Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

5. Cap. Vom Pfropfen.
daß das üble Gedeyen lediglich daher komme,
wenn die Pfropf-Reiser nicht recht zugeschnitten,
nicht recht verbunden, und mit Pfropf-Leimen
oder Baum-Wachse nicht recht verwahret wor-
den; denn diese Dinge wollen alle gar genau ge-
macht seyn.

So verhält sichs auch mit dem Verpflanzen.
Es mag ein Gewächse seyn, was es nur für eins
wil, wenn es mit der Hand nicht recht eingedru-
cket wird, und derjenige, welcher es versetzet, nicht
verstehet, was bey dem Verpflanzen desselben be-
obachtet werden muß, so kan es unmöglich ge-
deyen. Und folglich kan man alsdenn nicht sa-
gen, daß ein solcher eine unglückliche Hand habe,
sondern man muß vielmehr der Unwissenheit und
Ungeschicklichkeit solcher Leute die Schuld beymes-
sen. Jch versichere, wenn eine Sache recht ge-
macht wird, es sey worinne es nur immer wolle,
daß ein jeder eine glückliche Hand haben werde.
Und gesetzt, wenn ein Mensch die allerschlimsten
Ausdünstungen von der Welt hätte, so gehen sie
ja unmittelbar in die Luft, und nicht in die Pflan-
zen, Pfropf-Reiser, oder Samen, welche gesäet
werden. Jch habe öfters unter meinen Leuten
welche gehabt, die sehr schäbicht, krätzicht und vol-
ler Unflat gewesen, welche das Pfropfen, Pflan-
zen und das Säen verrichten müssen; und den-
noch habe ich nicht gefunden, daß mir etwas ver-
dorben wäre, weil sie es nemlich verstanden und
alles recht gemacht haben. Es wäre mir ein leich-
tes mehrere Unwahrheiten zu bemerken; z. E. daß

man

5. Cap. Vom Pfropfen.
daß das uͤble Gedeyen lediglich daher komme,
wenn die Pfropf-Reiſer nicht recht zugeſchnitten,
nicht recht verbunden, und mit Pfropf-Leimen
oder Baum-Wachſe nicht recht verwahret wor-
den; denn dieſe Dinge wollen alle gar genau ge-
macht ſeyn.

So verhaͤlt ſichs auch mit dem Verpflanzen.
Es mag ein Gewaͤchſe ſeyn, was es nur fuͤr eins
wil, wenn es mit der Hand nicht recht eingedru-
cket wird, und derjenige, welcher es verſetzet, nicht
verſtehet, was bey dem Verpflanzen deſſelben be-
obachtet werden muß, ſo kan es unmoͤglich ge-
deyen. Und folglich kan man alsdenn nicht ſa-
gen, daß ein ſolcher eine ungluͤckliche Hand habe,
ſondern man muß vielmehr der Unwiſſenheit und
Ungeſchicklichkeit ſolcher Leute die Schuld beymeſ-
ſen. Jch verſichere, wenn eine Sache recht ge-
macht wird, es ſey worinne es nur immer wolle,
daß ein jeder eine gluͤckliche Hand haben werde.
Und geſetzt, wenn ein Menſch die allerſchlimſten
Ausduͤnſtungen von der Welt haͤtte, ſo gehen ſie
ja unmittelbar in die Luft, und nicht in die Pflan-
zen, Pfropf-Reiſer, oder Samen, welche geſaͤet
werden. Jch habe oͤfters unter meinen Leuten
welche gehabt, die ſehr ſchaͤbicht, kraͤtzicht und vol-
ler Unflat geweſen, welche das Pfropfen, Pflan-
zen und das Saͤen verrichten muͤſſen; und den-
noch habe ich nicht gefunden, daß mir etwas ver-
dorben waͤre, weil ſie es nemlich verſtanden und
alles recht gemacht haben. Es waͤre mir ein leich-
tes mehrere Unwahrheiten zu bemerken; z. E. daß

man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="68"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">5. Cap. Vom Pfropfen.</hi></fw><lb/>
daß das u&#x0364;ble Gedeyen lediglich daher komme,<lb/>
wenn die Pfropf-Rei&#x017F;er nicht recht zuge&#x017F;chnitten,<lb/>
nicht recht verbunden, und mit Pfropf-Leimen<lb/>
oder Baum-Wach&#x017F;e nicht recht verwahret wor-<lb/>
den; denn die&#x017F;e Dinge wollen alle gar genau ge-<lb/>
macht &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>So verha&#x0364;lt &#x017F;ichs auch mit dem Verpflanzen.<lb/>
Es mag ein Gewa&#x0364;ch&#x017F;e &#x017F;eyn, was es nur fu&#x0364;r eins<lb/>
wil, wenn es mit der Hand nicht recht eingedru-<lb/>
cket wird, und derjenige, welcher es ver&#x017F;etzet, nicht<lb/>
ver&#x017F;tehet, was bey dem Verpflanzen de&#x017F;&#x017F;elben be-<lb/>
obachtet werden muß, &#x017F;o kan es unmo&#x0364;glich ge-<lb/>
deyen. Und folglich kan man alsdenn nicht &#x017F;a-<lb/>
gen, daß ein &#x017F;olcher eine unglu&#x0364;ckliche Hand habe,<lb/>
&#x017F;ondern man muß vielmehr der Unwi&#x017F;&#x017F;enheit und<lb/>
Unge&#x017F;chicklichkeit &#x017F;olcher Leute die Schuld beyme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Jch ver&#x017F;ichere, wenn eine Sache recht ge-<lb/>
macht wird, es &#x017F;ey worinne es nur immer wolle,<lb/>
daß ein jeder eine glu&#x0364;ckliche Hand haben werde.<lb/>
Und ge&#x017F;etzt, wenn ein Men&#x017F;ch die aller&#x017F;chlim&#x017F;ten<lb/>
Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen von der Welt ha&#x0364;tte, &#x017F;o gehen &#x017F;ie<lb/>
ja unmittelbar in die Luft, und nicht in die Pflan-<lb/>
zen, Pfropf-Rei&#x017F;er, oder Samen, welche ge&#x017F;a&#x0364;et<lb/>
werden. Jch habe o&#x0364;fters unter meinen Leuten<lb/>
welche gehabt, die &#x017F;ehr &#x017F;cha&#x0364;bicht, kra&#x0364;tzicht und vol-<lb/>
ler Unflat gewe&#x017F;en, welche das Pfropfen, Pflan-<lb/>
zen und das Sa&#x0364;en verrichten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; und den-<lb/>
noch habe ich nicht gefunden, daß mir etwas ver-<lb/>
dorben wa&#x0364;re, weil &#x017F;ie es nemlich ver&#x017F;tanden und<lb/>
alles recht gemacht haben. Es wa&#x0364;re mir ein leich-<lb/>
tes mehrere Unwahrheiten zu bemerken; z. E. daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0100] 5. Cap. Vom Pfropfen. daß das uͤble Gedeyen lediglich daher komme, wenn die Pfropf-Reiſer nicht recht zugeſchnitten, nicht recht verbunden, und mit Pfropf-Leimen oder Baum-Wachſe nicht recht verwahret wor- den; denn dieſe Dinge wollen alle gar genau ge- macht ſeyn. So verhaͤlt ſichs auch mit dem Verpflanzen. Es mag ein Gewaͤchſe ſeyn, was es nur fuͤr eins wil, wenn es mit der Hand nicht recht eingedru- cket wird, und derjenige, welcher es verſetzet, nicht verſtehet, was bey dem Verpflanzen deſſelben be- obachtet werden muß, ſo kan es unmoͤglich ge- deyen. Und folglich kan man alsdenn nicht ſa- gen, daß ein ſolcher eine ungluͤckliche Hand habe, ſondern man muß vielmehr der Unwiſſenheit und Ungeſchicklichkeit ſolcher Leute die Schuld beymeſ- ſen. Jch verſichere, wenn eine Sache recht ge- macht wird, es ſey worinne es nur immer wolle, daß ein jeder eine gluͤckliche Hand haben werde. Und geſetzt, wenn ein Menſch die allerſchlimſten Ausduͤnſtungen von der Welt haͤtte, ſo gehen ſie ja unmittelbar in die Luft, und nicht in die Pflan- zen, Pfropf-Reiſer, oder Samen, welche geſaͤet werden. Jch habe oͤfters unter meinen Leuten welche gehabt, die ſehr ſchaͤbicht, kraͤtzicht und vol- ler Unflat geweſen, welche das Pfropfen, Pflan- zen und das Saͤen verrichten muͤſſen; und den- noch habe ich nicht gefunden, daß mir etwas ver- dorben waͤre, weil ſie es nemlich verſtanden und alles recht gemacht haben. Es waͤre mir ein leich- tes mehrere Unwahrheiten zu bemerken; z. E. daß man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/100
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/100>, abgerufen am 29.11.2024.