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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
Hauptsporn, und so wird man nicht fehl gehen, anzunehmen, dass die
erwähnte Invasion zum Theil dadurch hervorgerufen wurde.

Das erwähnte Ereigniss hatte auf die inneren Zustände Japans
keinen erkennbaren Einfluss. Allem gesunden Menschenverstande zum
Hohne nahmen nach wie vor Kinder in Kioto den Thron ein, Kinder
in Kamakura als Shogune ihre Stelle in der Verwaltung des Landes
und endlich Glieder der Hojofamilie, die ebenfalls oft unmündig
waren, die Administration oder Regentschaft an Stelle der Shogune.
Auf allen drei Stufen, in der Würde des Mikado, Shogun und Shukken
bestand schliesslich streng geregelte Erblichkeit, wonach kein Hojo
Shukken jemals Shogun werden, kein Minamoto oder Fujiwara den
Thron einnehmen konnte. Sobald die Kinder-Mikado, -Shogune,
-Shukken mündig und einigermassen selbständig geworden waren, ab-
dicierten sie freiwillig oder gezwungen zu Gunsten ihrer nächsten
Verwandten, liessen sich den Kopf rasieren und in einen buddhisti-
schen Mönchsorden aufnehmen, der ihnen keinerlei Entsagung aufer-
legte und in gar mancher Intrigue behilflich war. Der entartete
Buddhismus entfaltete seine grösste Macht; ihm war die Confusion
und Machtlosigkeit der regierenden Häuser nur willkommen.

Hojo Sadatoki, Shukken von 1284--1300, spielte mit den Mikado
und Shogunen, deren Macht nur eine nominelle war, wie mit Puppen,
dankte sie ab und erhob andere an ihre Stelle nach Gutdünken.
Gegen das Jahr 1290 gab es in Kioto neben Fushimi-Tenno,
dem regierenden Mikado, nicht weniger als drei depossedierte,
nämlich Fukakusa II., der Vater von Fushimi-Tenno, Kameyama,
jüngerer Bruder des Fukakusa, und Uda II. (Go-Uda), Sohn des
vorigen, der dann mit 20 Jahren zu Gunsten seines Vetters Fushimi
abdiciert hatte. Auch lebte damals in Kioto der Ex-Shogun Kore-
yasu, den man seinem Vater Munetaka in die Verbannung nach-
geschickt hatte. Als Shogun fungierte in Kamakura ein jüngerer Sohn
des Go-Fukakusa, also Bruder des herrschenden Mikado Fushimi-
Tenno, Namens Hisa-Akira. Endlich dankte der Shukken Sadatoki
im Jahre 1300 selbst zu Gunsten seines Adoptivsohnes Morotoki
ab, blieb aber bis zu seinem Tode 1311 factisch der Regent des
Landes. Morotoki starb im nämlichen Jahre. Es folgte ihm als
Shukken Hojo Takatoki, der neunjährige Sohn des Takakoki, der,
obgleich er im Jahre 1326 abdankte und andere Titulare ihm folgten,
doch bis zum Untergange des Hauses Hojo thatsächlich die Regie-
rung führte. Diese längst erwartete und von vielen herbeigesehnte
Katastrophe rückte endlich im Jahre 1333 heran. Glieder der Familie
Minamoto waren es wiederum, welche dem übermächtig gewordenen

I. Geschichte des japanischen Volkes.
Hauptsporn, und so wird man nicht fehl gehen, anzunehmen, dass die
erwähnte Invasion zum Theil dadurch hervorgerufen wurde.

Das erwähnte Ereigniss hatte auf die inneren Zustände Japans
keinen erkennbaren Einfluss. Allem gesunden Menschenverstande zum
Hohne nahmen nach wie vor Kinder in Kiôto den Thron ein, Kinder
in Kamakura als Shôgune ihre Stelle in der Verwaltung des Landes
und endlich Glieder der Hôjôfamilie, die ebenfalls oft unmündig
waren, die Administration oder Regentschaft an Stelle der Shôgune.
Auf allen drei Stufen, in der Würde des Mikado, Shôgun und Shukken
bestand schliesslich streng geregelte Erblichkeit, wonach kein Hôjô
Shukken jemals Shôgun werden, kein Minamoto oder Fujiwara den
Thron einnehmen konnte. Sobald die Kinder-Mikado, -Shôgune,
-Shukken mündig und einigermassen selbständig geworden waren, ab-
dicierten sie freiwillig oder gezwungen zu Gunsten ihrer nächsten
Verwandten, liessen sich den Kopf rasieren und in einen buddhisti-
schen Mönchsorden aufnehmen, der ihnen keinerlei Entsagung aufer-
legte und in gar mancher Intrigue behilflich war. Der entartete
Buddhismus entfaltete seine grösste Macht; ihm war die Confusion
und Machtlosigkeit der regierenden Häuser nur willkommen.

Hôjô Sadatoki, Shukken von 1284—1300, spielte mit den Mikado
und Shôgunen, deren Macht nur eine nominelle war, wie mit Puppen,
dankte sie ab und erhob andere an ihre Stelle nach Gutdünken.
Gegen das Jahr 1290 gab es in Kiôto neben Fushimi-Tennô,
dem regierenden Mikado, nicht weniger als drei depossedierte,
nämlich Fukakusa II., der Vater von Fushimi-Tennô, Kameyama,
jüngerer Bruder des Fukakusa, und Uda II. (Go-Uda), Sohn des
vorigen, der dann mit 20 Jahren zu Gunsten seines Vetters Fushimi
abdiciert hatte. Auch lebte damals in Kiôto der Ex-Shôgun Kore-
yasu, den man seinem Vater Munetaka in die Verbannung nach-
geschickt hatte. Als Shôgun fungierte in Kamakura ein jüngerer Sohn
des Go-Fukakusa, also Bruder des herrschenden Mikado Fushimi-
Tennô, Namens Hisa-Akira. Endlich dankte der Shukken Sadatoki
im Jahre 1300 selbst zu Gunsten seines Adoptivsohnes Morotoki
ab, blieb aber bis zu seinem Tode 1311 factisch der Regent des
Landes. Morotoki starb im nämlichen Jahre. Es folgte ihm als
Shukken Hôjô Takatoki, der neunjährige Sohn des Takakoki, der,
obgleich er im Jahre 1326 abdankte und andere Titulare ihm folgten,
doch bis zum Untergange des Hauses Hôjô thatsächlich die Regie-
rung führte. Diese längst erwartete und von vielen herbeigesehnte
Katastrophe rückte endlich im Jahre 1333 heran. Glieder der Familie
Minamoto waren es wiederum, welche dem übermächtig gewordenen

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[288/0314] I. Geschichte des japanischen Volkes. Hauptsporn, und so wird man nicht fehl gehen, anzunehmen, dass die erwähnte Invasion zum Theil dadurch hervorgerufen wurde. Das erwähnte Ereigniss hatte auf die inneren Zustände Japans keinen erkennbaren Einfluss. Allem gesunden Menschenverstande zum Hohne nahmen nach wie vor Kinder in Kiôto den Thron ein, Kinder in Kamakura als Shôgune ihre Stelle in der Verwaltung des Landes und endlich Glieder der Hôjôfamilie, die ebenfalls oft unmündig waren, die Administration oder Regentschaft an Stelle der Shôgune. Auf allen drei Stufen, in der Würde des Mikado, Shôgun und Shukken bestand schliesslich streng geregelte Erblichkeit, wonach kein Hôjô Shukken jemals Shôgun werden, kein Minamoto oder Fujiwara den Thron einnehmen konnte. Sobald die Kinder-Mikado, -Shôgune, -Shukken mündig und einigermassen selbständig geworden waren, ab- dicierten sie freiwillig oder gezwungen zu Gunsten ihrer nächsten Verwandten, liessen sich den Kopf rasieren und in einen buddhisti- schen Mönchsorden aufnehmen, der ihnen keinerlei Entsagung aufer- legte und in gar mancher Intrigue behilflich war. Der entartete Buddhismus entfaltete seine grösste Macht; ihm war die Confusion und Machtlosigkeit der regierenden Häuser nur willkommen. Hôjô Sadatoki, Shukken von 1284—1300, spielte mit den Mikado und Shôgunen, deren Macht nur eine nominelle war, wie mit Puppen, dankte sie ab und erhob andere an ihre Stelle nach Gutdünken. Gegen das Jahr 1290 gab es in Kiôto neben Fushimi-Tennô, dem regierenden Mikado, nicht weniger als drei depossedierte, nämlich Fukakusa II., der Vater von Fushimi-Tennô, Kameyama, jüngerer Bruder des Fukakusa, und Uda II. (Go-Uda), Sohn des vorigen, der dann mit 20 Jahren zu Gunsten seines Vetters Fushimi abdiciert hatte. Auch lebte damals in Kiôto der Ex-Shôgun Kore- yasu, den man seinem Vater Munetaka in die Verbannung nach- geschickt hatte. Als Shôgun fungierte in Kamakura ein jüngerer Sohn des Go-Fukakusa, also Bruder des herrschenden Mikado Fushimi- Tennô, Namens Hisa-Akira. Endlich dankte der Shukken Sadatoki im Jahre 1300 selbst zu Gunsten seines Adoptivsohnes Morotoki ab, blieb aber bis zu seinem Tode 1311 factisch der Regent des Landes. Morotoki starb im nämlichen Jahre. Es folgte ihm als Shukken Hôjô Takatoki, der neunjährige Sohn des Takakoki, der, obgleich er im Jahre 1326 abdankte und andere Titulare ihm folgten, doch bis zum Untergange des Hauses Hôjô thatsächlich die Regie- rung führte. Diese längst erwartete und von vielen herbeigesehnte Katastrophe rückte endlich im Jahre 1333 heran. Glieder der Familie Minamoto waren es wiederum, welche dem übermächtig gewordenen

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/314>, abgerufen am 22.11.2024.