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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Theologische Streitigkeiten. (Calvin.)
gen, zu denen sich Flacius und Amsdorf fortreißen ließen,
wurden zuletzt allgemein verworfen, und namentlich dem er-
stern selbst verderblich. Es herrschte in der Gesammtheit so
viel gesunder Sinn, daß sie sich aus der unter Luthers Füh-
rung eingeschlagenen Bahn, die sie den Katholiken gegenüber
behauptete, nicht auch nach der andern Seite hin abführen
lassen mochte, wo sie in das Sectirerische gefallen wäre.

Während dem aber war auch der älteste innere Streit,
über das Abendmahl, wieder in Gang gekommen, womit es
folgende Bewandtniß hat.

In der Wittenberger Concordie gaben, wie wir sahen,
die beiden Parteien die schroffsten Behauptungen auf, durch
die sie sich früher an einander geärgert hatten. Ohne Zwei-
fel behauptete die lutherische Auffassung das Übergewicht,
aber sie erschien doch in sehr milder Gestalt. Jene Ände-
rung in dem Wortlaut der augsburgischen Confession be-
wirkte daß diese von Jedermann angenommen werden konnte.

Wohl waren damit noch nicht alle Bedenken gehoben:
noch gab Manchem der sich übrigens anschloß, der Ausdruck
des Darreichens, oder die Bezeichnung "real, körperlich"
Anstoß, Andere wollten sich nicht überzeugen, daß auch Un-
würdigen der Leib Christi mitgetheilt werde. Melanchthon
suchte in den neuen Ausgaben seines theologischen Lehr-
buchs, der Loci, einige dieser Zweifel zu heben: wie er z. B.
im Jahr 1543 den Ausdruck "körperlich" nach dem Vor-
gang des Cyrillus besser auslegte, als es bisher geschehen
war; nur bewirkte die Furcht, die alten Antipathien Luthers
aufzuwecken, daß er äußerst behutsam vorschritt.

Die Concordie hielt unter diesen Umständen nicht al-

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Theologiſche Streitigkeiten. (Calvin.)
gen, zu denen ſich Flacius und Amsdorf fortreißen ließen,
wurden zuletzt allgemein verworfen, und namentlich dem er-
ſtern ſelbſt verderblich. Es herrſchte in der Geſammtheit ſo
viel geſunder Sinn, daß ſie ſich aus der unter Luthers Füh-
rung eingeſchlagenen Bahn, die ſie den Katholiken gegenüber
behauptete, nicht auch nach der andern Seite hin abführen
laſſen mochte, wo ſie in das Sectireriſche gefallen wäre.

Während dem aber war auch der älteſte innere Streit,
über das Abendmahl, wieder in Gang gekommen, womit es
folgende Bewandtniß hat.

In der Wittenberger Concordie gaben, wie wir ſahen,
die beiden Parteien die ſchroffſten Behauptungen auf, durch
die ſie ſich früher an einander geärgert hatten. Ohne Zwei-
fel behauptete die lutheriſche Auffaſſung das Übergewicht,
aber ſie erſchien doch in ſehr milder Geſtalt. Jene Ände-
rung in dem Wortlaut der augsburgiſchen Confeſſion be-
wirkte daß dieſe von Jedermann angenommen werden konnte.

Wohl waren damit noch nicht alle Bedenken gehoben:
noch gab Manchem der ſich übrigens anſchloß, der Ausdruck
des Darreichens, oder die Bezeichnung „real, körperlich“
Anſtoß, Andere wollten ſich nicht überzeugen, daß auch Un-
würdigen der Leib Chriſti mitgetheilt werde. Melanchthon
ſuchte in den neuen Ausgaben ſeines theologiſchen Lehr-
buchs, der Loci, einige dieſer Zweifel zu heben: wie er z. B.
im Jahr 1543 den Ausdruck „körperlich“ nach dem Vor-
gang des Cyrillus beſſer auslegte, als es bisher geſchehen
war; nur bewirkte die Furcht, die alten Antipathien Luthers
aufzuwecken, daß er äußerſt behutſam vorſchritt.

Die Concordie hielt unter dieſen Umſtänden nicht al-

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[451/0463] Theologiſche Streitigkeiten. (Calvin.) gen, zu denen ſich Flacius und Amsdorf fortreißen ließen, wurden zuletzt allgemein verworfen, und namentlich dem er- ſtern ſelbſt verderblich. Es herrſchte in der Geſammtheit ſo viel geſunder Sinn, daß ſie ſich aus der unter Luthers Füh- rung eingeſchlagenen Bahn, die ſie den Katholiken gegenüber behauptete, nicht auch nach der andern Seite hin abführen laſſen mochte, wo ſie in das Sectireriſche gefallen wäre. Während dem aber war auch der älteſte innere Streit, über das Abendmahl, wieder in Gang gekommen, womit es folgende Bewandtniß hat. In der Wittenberger Concordie gaben, wie wir ſahen, die beiden Parteien die ſchroffſten Behauptungen auf, durch die ſie ſich früher an einander geärgert hatten. Ohne Zwei- fel behauptete die lutheriſche Auffaſſung das Übergewicht, aber ſie erſchien doch in ſehr milder Geſtalt. Jene Ände- rung in dem Wortlaut der augsburgiſchen Confeſſion be- wirkte daß dieſe von Jedermann angenommen werden konnte. Wohl waren damit noch nicht alle Bedenken gehoben: noch gab Manchem der ſich übrigens anſchloß, der Ausdruck des Darreichens, oder die Bezeichnung „real, körperlich“ Anſtoß, Andere wollten ſich nicht überzeugen, daß auch Un- würdigen der Leib Chriſti mitgetheilt werde. Melanchthon ſuchte in den neuen Ausgaben ſeines theologiſchen Lehr- buchs, der Loci, einige dieſer Zweifel zu heben: wie er z. B. im Jahr 1543 den Ausdruck „körperlich“ nach dem Vor- gang des Cyrillus beſſer auslegte, als es bisher geſchehen war; nur bewirkte die Furcht, die alten Antipathien Luthers aufzuwecken, daß er äußerſt behutſam vorſchritt. Die Concordie hielt unter dieſen Umſtänden nicht al- 29*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/463>, abgerufen am 22.11.2024.