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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
Norden, aus Kotsuke und Musashi, und die sie brachten, waren
Nitta-Yoshisada und Ashikaga-Taka-uji, die nun in den
Vordergrund der Geschichte treten. Der gemeinsame Vorfahr beider
ist jener Minamoto Yoriiye, welcher sich in der 2. Hälfte des 11. Jahr-
hunderts gegen die Emishi in Mutsu so sehr hervorthat, dass er als
Hachiman-Taro in der japanischen Geschichte fortlebt. Der dritte
Sohn dieses Yoriiye hatte zwei Söhne, von denen der ältere seinem
Vater in der Feudalherrschaft von Nitta in Kotsuke folgte, der jüngere
aber durch einen Verwandten die Herrschaft Ashikaga in Shimotsuke
erhielt.

Nitta-Yoshisada, eine hervorragende Heldengestalt in Japans Ge-
schichte, der, wie sein Sohn, bis zu seinem Tode die Sache des Mikado
wacker verfocht, war als Kapitän in der Hojo-Armee gegen Kusunoki
gesandt worden, hatte aber dann mit diesem gemeinsame Sache ge-
macht. Darauf war er nach Kotsuke geeilt, um hier sein weisses
Banner gegen die Hojo aufzurichten. Die Feudalherren des Kuwanto,
welche meistens ihre Lehen den Minamoto verdankten, sammelten
sich unter demselben mit ihrem Gefolge in grosser Zahl. Dreizehn
Tage später erschien Yoshisada bereits mit einer stattlichen Armee
vor Kamakura, um es anzugreifen. Am Tage zuvor lagerte dieselbe
am flachen Strande bei Inamura-saki, nicht weit von Enoshima in
Sagami. Hier trug Nitta-Yoshisada vor seinen Truppen am Vorabend
des Kampfes den Göttern im Gebete seine Absicht vor, dem Mikado
wieder zu seinem guten alten Rechte zu verhelfen, und bat insbe-
sondere Compira, den japanischen Neptun, um seine Hülfe, damit
die Fluthen sich zurückziehen und seinem Heere sich ein Pfad längs
des Strandes öffnen möge. Dann schleuderte er sein Schwert als
Opfer in die Wellen*). Am anderen Morgen war das Wasser zurück-
gewichen. Die Soldaten betrachteten es als ein Zeichen der gött-
lichen Gunst, gingen freudig von drei Seiten in den Kampf, in
welchem ihr Führer Wunder der Tapferkeit verrichtete, und nahmen
nach wenigen Stunden schweren Kampfes Kamakura. Die grosse
Stadt wurde mit ihren meisten Baudenkmälern und Kunstschätzen
ein Raub der Flammen. Manches hervorragende Glied der Hojo-
familie war nach tapferer Wehr im Kampfe gefallen, die meisten
anderen zogen das Harakiri der Gefangenschaft vor, darunter auch
Takatoki**).

*) Eine Vignette auf dem japanischen Papiergelde stellt diesen Act dar.
**) So in der Schrift: Le Japon a l'exposition universelle de 1878. Nach
anderen Angaben wurde Takatoki in ein Gefängniss geworfen, wo er verhungerte.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
Norden, aus Kotsuke und Musashi, und die sie brachten, waren
Nitta-Yoshisada und Ashikaga-Taka-uji, die nun in den
Vordergrund der Geschichte treten. Der gemeinsame Vorfahr beider
ist jener Minamoto Yoriiye, welcher sich in der 2. Hälfte des 11. Jahr-
hunderts gegen die Emishi in Mutsu so sehr hervorthat, dass er als
Hachiman-Taro in der japanischen Geschichte fortlebt. Der dritte
Sohn dieses Yoriiye hatte zwei Söhne, von denen der ältere seinem
Vater in der Feudalherrschaft von Nitta in Kotsuke folgte, der jüngere
aber durch einen Verwandten die Herrschaft Ashikaga in Shimotsuke
erhielt.

Nitta-Yoshisada, eine hervorragende Heldengestalt in Japans Ge-
schichte, der, wie sein Sohn, bis zu seinem Tode die Sache des Mikado
wacker verfocht, war als Kapitän in der Hôjô-Armee gegen Kusunoki
gesandt worden, hatte aber dann mit diesem gemeinsame Sache ge-
macht. Darauf war er nach Kotsuke geeilt, um hier sein weisses
Banner gegen die Hôjô aufzurichten. Die Feudalherren des Kuwantô,
welche meistens ihre Lehen den Minamoto verdankten, sammelten
sich unter demselben mit ihrem Gefolge in grosser Zahl. Dreizehn
Tage später erschien Yoshisada bereits mit einer stattlichen Armee
vor Kamakura, um es anzugreifen. Am Tage zuvor lagerte dieselbe
am flachen Strande bei Inamura-saki, nicht weit von Enoshima in
Sagami. Hier trug Nitta-Yoshisada vor seinen Truppen am Vorabend
des Kampfes den Göttern im Gebete seine Absicht vor, dem Mikado
wieder zu seinem guten alten Rechte zu verhelfen, und bat insbe-
sondere Compira, den japanischen Neptun, um seine Hülfe, damit
die Fluthen sich zurückziehen und seinem Heere sich ein Pfad längs
des Strandes öffnen möge. Dann schleuderte er sein Schwert als
Opfer in die Wellen*). Am anderen Morgen war das Wasser zurück-
gewichen. Die Soldaten betrachteten es als ein Zeichen der gött-
lichen Gunst, gingen freudig von drei Seiten in den Kampf, in
welchem ihr Führer Wunder der Tapferkeit verrichtete, und nahmen
nach wenigen Stunden schweren Kampfes Kamakura. Die grosse
Stadt wurde mit ihren meisten Baudenkmälern und Kunstschätzen
ein Raub der Flammen. Manches hervorragende Glied der Hôjô-
familie war nach tapferer Wehr im Kampfe gefallen, die meisten
anderen zogen das Harakiri der Gefangenschaft vor, darunter auch
Takatoki**).

*) Eine Vignette auf dem japanischen Papiergelde stellt diesen Act dar.
**) So in der Schrift: Le Japon à l’exposition universelle de 1878. Nach
anderen Angaben wurde Takatoki in ein Gefängniss geworfen, wo er verhungerte.
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[290/0316] I. Geschichte des japanischen Volkes. Norden, aus Kotsuke und Musashi, und die sie brachten, waren Nitta-Yoshisada und Ashikaga-Taka-uji, die nun in den Vordergrund der Geschichte treten. Der gemeinsame Vorfahr beider ist jener Minamoto Yoriiye, welcher sich in der 2. Hälfte des 11. Jahr- hunderts gegen die Emishi in Mutsu so sehr hervorthat, dass er als Hachiman-Taro in der japanischen Geschichte fortlebt. Der dritte Sohn dieses Yoriiye hatte zwei Söhne, von denen der ältere seinem Vater in der Feudalherrschaft von Nitta in Kotsuke folgte, der jüngere aber durch einen Verwandten die Herrschaft Ashikaga in Shimotsuke erhielt. Nitta-Yoshisada, eine hervorragende Heldengestalt in Japans Ge- schichte, der, wie sein Sohn, bis zu seinem Tode die Sache des Mikado wacker verfocht, war als Kapitän in der Hôjô-Armee gegen Kusunoki gesandt worden, hatte aber dann mit diesem gemeinsame Sache ge- macht. Darauf war er nach Kotsuke geeilt, um hier sein weisses Banner gegen die Hôjô aufzurichten. Die Feudalherren des Kuwantô, welche meistens ihre Lehen den Minamoto verdankten, sammelten sich unter demselben mit ihrem Gefolge in grosser Zahl. Dreizehn Tage später erschien Yoshisada bereits mit einer stattlichen Armee vor Kamakura, um es anzugreifen. Am Tage zuvor lagerte dieselbe am flachen Strande bei Inamura-saki, nicht weit von Enoshima in Sagami. Hier trug Nitta-Yoshisada vor seinen Truppen am Vorabend des Kampfes den Göttern im Gebete seine Absicht vor, dem Mikado wieder zu seinem guten alten Rechte zu verhelfen, und bat insbe- sondere Compira, den japanischen Neptun, um seine Hülfe, damit die Fluthen sich zurückziehen und seinem Heere sich ein Pfad längs des Strandes öffnen möge. Dann schleuderte er sein Schwert als Opfer in die Wellen *). Am anderen Morgen war das Wasser zurück- gewichen. Die Soldaten betrachteten es als ein Zeichen der gött- lichen Gunst, gingen freudig von drei Seiten in den Kampf, in welchem ihr Führer Wunder der Tapferkeit verrichtete, und nahmen nach wenigen Stunden schweren Kampfes Kamakura. Die grosse Stadt wurde mit ihren meisten Baudenkmälern und Kunstschätzen ein Raub der Flammen. Manches hervorragende Glied der Hôjô- familie war nach tapferer Wehr im Kampfe gefallen, die meisten anderen zogen das Harakiri der Gefangenschaft vor, darunter auch Takatoki **). *) Eine Vignette auf dem japanischen Papiergelde stellt diesen Act dar. **) So in der Schrift: Le Japon à l’exposition universelle de 1878. Nach anderen Angaben wurde Takatoki in ein Gefängniss geworfen, wo er verhungerte.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/316>, abgerufen am 22.11.2024.