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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Geschichte. (Sleidan.)
schichtskunde mit Einem Blick vergegenwärtigen, so dürfte man
nur das im Anfange des Jahrhunderts ungemein oft gedruckte
Compendium, den Fasciculus temporum von Rolewink, mit
dem vergleichen, das um die Mitte desselben aufkam und
sich lange in Geltung erhielt, dem Buche Sleidans von
den vier Monarchien. 1 Dort ist hauptsächlich von Päpsten,
Märtyrern und Heiligen die Rede: hier beruht schon alles
auf der erneuerten Bekanntschaft mit dem Inhalt so vieler
seitdem wieder gedruckten Autoren. Sleidan kennt die Al-
ten sehr gut, überall giebt er die Stellen an, aus denen
ausführlichere Nachricht zu schöpfen ist; da er auch einen gro-
ßen Theil der Chronisten des Mittelalters studirt hat, so er-
weitert er auch da den Gesichtskreis nach allen Seiten; es
mag wenig Compendien geringen Umfangs von so gründ-
licher Arbeit geben.

Auch in andern Beziehungen wirkte das Studium der
alten Historiker ein. Man nahm sie sich bei Behandlung
der Zeitgeschichte wenigstens in der Sprache zum Muster:
recht glücklich unter andern Ursinus Velius; einen unermeßli-
chen Eindruck machte auch in dieser Hinsicht der so weit seine
Forschungen reichten, zugleich urkundlich-gründliche Sleidan.

Mit alle dem aber war doch der Weg zu einer wah-
ren Geschichte besonders der Zeiten des Mittelalters noch
nicht eröffnet. Der ganze Umkreis derselben war von ab-
sichtlicher Fiction oder unwillkührlicher Dichtung verdunkelt

1 Dazwischen liegt noch die erste Chronica Carionis, ohne Zwei-
fel hauptsächlich ein Werk Melanchthons. Vergl. dessen Schreiben
an Corvinus, Januar 1532. Misit ad me Carion farraginem quan-
dam negligentius coacervatam, quae a me disposita est
.

Geſchichte. (Sleidan.)
ſchichtskunde mit Einem Blick vergegenwärtigen, ſo dürfte man
nur das im Anfange des Jahrhunderts ungemein oft gedruckte
Compendium, den Fasciculus temporum von Rolewink, mit
dem vergleichen, das um die Mitte deſſelben aufkam und
ſich lange in Geltung erhielt, dem Buche Sleidans von
den vier Monarchien. 1 Dort iſt hauptſächlich von Päpſten,
Märtyrern und Heiligen die Rede: hier beruht ſchon alles
auf der erneuerten Bekanntſchaft mit dem Inhalt ſo vieler
ſeitdem wieder gedruckten Autoren. Sleidan kennt die Al-
ten ſehr gut, überall giebt er die Stellen an, aus denen
ausführlichere Nachricht zu ſchöpfen iſt; da er auch einen gro-
ßen Theil der Chroniſten des Mittelalters ſtudirt hat, ſo er-
weitert er auch da den Geſichtskreis nach allen Seiten; es
mag wenig Compendien geringen Umfangs von ſo gründ-
licher Arbeit geben.

Auch in andern Beziehungen wirkte das Studium der
alten Hiſtoriker ein. Man nahm ſie ſich bei Behandlung
der Zeitgeſchichte wenigſtens in der Sprache zum Muſter:
recht glücklich unter andern Urſinus Velius; einen unermeßli-
chen Eindruck machte auch in dieſer Hinſicht der ſo weit ſeine
Forſchungen reichten, zugleich urkundlich-gründliche Sleidan.

Mit alle dem aber war doch der Weg zu einer wah-
ren Geſchichte beſonders der Zeiten des Mittelalters noch
nicht eröffnet. Der ganze Umkreis derſelben war von ab-
ſichtlicher Fiction oder unwillkührlicher Dichtung verdunkelt

1 Dazwiſchen liegt noch die erſte Chronica Carionis, ohne Zwei-
fel hauptſaͤchlich ein Werk Melanchthons. Vergl. deſſen Schreiben
an Corvinus, Januar 1532. Misit ad me Carion farraginem quan-
dam negligentius coacervatam, quae a me disposita est
.
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[491/0503] Geſchichte. (Sleidan.) ſchichtskunde mit Einem Blick vergegenwärtigen, ſo dürfte man nur das im Anfange des Jahrhunderts ungemein oft gedruckte Compendium, den Fasciculus temporum von Rolewink, mit dem vergleichen, das um die Mitte deſſelben aufkam und ſich lange in Geltung erhielt, dem Buche Sleidans von den vier Monarchien. 1 Dort iſt hauptſächlich von Päpſten, Märtyrern und Heiligen die Rede: hier beruht ſchon alles auf der erneuerten Bekanntſchaft mit dem Inhalt ſo vieler ſeitdem wieder gedruckten Autoren. Sleidan kennt die Al- ten ſehr gut, überall giebt er die Stellen an, aus denen ausführlichere Nachricht zu ſchöpfen iſt; da er auch einen gro- ßen Theil der Chroniſten des Mittelalters ſtudirt hat, ſo er- weitert er auch da den Geſichtskreis nach allen Seiten; es mag wenig Compendien geringen Umfangs von ſo gründ- licher Arbeit geben. Auch in andern Beziehungen wirkte das Studium der alten Hiſtoriker ein. Man nahm ſie ſich bei Behandlung der Zeitgeſchichte wenigſtens in der Sprache zum Muſter: recht glücklich unter andern Urſinus Velius; einen unermeßli- chen Eindruck machte auch in dieſer Hinſicht der ſo weit ſeine Forſchungen reichten, zugleich urkundlich-gründliche Sleidan. Mit alle dem aber war doch der Weg zu einer wah- ren Geſchichte beſonders der Zeiten des Mittelalters noch nicht eröffnet. Der ganze Umkreis derſelben war von ab- ſichtlicher Fiction oder unwillkührlicher Dichtung verdunkelt 1 Dazwiſchen liegt noch die erſte Chronica Carionis, ohne Zwei- fel hauptſaͤchlich ein Werk Melanchthons. Vergl. deſſen Schreiben an Corvinus, Januar 1532. Misit ad me Carion farraginem quan- dam negligentius coacervatam, quae a me disposita est.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/503>, abgerufen am 21.11.2024.