Hochvonnoͤthen gewiſſe Conſiſtoria aufzurichten, do die Judices
Befel und Gewalt hetten, rechtlich zu citiren, auch Urtel Straf und
Buß ufzulegen und entlich execution zu thun.“
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[437/0449] Proteſtantiſche Kirchenverfaſſung. Pfarrer waren doch der weltlichen Angelegenheiten nicht kun- dig genug, um nicht zuweilen groben Betrügereien ausge- ſetzt zu ſeyn, und in den geiſtlichen vielleicht nur zu heftig. Hauptſächlich aber, es fehlte ihnen an allem Nachdruck, al- ler Zwangsgewalt. 1 Und woher ſollte dieſe auch überhaupt genommen, wor- auf begründet werden? Man konnte ſie nicht aus dem päpſtlichen Recht her- leiten, das man verwarf, noch aus der alten Praxis, die wieder auf dem Rechte beruhte. Auch ließ ſich nicht ein Gemeinwille der Mitglieder der Kirchengeſellſchaft nachwei- ſen, die noch lange nicht hinreichend von dem Prinzip durch- drungen zum großen Theil erſt zu unterrichten, ja zu zäh- men waren und noch regi___ werden mußten. Es fehlte der neuen Geiſtlichkeit an einem zu Recht beſtehenden Grund ihrer Jurisdiction. Die Wittenberger Theologen fühlten dieſen Mangel ſo lebhaft, daß ſie endlich Johann Friedrich baten, ihnen ei- nen Commiſſar zu geben, einen rechtsverſtändigen Mann, der die Jurisdiction aus unmittelbarem Auftrag des Für- ſten ausübe. 2 1 In dem hauptſaͤchlich von Bugenhagen und Jonas herruͤh- renden Bedenken der Theologen heißt es: „die Pfarrer ſeyen erm- lich verſorgt und mit andern ſachen ufgehalten: die Superintenden- ten haben keine Execution, keine Gewalt zu citiren, kein Einkommen um nur die Boten zu lohnen.“ 2 „Derſelbig muſt ein wolgeſchickter mann ſein, gelehrt in jure, und auch in der h. Schrift; derſelbige ſoll die Jurisdiction haben aus Befehl ane mittel des landesfuͤrſten.“ Bedenken der Theologen. Fer- ner „Hochvonnoͤthen gewiſſe Conſiſtoria aufzurichten, do die Judices Befel und Gewalt hetten, rechtlich zu citiren, auch Urtel Straf und Buß ufzulegen und entlich execution zu thun.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/449>, abgerufen am 22.11.2024.