Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.1. Fixer, partieller Wahnsinn, Melan- cholie. Der fixe Wahnsinn besteht in einer Sinne darstellen, und diesem gemäss handelte,
würde ein Verrückter, ein wachender Träumer seyn. Allein sein Zustand gehörte zum fixen Wahn, so lang er nur einer Chimäre anhinge, wie es meistens in den chronischen Geisteszer- rüttungen zu seyn pflegt, und die topische Ex- altation seiner Imagination würde die Ursache seiner fixen Idee seyn. Ein Mädchen sah immer- hin ein grosses und fürchterliches Gespenst, der toskanische Mahler Spinello den Teufel neben sich, der ihm vorrückte, dass er ihn in einer so scheusslichen Gestalt gemahlt habe. Arnold l. c. 1. Th. 120 und 121 S. Käme es vor, dass die- ser Zustand der exaltirten Phantasie sich auf ihre sämmtlichen Produkte erstreckte, so würde er als eine eigne Art Seelenkrankheit aufgenom- men werden müssen. Das Irrereden im Gefäss- fieber scheint dieser Natur zu seyn. In dem Kopf des Kranken läuft alles wild und tumul- tuarisch durch einander, die durch die Sinne erregten Ideen, ihre Täuschung ohne Object, die Spiele des Gemeingefühls, die Produkte der Imagination, die aufgehobnen Gesetze der Asso- ciation und der durch die Krankheit geschwäch- te Verstand, veranlassen im Seelenorgan eine solche Verwirrung, dass der Kranke gar nicht bey sich zu Hause zu seyn scheint, und es ihm fast unmöglich wird, sein Bewusstseyn an seine Person festzuhalten. Eine Fieberkranke sah, hörte und empfand bey Tage alles abnorm, vor 1. Fixer, partieller Wahnſinn, Melan- cholie. Der fixe Wahnſinn beſteht in einer Sinne darſtellen, und dieſem gemäſs handelte,
würde ein Verrückter, ein wachender Träumer ſeyn. Allein ſein Zuſtand gehörte zum fixen Wahn, ſo lang er nur einer Chimäre anhinge, wie es meiſtens in den chroniſchen Geiſteszer- rüttungen zu ſeyn pflegt, und die topiſche Ex- altation ſeiner Imagination würde die Urſache ſeiner fixen Idee ſeyn. Ein Mädchen ſah immer- hin ein groſses und fürchterliches Geſpenſt, der toskaniſche Mahler Spinello den Teufel neben ſich, der ihm vorrückte, daſs er ihn in einer ſo ſcheuſslichen Geſtalt gemahlt habe. Arnold l. c. 1. Th. 120 und 121 S. Käme es vor, daſs die- ſer Zuſtand der exaltirten Phantaſie ſich auf ihre ſämmtlichen Produkte erſtreckte, ſo würde er als eine eigne Art Seelenkrankheit aufgenom- men werden müſſen. Das Irrereden im Gefäſs- fieber ſcheint dieſer Natur zu ſeyn. In dem Kopf des Kranken läuft alles wild und tumul- tuariſch durch einander, die durch die Sinne erregten Ideen, ihre Täuſchung ohne Object, die Spiele des Gemeingefühls, die Produkte der Imagination, die aufgehobnen Geſetze der Aſſo- ciation und der durch die Krankheit geſchwäch- te Verſtand, veranlaſſen im Seelenorgan eine ſolche Verwirrung, daſs der Kranke gar nicht bey ſich zu Hauſe zu ſeyn ſcheint, und es ihm faſt unmöglich wird, ſein Bewuſstſeyn an ſeine Perſon feſtzuhalten. Eine Fieberkranke ſah, hörte und empfand bey Tage alles abnorm, vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0311" n="306"/> <div n="3"> <head>1. <hi rendition="#g">Fixer, partieller Wahnſinn, Melan-<lb/> cholie</hi>.</head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">fixe Wahnſinn</hi> beſteht <hi rendition="#g">in einer<lb/> partiellen Verkehrtheit des Vorſtel-</hi><lb/><note next="#seg2pn_5_3" xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="*)">Sinne darſtellen, und dieſem gemäſs handelte,<lb/> würde ein Verrückter, ein wachender Träumer<lb/> ſeyn. Allein ſein Zuſtand gehörte zum fixen<lb/> Wahn, ſo lang er nur einer Chimäre anhinge,<lb/> wie es meiſtens in den chroniſchen Geiſteszer-<lb/> rüttungen zu ſeyn pflegt, und die topiſche Ex-<lb/> altation ſeiner Imagination würde die Urſache<lb/> ſeiner fixen Idee ſeyn. Ein Mädchen ſah immer-<lb/> hin ein groſses und fürchterliches Geſpenſt, der<lb/> toskaniſche Mahler <hi rendition="#g">Spinello</hi> den Teufel neben<lb/> ſich, der ihm vorrückte, daſs er ihn in einer ſo<lb/> ſcheuſslichen Geſtalt gemahlt habe. <hi rendition="#g">Arnold</hi> l. c.<lb/> 1. Th. 120 und 121 S. Käme es vor, daſs die-<lb/> ſer Zuſtand der exaltirten Phantaſie ſich auf ihre<lb/> ſämmtlichen Produkte erſtreckte, ſo würde er<lb/> als eine eigne Art Seelenkrankheit aufgenom-<lb/> men werden müſſen. Das Irrereden im Gefäſs-<lb/> fieber ſcheint dieſer Natur zu ſeyn. In dem<lb/> Kopf des Kranken läuft alles wild und tumul-<lb/> tuariſch durch einander, die durch die Sinne<lb/> erregten Ideen, ihre Täuſchung ohne Object,<lb/> die Spiele des Gemeingefühls, die Produkte der<lb/> Imagination, die aufgehobnen Geſetze der Aſſo-<lb/> ciation und der durch die Krankheit geſchwäch-<lb/> te Verſtand, veranlaſſen im Seelenorgan eine<lb/> ſolche Verwirrung, daſs der Kranke gar nicht<lb/> bey ſich zu Hauſe zu ſeyn ſcheint, und es ihm<lb/> faſt unmöglich wird, ſein Bewuſstſeyn an ſeine<lb/> Perſon feſtzuhalten. Eine Fieberkranke ſah,<lb/> hörte und empfand bey Tage alles abnorm, vor</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0311]
1. Fixer, partieller Wahnſinn, Melan-
cholie.
Der fixe Wahnſinn beſteht in einer
partiellen Verkehrtheit des Vorſtel-
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*) Sinne darſtellen, und dieſem gemäſs handelte,
würde ein Verrückter, ein wachender Träumer
ſeyn. Allein ſein Zuſtand gehörte zum fixen
Wahn, ſo lang er nur einer Chimäre anhinge,
wie es meiſtens in den chroniſchen Geiſteszer-
rüttungen zu ſeyn pflegt, und die topiſche Ex-
altation ſeiner Imagination würde die Urſache
ſeiner fixen Idee ſeyn. Ein Mädchen ſah immer-
hin ein groſses und fürchterliches Geſpenſt, der
toskaniſche Mahler Spinello den Teufel neben
ſich, der ihm vorrückte, daſs er ihn in einer ſo
ſcheuſslichen Geſtalt gemahlt habe. Arnold l. c.
1. Th. 120 und 121 S. Käme es vor, daſs die-
ſer Zuſtand der exaltirten Phantaſie ſich auf ihre
ſämmtlichen Produkte erſtreckte, ſo würde er
als eine eigne Art Seelenkrankheit aufgenom-
men werden müſſen. Das Irrereden im Gefäſs-
fieber ſcheint dieſer Natur zu ſeyn. In dem
Kopf des Kranken läuft alles wild und tumul-
tuariſch durch einander, die durch die Sinne
erregten Ideen, ihre Täuſchung ohne Object,
die Spiele des Gemeingefühls, die Produkte der
Imagination, die aufgehobnen Geſetze der Aſſo-
ciation und der durch die Krankheit geſchwäch-
te Verſtand, veranlaſſen im Seelenorgan eine
ſolche Verwirrung, daſs der Kranke gar nicht
bey ſich zu Hauſe zu ſeyn ſcheint, und es ihm
faſt unmöglich wird, ſein Bewuſstſeyn an ſeine
Perſon feſtzuhalten. Eine Fieberkranke ſah,
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