Den Krustenthieren Japans hatten v. Siebold und andere Ge- lehrte der holländischen Colonie zu Deshima viel Aufmerksamkeit zugewandt und für das von ihnen gesammelte Material in W. de Haan einen vortrefflichen Bearbeiter gefunden. Die lange Liste von zum Theil sehr interessanten Arten, welche dadurch bekannt wurden, ist durch spätere Funde noch wesentlich bereichert und erweitert worden.
Unter Kani (gani) versteht man im allgemeinen in Japan eine Krabbe, unter Yebi (ebi) die eigentlichen Krebse oder Macruren.
Der Flusskrebs (Astacus japonicus) scheint auf Yezo beschränkt zu sein; denn wenn von Kaempfer und von Anderen sein Vorkommen in Alt-Japan erwähnt wird, so beruht dies, wie bereits v. Martens hervorgehoben hat, auf Verwechselungen mit verschiedenen Seekrebsen. Dagegen weisen die süssen Gewässer der japanischen Inseln wenig- stens ein halbes Dutzend Arten Krabben auf, von denen einige sehr häufig sind. Diese Süsswasserkrabben unterscheiden sich in ihrer Lebensweise ebenso sehr von den Landkrabben als auch von den Küstenkrabben tropischer Gegenden, einmal dadurch, dass diese nur Nachts ihre Schlupfwinkel -- selbstgegrabene Löcher im Thonboden oder Dünensande -- verlassen und nach Nahrung suchen, wie nicht minder dadurch, dass beide Categorien das süsse Wasser meiden, dagegen zeitweise das Meer aufsuchen, wenn auch nur, um darin zu laichen. Die japanische Süsswasserkrabbe wohnt dagegen in der Regel, ähnlich wie der Flusskrebs, in Uferlöchern, und zwar meist über dem Wasserstande und kommt oft auch am Tage, besonders bei Regen, gleich Landschnecken aus ihrem Verstecke hervor, um sich mit ihres Gleichen munter umherzutummeln und zuweilen weite Wan- derungen anzustellen. So treffen wir eine kleine Art (Sesarma hae- matochir Haan) oft im Gebirge, so dass ihr japanischer Name Yama- gani, Bergkrabbe, ganz passend ist. Auch S. quadrata Haan geht oft weit vom Wasser weg, während verschiedene Telphusen die nassen Reisfelder vorziehen, wie Telphusa Berardi, welche die T. fluviatilis der Mittelmeerländer vertritt. Eine viel grössere Art soll nur im Katsura-gawa westlich von Kioto vorkommen und scheint bis jetzt noch nicht beschrieben zu sein. Auch Garneelen, Palaemon (Kawa- yebi) und selbst Amphipoden, wie Gammarus, ferner Kugelasseln, Sphaeroma, findet man in den Flüssen und Reisgräben. Doch der Haupttummelplatz der Krustenthiere ist auch hier das Meer. Mit dem Südwestmonsun und tropischen Fischen, doch auch in Gesellschaft von Häringen und Makrelen erscheinen ganze Schaaren von Lupa
Crustaceen.
g. Crustaceen.
Den Krustenthieren Japans hatten v. Siebold und andere Ge- lehrte der holländischen Colonie zu Deshima viel Aufmerksamkeit zugewandt und für das von ihnen gesammelte Material in W. de Haan einen vortrefflichen Bearbeiter gefunden. Die lange Liste von zum Theil sehr interessanten Arten, welche dadurch bekannt wurden, ist durch spätere Funde noch wesentlich bereichert und erweitert worden.
Unter Kani (gani) versteht man im allgemeinen in Japan eine Krabbe, unter Yebi (ebi) die eigentlichen Krebse oder Macruren.
Der Flusskrebs (Astacus japonicus) scheint auf Yezo beschränkt zu sein; denn wenn von Kaempfer und von Anderen sein Vorkommen in Alt-Japan erwähnt wird, so beruht dies, wie bereits v. Martens hervorgehoben hat, auf Verwechselungen mit verschiedenen Seekrebsen. Dagegen weisen die süssen Gewässer der japanischen Inseln wenig- stens ein halbes Dutzend Arten Krabben auf, von denen einige sehr häufig sind. Diese Süsswasserkrabben unterscheiden sich in ihrer Lebensweise ebenso sehr von den Landkrabben als auch von den Küstenkrabben tropischer Gegenden, einmal dadurch, dass diese nur Nachts ihre Schlupfwinkel — selbstgegrabene Löcher im Thonboden oder Dünensande — verlassen und nach Nahrung suchen, wie nicht minder dadurch, dass beide Categorien das süsse Wasser meiden, dagegen zeitweise das Meer aufsuchen, wenn auch nur, um darin zu laichen. Die japanische Süsswasserkrabbe wohnt dagegen in der Regel, ähnlich wie der Flusskrebs, in Uferlöchern, und zwar meist über dem Wasserstande und kommt oft auch am Tage, besonders bei Regen, gleich Landschnecken aus ihrem Verstecke hervor, um sich mit ihres Gleichen munter umherzutummeln und zuweilen weite Wan- derungen anzustellen. So treffen wir eine kleine Art (Sesarma hae- matochir Haan) oft im Gebirge, so dass ihr japanischer Name Yama- gani, Bergkrabbe, ganz passend ist. Auch S. quadrata Haan geht oft weit vom Wasser weg, während verschiedene Telphusen die nassen Reisfelder vorziehen, wie Telphusa Berardi, welche die T. fluviatilis der Mittelmeerländer vertritt. Eine viel grössere Art soll nur im Katsura-gawa westlich von Kiôto vorkommen und scheint bis jetzt noch nicht beschrieben zu sein. Auch Garneelen, Palaemon (Kawa- yebi) und selbst Amphipoden, wie Gammarus, ferner Kugelasseln, Sphaeroma, findet man in den Flüssen und Reisgräben. Doch der Haupttummelplatz der Krustenthiere ist auch hier das Meer. Mit dem Südwestmonsun und tropischen Fischen, doch auch in Gesellschaft von Häringen und Makrelen erscheinen ganze Schaaren von Lupa
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Crustaceen.
g. Crustaceen.
Den Krustenthieren Japans hatten v. Siebold und andere Ge-
lehrte der holländischen Colonie zu Deshima viel Aufmerksamkeit
zugewandt und für das von ihnen gesammelte Material in W. de Haan
einen vortrefflichen Bearbeiter gefunden. Die lange Liste von zum
Theil sehr interessanten Arten, welche dadurch bekannt wurden, ist
durch spätere Funde noch wesentlich bereichert und erweitert worden.
Unter Kani (gani) versteht man im allgemeinen in Japan eine
Krabbe, unter Yebi (ebi) die eigentlichen Krebse oder Macruren.
Der Flusskrebs (Astacus japonicus) scheint auf Yezo beschränkt zu
sein; denn wenn von Kaempfer und von Anderen sein Vorkommen
in Alt-Japan erwähnt wird, so beruht dies, wie bereits v. Martens
hervorgehoben hat, auf Verwechselungen mit verschiedenen Seekrebsen.
Dagegen weisen die süssen Gewässer der japanischen Inseln wenig-
stens ein halbes Dutzend Arten Krabben auf, von denen einige sehr
häufig sind. Diese Süsswasserkrabben unterscheiden sich in ihrer
Lebensweise ebenso sehr von den Landkrabben als auch von den
Küstenkrabben tropischer Gegenden, einmal dadurch, dass diese nur
Nachts ihre Schlupfwinkel — selbstgegrabene Löcher im Thonboden
oder Dünensande — verlassen und nach Nahrung suchen, wie nicht
minder dadurch, dass beide Categorien das süsse Wasser meiden,
dagegen zeitweise das Meer aufsuchen, wenn auch nur, um darin zu
laichen. Die japanische Süsswasserkrabbe wohnt dagegen in der
Regel, ähnlich wie der Flusskrebs, in Uferlöchern, und zwar meist
über dem Wasserstande und kommt oft auch am Tage, besonders bei
Regen, gleich Landschnecken aus ihrem Verstecke hervor, um sich
mit ihres Gleichen munter umherzutummeln und zuweilen weite Wan-
derungen anzustellen. So treffen wir eine kleine Art (Sesarma hae-
matochir Haan) oft im Gebirge, so dass ihr japanischer Name Yama-
gani, Bergkrabbe, ganz passend ist. Auch S. quadrata Haan geht
oft weit vom Wasser weg, während verschiedene Telphusen die nassen
Reisfelder vorziehen, wie Telphusa Berardi, welche die T. fluviatilis
der Mittelmeerländer vertritt. Eine viel grössere Art soll nur im
Katsura-gawa westlich von Kiôto vorkommen und scheint bis jetzt
noch nicht beschrieben zu sein. Auch Garneelen, Palaemon (Kawa-
yebi) und selbst Amphipoden, wie Gammarus, ferner Kugelasseln,
Sphaeroma, findet man in den Flüssen und Reisgräben. Doch der
Haupttummelplatz der Krustenthiere ist auch hier das Meer. Mit dem
Südwestmonsun und tropischen Fischen, doch auch in Gesellschaft
von Häringen und Makrelen erscheinen ganze Schaaren von Lupa
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/257>, abgerufen am 24.11.2024.
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