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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Verfolgung der Prediger.
eine Auslegung des 93sten Psalmen geschrieben, mit dessen
Verheißungen er sich tröstete. "Die Wasserströme erheben
sich, erheben ihr Brausen, heben empor ihre Wellen: grö-
ßer aber ist der Herr in der Höhe. Herr, dein Wort ist
die rechte Lehre." 1

So hielten sie sich allenthalben. In Regensburg er-
klärte Dr Nopp und seine Gehülfen: sie wollten sich mit
Weihwasser, Öl und Chrysam nicht beflecken; in Frankfurt
Ambach und Lullus: sie würden eher Hunger, Elend und
den Tod ertragen als von der reinen Lehre weichen. In
Reutlingen nahm Matthäus Alber, welcher dieser Gemeine
jetzt 29 Jahre vorangegangen, an dem Tag seinen Abschied
als die erste Messe gehalten ward. Ambrosius Blaurer in
Costnitz hatte um die Durchführung des protestantischen Prin-
zips in dem obern Deutschland das Verdienst eines Refor-
mators: von der Katastrophe seiner Vaterstadt ward Nie-
mand tiefer betroffen: gleich nach Annahme des Interims
verließ er sie. Am ersten November 1548 hielt Erhard
Schnepf seine Abschiedspredigt in Tübingen, denn sein Fürst
konnte ihn nicht länger schützen; in langem Zuge begleitete
die Gemeinde den ehrwürdigen Greis weit hinaus vor die
Stadt. 2 Ein wenig länger hielt sich Straßburg als die übri-
gen Städte; aber der Kaiser hatte auch hier an den Begü-
terten, den reichen Handelsleuten Verbündete: schon hatten
ihrer funfzig die Stadt verlassen, noch mehrere drohten nach-
zufolgen, wenn man die Ungnade des Kaisers nicht ver-

1 Eins der merkwürdigsten Pseudonymen: "Joanne Witlingio
autore."
2 Adami Vitae theologorum.
5*

Verfolgung der Prediger.
eine Auslegung des 93ſten Pſalmen geſchrieben, mit deſſen
Verheißungen er ſich tröſtete. „Die Waſſerſtröme erheben
ſich, erheben ihr Brauſen, heben empor ihre Wellen: grö-
ßer aber iſt der Herr in der Höhe. Herr, dein Wort iſt
die rechte Lehre.“ 1

So hielten ſie ſich allenthalben. In Regensburg er-
klärte Dr Nopp und ſeine Gehülfen: ſie wollten ſich mit
Weihwaſſer, Öl und Chryſam nicht beflecken; in Frankfurt
Ambach und Lullus: ſie würden eher Hunger, Elend und
den Tod ertragen als von der reinen Lehre weichen. In
Reutlingen nahm Matthäus Alber, welcher dieſer Gemeine
jetzt 29 Jahre vorangegangen, an dem Tag ſeinen Abſchied
als die erſte Meſſe gehalten ward. Ambroſius Blaurer in
Coſtnitz hatte um die Durchführung des proteſtantiſchen Prin-
zips in dem obern Deutſchland das Verdienſt eines Refor-
mators: von der Kataſtrophe ſeiner Vaterſtadt ward Nie-
mand tiefer betroffen: gleich nach Annahme des Interims
verließ er ſie. Am erſten November 1548 hielt Erhard
Schnepf ſeine Abſchiedspredigt in Tübingen, denn ſein Fürſt
konnte ihn nicht länger ſchützen; in langem Zuge begleitete
die Gemeinde den ehrwürdigen Greis weit hinaus vor die
Stadt. 2 Ein wenig länger hielt ſich Straßburg als die übri-
gen Städte; aber der Kaiſer hatte auch hier an den Begü-
terten, den reichen Handelsleuten Verbündete: ſchon hatten
ihrer funfzig die Stadt verlaſſen, noch mehrere drohten nach-
zufolgen, wenn man die Ungnade des Kaiſers nicht ver-

1 Eins der merkwuͤrdigſten Pſeudonymen: „Joanne Witlingio
autore.“
2 Adami Vitae theologorum.
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[67/0079] Verfolgung der Prediger. eine Auslegung des 93ſten Pſalmen geſchrieben, mit deſſen Verheißungen er ſich tröſtete. „Die Waſſerſtröme erheben ſich, erheben ihr Brauſen, heben empor ihre Wellen: grö- ßer aber iſt der Herr in der Höhe. Herr, dein Wort iſt die rechte Lehre.“ 1 So hielten ſie ſich allenthalben. In Regensburg er- klärte Dr Nopp und ſeine Gehülfen: ſie wollten ſich mit Weihwaſſer, Öl und Chryſam nicht beflecken; in Frankfurt Ambach und Lullus: ſie würden eher Hunger, Elend und den Tod ertragen als von der reinen Lehre weichen. In Reutlingen nahm Matthäus Alber, welcher dieſer Gemeine jetzt 29 Jahre vorangegangen, an dem Tag ſeinen Abſchied als die erſte Meſſe gehalten ward. Ambroſius Blaurer in Coſtnitz hatte um die Durchführung des proteſtantiſchen Prin- zips in dem obern Deutſchland das Verdienſt eines Refor- mators: von der Kataſtrophe ſeiner Vaterſtadt ward Nie- mand tiefer betroffen: gleich nach Annahme des Interims verließ er ſie. Am erſten November 1548 hielt Erhard Schnepf ſeine Abſchiedspredigt in Tübingen, denn ſein Fürſt konnte ihn nicht länger ſchützen; in langem Zuge begleitete die Gemeinde den ehrwürdigen Greis weit hinaus vor die Stadt. 2 Ein wenig länger hielt ſich Straßburg als die übri- gen Städte; aber der Kaiſer hatte auch hier an den Begü- terten, den reichen Handelsleuten Verbündete: ſchon hatten ihrer funfzig die Stadt verlaſſen, noch mehrere drohten nach- zufolgen, wenn man die Ungnade des Kaiſers nicht ver- 1 Eins der merkwuͤrdigſten Pſeudonymen: „Joanne Witlingio autore.“ 2 Adami Vitae theologorum. 5*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/79>, abgerufen am 21.11.2024.