Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

zu, der durch eine sanfte Reizung der Hautner-
ven hervorgebracht wird. Er ist so lange ange-
nehm, als er der Willkühr keinen Abbruch thut
und die Function des Athmens nicht hemmt.
Tissot *) bediente sich desselben, und des da-
durch erregten Lachens bey schwachen Kindern,
um dadurch der englischen Krankheit vorzubeu-
gen. Er liess sie auf einen Teppich an die Erde
setzen und so lange kitzeln, als es ihnen Vergnü-
gen machte, aber gleich die Manipulation ein-
stellen, wenn es ihnen nicht weiter behagte.
Endlich gehört noch die Manipulation zum Be-
huf der Erregung des thierischen Magne-
tismus
hierher, die unmittelbar durch den
sanften Hautreiz und vorzüglich durch die Er-
höhung der Lebensfähigkeit überhaupt wirksam
ist, welche durch ein angenehmes körperliches
Wohlbehagen wahrgenommen wird. Doch hat
man mit diesem Mittel bis jetzt noch wenige Ver-
suche an Wahnsinnigen angestellt.

Das stärkste und angenehmste körperliche
Gefühl bewirkt der Genuss des Beischlafs **).

*) 4. B. 346 S.
**) Dehinc etiamsi amor fuerit acquisitus, quid
magis probemus erit incertum, utrumne prohi-
bendus sit usus venereus, an admittendus. Sed
prohibitus indignari magis cogit aegrotantes,
cum desiderata producuntur. Item permissus
vexat, cum corpore evirato animae quoque sub-
stantia turbatur. Caelius Aurelianus; art. med.
princ. T. XI. p. 90.

zu, der durch eine ſanfte Reizung der Hautner-
ven hervorgebracht wird. Er iſt ſo lange ange-
nehm, als er der Willkühr keinen Abbruch thut
und die Function des Athmens nicht hemmt.
Tiſſot *) bediente ſich deſſelben, und des da-
durch erregten Lachens bey ſchwachen Kindern,
um dadurch der engliſchen Krankheit vorzubeu-
gen. Er lieſs ſie auf einen Teppich an die Erde
ſetzen und ſo lange kitzeln, als es ihnen Vergnü-
gen machte, aber gleich die Manipulation ein-
ſtellen, wenn es ihnen nicht weiter behagte.
Endlich gehört noch die Manipulation zum Be-
huf der Erregung des thieriſchen Magne-
tiſmus
hierher, die unmittelbar durch den
ſanften Hautreiz und vorzüglich durch die Er-
höhung der Lebensfähigkeit überhaupt wirkſam
iſt, welche durch ein angenehmes körperliches
Wohlbehagen wahrgenommen wird. Doch hat
man mit dieſem Mittel bis jetzt noch wenige Ver-
ſuche an Wahnſinnigen angeſtellt.

Das ſtärkſte und angenehmſte körperliche
Gefühl bewirkt der Genuſs des Beiſchlafs **).

*) 4. B. 346 S.
**) Dehinc etiamſi amor fuerit acquiſitus, quid
magis probemus erit incertum, utrumne prohi-
bendus ſit uſus venereus, an admittendus. Sed
prohibitus indignari magis cogit aegrotantes,
cum deſiderata producuntur. Item permiſſus
vexat, cum corpore evirato animae quoque ſub-
ſtantia turbatur. Caelius Aurelianus; art. med.
princ. T. XI. p. 90.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0190" n="185"/>
zu, der durch eine &#x017F;anfte Reizung der Hautner-<lb/>
ven hervorgebracht wird. Er i&#x017F;t &#x017F;o lange ange-<lb/>
nehm, als er der Willkühr keinen Abbruch thut<lb/>
und die Function des Athmens nicht hemmt.<lb/><hi rendition="#g">Ti&#x017F;&#x017F;ot</hi> <note place="foot" n="*)">4. B. 346 S.</note> bediente &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;elben, und des da-<lb/>
durch erregten Lachens bey &#x017F;chwachen Kindern,<lb/>
um dadurch der engli&#x017F;chen Krankheit vorzubeu-<lb/>
gen. Er lie&#x017F;s &#x017F;ie auf einen Teppich an die Erde<lb/>
&#x017F;etzen und &#x017F;o lange kitzeln, als es ihnen Vergnü-<lb/>
gen machte, aber gleich die Manipulation ein-<lb/>
&#x017F;tellen, wenn es ihnen nicht weiter behagte.<lb/>
Endlich gehört noch die Manipulation zum Be-<lb/>
huf der Erregung des <hi rendition="#g">thieri&#x017F;chen Magne-<lb/>
ti&#x017F;mus</hi> hierher, die unmittelbar durch den<lb/>
&#x017F;anften Hautreiz und vorzüglich durch die Er-<lb/>
höhung der Lebensfähigkeit überhaupt wirk&#x017F;am<lb/>
i&#x017F;t, welche durch ein angenehmes körperliches<lb/>
Wohlbehagen wahrgenommen wird. Doch hat<lb/>
man mit die&#x017F;em Mittel bis jetzt noch wenige Ver-<lb/>
&#x017F;uche an Wahn&#x017F;innigen ange&#x017F;tellt.</p><lb/>
          <p>Das &#x017F;tärk&#x017F;te und angenehm&#x017F;te körperliche<lb/>
Gefühl bewirkt der Genu&#x017F;s des <hi rendition="#g">Bei&#x017F;chlafs</hi> <note place="foot" n="**)">Dehinc etiam&#x017F;i amor fuerit acqui&#x017F;itus, quid<lb/>
magis probemus erit incertum, utrumne prohi-<lb/>
bendus &#x017F;it u&#x017F;us venereus, an admittendus. Sed<lb/>
prohibitus indignari magis cogit aegrotantes,<lb/>
cum de&#x017F;iderata producuntur. Item permi&#x017F;&#x017F;us<lb/>
vexat, cum corpore evirato animae quoque &#x017F;ub-<lb/>
&#x017F;tantia turbatur. Caelius Aurelianus; art. med.<lb/>
princ. T. XI. p. 90.</note>.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0190] zu, der durch eine ſanfte Reizung der Hautner- ven hervorgebracht wird. Er iſt ſo lange ange- nehm, als er der Willkühr keinen Abbruch thut und die Function des Athmens nicht hemmt. Tiſſot *) bediente ſich deſſelben, und des da- durch erregten Lachens bey ſchwachen Kindern, um dadurch der engliſchen Krankheit vorzubeu- gen. Er lieſs ſie auf einen Teppich an die Erde ſetzen und ſo lange kitzeln, als es ihnen Vergnü- gen machte, aber gleich die Manipulation ein- ſtellen, wenn es ihnen nicht weiter behagte. Endlich gehört noch die Manipulation zum Be- huf der Erregung des thieriſchen Magne- tiſmus hierher, die unmittelbar durch den ſanften Hautreiz und vorzüglich durch die Er- höhung der Lebensfähigkeit überhaupt wirkſam iſt, welche durch ein angenehmes körperliches Wohlbehagen wahrgenommen wird. Doch hat man mit dieſem Mittel bis jetzt noch wenige Ver- ſuche an Wahnſinnigen angeſtellt. Das ſtärkſte und angenehmſte körperliche Gefühl bewirkt der Genuſs des Beiſchlafs **). *) 4. B. 346 S. **) Dehinc etiamſi amor fuerit acquiſitus, quid magis probemus erit incertum, utrumne prohi- bendus ſit uſus venereus, an admittendus. Sed prohibitus indignari magis cogit aegrotantes, cum deſiderata producuntur. Item permiſſus vexat, cum corpore evirato animae quoque ſub- ſtantia turbatur. Caelius Aurelianus; art. med. princ. T. XI. p. 90.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/190
Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/190>, abgerufen am 21.11.2024.