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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765.

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Von den Auriculen und Primulen.
nimt jener sein Messer, schneidet alle Stöcke mit-
ten von einander, und hebet die Helfte aus der Erde
heraus. Als ich nun wieder zu ihm kam, und sahe
daß er alle Stöcke sehr zerstümmelt hatte, sagte ich
alsobald zu ihm: wenn er das Ablösen nicht ver-
stünde, hätte er es melden sollen. Mein Gärtner
hätte es besser verrichten können, so aber würden da-
durch alle Stöcke, sonderlich weil die Abnehmung
zu solcher Zeit gefährlich wäre, und besser in dem
Herbste hätte geschehen können, verderben, welches
denn auch geschahe. Ob ich mir gleich Mühe gab,
meine Stöcke zu erhalten, so war es dennoch verge-
bens, und ich kam auf einmal um meine schöne Pri-
mul-Flor.

Nach der Zeit muste ich als ein junger Anfänger
wiederum andere vom Samen erziehen, und von
guten Freunden, gegen andere Gewächse zu über-
kommen suchen.

Jch kan es daher keinen Blumen-Liebhaber
vor übel halten, wenn er denenjenigen, welche um
die Neben-Pflanzen von dergleichen Blumen, oder
um die junge Brut von den Zwiebel-Gewächsen
bitten, ihr Begehren abschläget, und wenn es auch
gleich der Hochgeehrte Herr Vetter oder Gevat-
ter wäre.

Das
G 4

Von den Auriculen und Primulen.
nimt jener ſein Meſſer, ſchneidet alle Stoͤcke mit-
ten von einander, und hebet die Helfte aus der Erde
heraus. Als ich nun wieder zu ihm kam, und ſahe
daß er alle Stoͤcke ſehr zerſtuͤmmelt hatte, ſagte ich
alſobald zu ihm: wenn er das Abloͤſen nicht ver-
ſtuͤnde, haͤtte er es melden ſollen. Mein Gaͤrtner
haͤtte es beſſer verrichten koͤnnen, ſo aber wuͤrden da-
durch alle Stoͤcke, ſonderlich weil die Abnehmung
zu ſolcher Zeit gefaͤhrlich waͤre, und beſſer in dem
Herbſte haͤtte geſchehen koͤnnen, verderben, welches
denn auch geſchahe. Ob ich mir gleich Muͤhe gab,
meine Stoͤcke zu erhalten, ſo war es dennoch verge-
bens, und ich kam auf einmal um meine ſchoͤne Pri-
mul-Flor.

Nach der Zeit muſte ich als ein junger Anfaͤnger
wiederum andere vom Samen erziehen, und von
guten Freunden, gegen andere Gewaͤchſe zu uͤber-
kommen ſuchen.

Jch kan es daher keinen Blumen-Liebhaber
vor uͤbel halten, wenn er denenjenigen, welche um
die Neben-Pflanzen von dergleichen Blumen, oder
um die junge Brut von den Zwiebel-Gewaͤchſen
bitten, ihr Begehren abſchlaͤget, und wenn es auch
gleich der Hochgeehrte Herr Vetter oder Gevat-
ter waͤre.

Das
G 4
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[103/0117] Von den Auriculen und Primulen. nimt jener ſein Meſſer, ſchneidet alle Stoͤcke mit- ten von einander, und hebet die Helfte aus der Erde heraus. Als ich nun wieder zu ihm kam, und ſahe daß er alle Stoͤcke ſehr zerſtuͤmmelt hatte, ſagte ich alſobald zu ihm: wenn er das Abloͤſen nicht ver- ſtuͤnde, haͤtte er es melden ſollen. Mein Gaͤrtner haͤtte es beſſer verrichten koͤnnen, ſo aber wuͤrden da- durch alle Stoͤcke, ſonderlich weil die Abnehmung zu ſolcher Zeit gefaͤhrlich waͤre, und beſſer in dem Herbſte haͤtte geſchehen koͤnnen, verderben, welches denn auch geſchahe. Ob ich mir gleich Muͤhe gab, meine Stoͤcke zu erhalten, ſo war es dennoch verge- bens, und ich kam auf einmal um meine ſchoͤne Pri- mul-Flor. Nach der Zeit muſte ich als ein junger Anfaͤnger wiederum andere vom Samen erziehen, und von guten Freunden, gegen andere Gewaͤchſe zu uͤber- kommen ſuchen. Jch kan es daher keinen Blumen-Liebhaber vor uͤbel halten, wenn er denenjenigen, welche um die Neben-Pflanzen von dergleichen Blumen, oder um die junge Brut von den Zwiebel-Gewaͤchſen bitten, ihr Begehren abſchlaͤget, und wenn es auch gleich der Hochgeehrte Herr Vetter oder Gevat- ter waͤre. Das G 4

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 6. 2. Aufl. Erfurt, 1765, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz06_1755/117>, abgerufen am 24.11.2024.