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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Formationen und Regionen der Vegetation.
Stämme mit äusserst porösem Holze, an dem das Auge keine Spur
von Jahresringen erkennen kann, in der Regel mehrere Meter hoch
frei aufsteigen, sich dann einem benachbarten Baume zuwenden, ihn
mehrmals von links nach rechts umwinden und dann mit ihm zu an-
sehnlicher Höhe emporsteigen, um nicht selten darauf zu einem an-
deren Nachbar überzuspringen und auch hier durch mehrere kräftige
Windungen sich zu befestigen und zu stützen, worauf sie ihre Aeste
mehr oder minder frei mit denen ihrer Stütze mischen. Es muss
jedoch hervorgehoben werden, dass einzelne Arten Actinien diese
Bewegungen nur im Kleinen ausführen und wie Matatabi (Actinidia
polygama Planch.) sich desshalb immer nur Gebüschen oder niedrigen
Bäumen zugesellen. Die kletternden und schlingenden Magnoliaceen
haben ganz ähnliche Gewohnheiten, nur dass ihre Windungen von
rechts nach links erfolgen. Wo der Hochstamm fehlt, begnügen sie
sich mit einem Busch, ist auch dieser nicht vorhanden, so genügt
es ihnen auch wohl, über den Boden zu kriechen. Aber es ist im
schattigen Walde, wo sie ihre schönste Entwickelung erlangen. Kad-
sura japonica L., auch wohl Kurogane Modoshi, eiserner Schlinger,
genannt, ist nicht blos durch seine starke Korkbildung und das braun-
rothe Herbstkleid ausgezeichnet, sondern auch durch die grosse Elasti-
eität und Stärke seiner daumendicken Stämme, so dass diese vielfach
zur Befestigung von Stegen und sonst statt starker Taue benutzt
werden.

Die ausgebildetsten Schlingpflanzen der japanischen Wälder sind
indess Wistaria chinensis S. und Z. (Fuji) und die Lardizabaleen,
insbesondere Akebia quinata Decsne (Akebi Kadzura, A. tsuru) und
A. lobata (Mitsu-ba-Akebi, d. h. Dreiblatt-Akebie).

Die Wistaria schlingt 20--30 Meter hoch um die Hochstämme
im tiefen Waldesschatten, aber auch durch das lichte Gebüsch, und
wenn überhaupt keinerlei Stütze erreichbar, wohl auch frei um sich
selbst; die Akebien dagegen halten sich meist im Gebüsch und nicht
weit von den Waldrändern, wo von Aussen, insbesondere der Hara,
die krautartige Pueraria Thunbergiana Thbg. (Kudzu) sich durch das
Buschwerk windet und es allmählich mit ihren Ranken und violetten
Blüthentrauben ganz überdeckt.

Das Vorkommen der meisten vorerwähnten Lianen ist jedoch
keineswegs auf den blattabwerfenden Gebirgswald beschränkt, son-
dern erstreckt sich eben so gut auf den wintergrünen Laubwald des
Südens, in welchem lorbeerblätterige, glattrindige Eichen, Kampfer-
lorbeer und Verwandte, Ternstroemiaceen, namentlich Camellien,
Ilicium anisatum und Ilicineen die wichtigsten Bestandtheile bilden.

Formationen und Regionen der Vegetation.
Stämme mit äusserst porösem Holze, an dem das Auge keine Spur
von Jahresringen erkennen kann, in der Regel mehrere Meter hoch
frei aufsteigen, sich dann einem benachbarten Baume zuwenden, ihn
mehrmals von links nach rechts umwinden und dann mit ihm zu an-
sehnlicher Höhe emporsteigen, um nicht selten darauf zu einem an-
deren Nachbar überzuspringen und auch hier durch mehrere kräftige
Windungen sich zu befestigen und zu stützen, worauf sie ihre Aeste
mehr oder minder frei mit denen ihrer Stütze mischen. Es muss
jedoch hervorgehoben werden, dass einzelne Arten Actinien diese
Bewegungen nur im Kleinen ausführen und wie Matatabi (Actinidia
polygama Planch.) sich desshalb immer nur Gebüschen oder niedrigen
Bäumen zugesellen. Die kletternden und schlingenden Magnoliaceen
haben ganz ähnliche Gewohnheiten, nur dass ihre Windungen von
rechts nach links erfolgen. Wo der Hochstamm fehlt, begnügen sie
sich mit einem Busch, ist auch dieser nicht vorhanden, so genügt
es ihnen auch wohl, über den Boden zu kriechen. Aber es ist im
schattigen Walde, wo sie ihre schönste Entwickelung erlangen. Kad-
sura japonica L., auch wohl Kurogane Modoshi, eiserner Schlinger,
genannt, ist nicht blos durch seine starke Korkbildung und das braun-
rothe Herbstkleid ausgezeichnet, sondern auch durch die grosse Elasti-
eität und Stärke seiner daumendicken Stämme, so dass diese vielfach
zur Befestigung von Stegen und sonst statt starker Taue benutzt
werden.

Die ausgebildetsten Schlingpflanzen der japanischen Wälder sind
indess Wistaria chinensis S. und Z. (Fuji) und die Lardizabaleen,
insbesondere Akebia quinata Decsne (Akebi Kadzura, A. tsuru) und
A. lobata (Mitsu-ba-Akebi, d. h. Dreiblatt-Akebie).

Die Wistaria schlingt 20—30 Meter hoch um die Hochstämme
im tiefen Waldesschatten, aber auch durch das lichte Gebüsch, und
wenn überhaupt keinerlei Stütze erreichbar, wohl auch frei um sich
selbst; die Akebien dagegen halten sich meist im Gebüsch und nicht
weit von den Waldrändern, wo von Aussen, insbesondere der Hara,
die krautartige Pueraria Thunbergiana Thbg. (Kudzu) sich durch das
Buschwerk windet und es allmählich mit ihren Ranken und violetten
Blüthentrauben ganz überdeckt.

Das Vorkommen der meisten vorerwähnten Lianen ist jedoch
keineswegs auf den blattabwerfenden Gebirgswald beschränkt, son-
dern erstreckt sich eben so gut auf den wintergrünen Laubwald des
Südens, in welchem lorbeerblätterige, glattrindige Eichen, Kampfer-
lorbeer und Verwandte, Ternstroemiaceen, namentlich Camellien,
Ilicium anisatum und Ilicineen die wichtigsten Bestandtheile bilden.

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[169/0191] Formationen und Regionen der Vegetation. Stämme mit äusserst porösem Holze, an dem das Auge keine Spur von Jahresringen erkennen kann, in der Regel mehrere Meter hoch frei aufsteigen, sich dann einem benachbarten Baume zuwenden, ihn mehrmals von links nach rechts umwinden und dann mit ihm zu an- sehnlicher Höhe emporsteigen, um nicht selten darauf zu einem an- deren Nachbar überzuspringen und auch hier durch mehrere kräftige Windungen sich zu befestigen und zu stützen, worauf sie ihre Aeste mehr oder minder frei mit denen ihrer Stütze mischen. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass einzelne Arten Actinien diese Bewegungen nur im Kleinen ausführen und wie Matatabi (Actinidia polygama Planch.) sich desshalb immer nur Gebüschen oder niedrigen Bäumen zugesellen. Die kletternden und schlingenden Magnoliaceen haben ganz ähnliche Gewohnheiten, nur dass ihre Windungen von rechts nach links erfolgen. Wo der Hochstamm fehlt, begnügen sie sich mit einem Busch, ist auch dieser nicht vorhanden, so genügt es ihnen auch wohl, über den Boden zu kriechen. Aber es ist im schattigen Walde, wo sie ihre schönste Entwickelung erlangen. Kad- sura japonica L., auch wohl Kurogane Modoshi, eiserner Schlinger, genannt, ist nicht blos durch seine starke Korkbildung und das braun- rothe Herbstkleid ausgezeichnet, sondern auch durch die grosse Elasti- eität und Stärke seiner daumendicken Stämme, so dass diese vielfach zur Befestigung von Stegen und sonst statt starker Taue benutzt werden. Die ausgebildetsten Schlingpflanzen der japanischen Wälder sind indess Wistaria chinensis S. und Z. (Fuji) und die Lardizabaleen, insbesondere Akebia quinata Decsne (Akebi Kadzura, A. tsuru) und A. lobata (Mitsu-ba-Akebi, d. h. Dreiblatt-Akebie). Die Wistaria schlingt 20—30 Meter hoch um die Hochstämme im tiefen Waldesschatten, aber auch durch das lichte Gebüsch, und wenn überhaupt keinerlei Stütze erreichbar, wohl auch frei um sich selbst; die Akebien dagegen halten sich meist im Gebüsch und nicht weit von den Waldrändern, wo von Aussen, insbesondere der Hara, die krautartige Pueraria Thunbergiana Thbg. (Kudzu) sich durch das Buschwerk windet und es allmählich mit ihren Ranken und violetten Blüthentrauben ganz überdeckt. Das Vorkommen der meisten vorerwähnten Lianen ist jedoch keineswegs auf den blattabwerfenden Gebirgswald beschränkt, son- dern erstreckt sich eben so gut auf den wintergrünen Laubwald des Südens, in welchem lorbeerblätterige, glattrindige Eichen, Kampfer- lorbeer und Verwandte, Ternstroemiaceen, namentlich Camellien, Ilicium anisatum und Ilicineen die wichtigsten Bestandtheile bilden.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/191>, abgerufen am 23.11.2024.