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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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2. Periode. Von der Gründung der Hauptstadt Kioto etc.
der eines Sei-i-tai-Shogun, zu belehnen, die von nun ab in der
Familie der Minamoto erblich wurde.

Der Titel Shogun erhielt jetzt eine neue, höhere Bedeutung.
Früher war es eine gewöhnliche Bezeichnung der Generäle, und in
dieser Anwendung redet man auch von den Taira-Shogunen des Südens
und Westens; von jetzt ab änderte sich aber die Natur der Würde,
indem mit ihrer Erblichkeit der Dualismus im Staate eine feste,
dauernde Gestalt annahm. Von nun an waren die Shogune formell
die ersten Vasallen, factisch aber die wahren Herren des Landes.

Das Feudalwesen, welches sich schon seit einigen Jahrhunderten
langsam entwickelt hatte, erhielt durch Yoritomo seine systematische
Ausbildung, so dass Viele ihn als den Begründer desselben ansehen.

Yoritomo besuchte Kioto zum zweiten Mal im Jahre 1195 und
starb zu Kamakura in Folge eines Sturzes vom Pferde im Jahre 1199.
Auf einem Hügel unweit des grossen Tempels zeigt man sein ein-
faches Grab. Während der letzten 10 Jahre seiner Herrschaft hatte
das Land im Genusse des bürgerlichen Friedens und guter Gesetze
sich von den Drangsalen des Krieges erholt und befand sich in neuer
Blüthe. Dies war besonders sein Verdienst, und darum steht er unter
den hervorragendsten Männern der japanischen Geschichte.

Er war ein Mann von imponierender Gestalt, tapfer, unwandel-
bar kaltblütig und sehr energisch, auch im allgemeinen gerecht und
jederzeit bereit, den Missethäter ohne Mitleid zu bestrafen und das
Verdienst zu belohnen, wo er es fand. Mit diesen vielen löblichen
Eigenschaften vereinte er jedoch grosse Selbstsucht, Arglist und Grau-
samkeit. Für die Hebung des Nährstandes und der Landwirthschaft,
des Rechtsbewusstseins und der persönlichen Sicherheit hat er viel
gethan. Seinem Einflusse dankt man es vor allem, dass im Kuwanto
und im ganzen Tokaido manche wüste Strecke bevölkert und in
blühende Reisfelder umgewandelt wurde. Indem er eine allgemeine
Abgabe von etwa 2 % des Feldertrages einführte, steuerte er der
Willkür, ebenso durch Errichtung eines Tribunals zur Entscheidung
von Klagesachen. Den Priestern verbot er, Waffen zu tragen oder
Bewaffnete in Dienst zu nehmen.

Gegen den Hof in Kioto benahm sich Yoritomo stets zuvorkommend
und versäumte nie, für alle seine Neuerungen des Mikado Sanction
einzuholen, die ihm natürlich nicht verweigert wurde. So erlangte
er dessen Zustimmung zur Ernennung von fünf Gouverneuren von
Provinzen, deren Stellung erblich sein sollte und womit er fünf Glie-
der seiner Familie belohnte. Sein Schwiegervater wurde Militär-
gouverneur von Kioto, und auch für viele andere Hojo fanden sich

2. Periode. Von der Gründung der Hauptstadt Kiôto etc.
der eines Sei-i-tai-Shôgun, zu belehnen, die von nun ab in der
Familie der Minamoto erblich wurde.

Der Titel Shôgun erhielt jetzt eine neue, höhere Bedeutung.
Früher war es eine gewöhnliche Bezeichnung der Generäle, und in
dieser Anwendung redet man auch von den Taira-Shôgunen des Südens
und Westens; von jetzt ab änderte sich aber die Natur der Würde,
indem mit ihrer Erblichkeit der Dualismus im Staate eine feste,
dauernde Gestalt annahm. Von nun an waren die Shôgune formell
die ersten Vasallen, factisch aber die wahren Herren des Landes.

Das Feudalwesen, welches sich schon seit einigen Jahrhunderten
langsam entwickelt hatte, erhielt durch Yoritomo seine systematische
Ausbildung, so dass Viele ihn als den Begründer desselben ansehen.

Yoritomo besuchte Kiôto zum zweiten Mal im Jahre 1195 und
starb zu Kamakura in Folge eines Sturzes vom Pferde im Jahre 1199.
Auf einem Hügel unweit des grossen Tempels zeigt man sein ein-
faches Grab. Während der letzten 10 Jahre seiner Herrschaft hatte
das Land im Genusse des bürgerlichen Friedens und guter Gesetze
sich von den Drangsalen des Krieges erholt und befand sich in neuer
Blüthe. Dies war besonders sein Verdienst, und darum steht er unter
den hervorragendsten Männern der japanischen Geschichte.

Er war ein Mann von imponierender Gestalt, tapfer, unwandel-
bar kaltblütig und sehr energisch, auch im allgemeinen gerecht und
jederzeit bereit, den Missethäter ohne Mitleid zu bestrafen und das
Verdienst zu belohnen, wo er es fand. Mit diesen vielen löblichen
Eigenschaften vereinte er jedoch grosse Selbstsucht, Arglist und Grau-
samkeit. Für die Hebung des Nährstandes und der Landwirthschaft,
des Rechtsbewusstseins und der persönlichen Sicherheit hat er viel
gethan. Seinem Einflusse dankt man es vor allem, dass im Kuwantô
und im ganzen Tôkaidô manche wüste Strecke bevölkert und in
blühende Reisfelder umgewandelt wurde. Indem er eine allgemeine
Abgabe von etwa 2 % des Feldertrages einführte, steuerte er der
Willkür, ebenso durch Errichtung eines Tribunals zur Entscheidung
von Klagesachen. Den Priestern verbot er, Waffen zu tragen oder
Bewaffnete in Dienst zu nehmen.

Gegen den Hof in Kiôto benahm sich Yoritomo stets zuvorkommend
und versäumte nie, für alle seine Neuerungen des Mikado Sanction
einzuholen, die ihm natürlich nicht verweigert wurde. So erlangte
er dessen Zustimmung zur Ernennung von fünf Gouverneuren von
Provinzen, deren Stellung erblich sein sollte und womit er fünf Glie-
der seiner Familie belohnte. Sein Schwiegervater wurde Militär-
gouverneur von Kiôto, und auch für viele andere Hôjô fanden sich

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[277/0303] 2. Periode. Von der Gründung der Hauptstadt Kiôto etc. der eines Sei-i-tai-Shôgun, zu belehnen, die von nun ab in der Familie der Minamoto erblich wurde. Der Titel Shôgun erhielt jetzt eine neue, höhere Bedeutung. Früher war es eine gewöhnliche Bezeichnung der Generäle, und in dieser Anwendung redet man auch von den Taira-Shôgunen des Südens und Westens; von jetzt ab änderte sich aber die Natur der Würde, indem mit ihrer Erblichkeit der Dualismus im Staate eine feste, dauernde Gestalt annahm. Von nun an waren die Shôgune formell die ersten Vasallen, factisch aber die wahren Herren des Landes. Das Feudalwesen, welches sich schon seit einigen Jahrhunderten langsam entwickelt hatte, erhielt durch Yoritomo seine systematische Ausbildung, so dass Viele ihn als den Begründer desselben ansehen. Yoritomo besuchte Kiôto zum zweiten Mal im Jahre 1195 und starb zu Kamakura in Folge eines Sturzes vom Pferde im Jahre 1199. Auf einem Hügel unweit des grossen Tempels zeigt man sein ein- faches Grab. Während der letzten 10 Jahre seiner Herrschaft hatte das Land im Genusse des bürgerlichen Friedens und guter Gesetze sich von den Drangsalen des Krieges erholt und befand sich in neuer Blüthe. Dies war besonders sein Verdienst, und darum steht er unter den hervorragendsten Männern der japanischen Geschichte. Er war ein Mann von imponierender Gestalt, tapfer, unwandel- bar kaltblütig und sehr energisch, auch im allgemeinen gerecht und jederzeit bereit, den Missethäter ohne Mitleid zu bestrafen und das Verdienst zu belohnen, wo er es fand. Mit diesen vielen löblichen Eigenschaften vereinte er jedoch grosse Selbstsucht, Arglist und Grau- samkeit. Für die Hebung des Nährstandes und der Landwirthschaft, des Rechtsbewusstseins und der persönlichen Sicherheit hat er viel gethan. Seinem Einflusse dankt man es vor allem, dass im Kuwantô und im ganzen Tôkaidô manche wüste Strecke bevölkert und in blühende Reisfelder umgewandelt wurde. Indem er eine allgemeine Abgabe von etwa 2 % des Feldertrages einführte, steuerte er der Willkür, ebenso durch Errichtung eines Tribunals zur Entscheidung von Klagesachen. Den Priestern verbot er, Waffen zu tragen oder Bewaffnete in Dienst zu nehmen. Gegen den Hof in Kiôto benahm sich Yoritomo stets zuvorkommend und versäumte nie, für alle seine Neuerungen des Mikado Sanction einzuholen, die ihm natürlich nicht verweigert wurde. So erlangte er dessen Zustimmung zur Ernennung von fünf Gouverneuren von Provinzen, deren Stellung erblich sein sollte und womit er fünf Glie- der seiner Familie belohnte. Sein Schwiegervater wurde Militär- gouverneur von Kiôto, und auch für viele andere Hôjô fanden sich

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/303>, abgerufen am 22.11.2024.