Am 27. Januar 1614 erschien jene verhängnissvolle Proclamation, durch welche die Christenverfolgung im Lande allgemein wurde. In ihr erklärt Iyeyasu die fremden Bateren (Patres) und Iruman (portugiesisch irmaos oder Fratres) für Feinde des Landes, der Götter (Kami) und Buddhas und befiehlt ihre Austreibung, die Zerstörung der christlichen Kirchen und die Rückkehr ihrer Anhänger zum heid- nischen Glauben. In 15 Artikeln werden den Behörden strenge Ver- haltungsmassregeln den Christen gegenüber gegeben. Im letzten der- selben werden die Kirishitan (Christen) nochmals als Feinde des Reiches und des öffentlichen Friedens hingestellt, nachdem dies schon wiederholt in dem Edict selbst ausgesprochen ist, so namentlich da, wo es heisst: "Die Kirishitan- (christliche) Bande ist nach Japan ge- kommen, nicht blos damit ihre Handelsschiffe Waaren austauschen, sondern auch mit dem Verlangen, ein böses Gesetz zu verbreiten, die rechte Lehre über den Haufen zu werfen, damit sie eine Veränderung in der Regierung des Landes bewirken und von ihm Besitz ergreifen können. Dies ist der Keim zu viel Unglück und muss darum zer- stört werden".
Die Verfolgung fing damit an, dass man die ausländischen Priester, sowie die eingeborenen Glieder der Gesellschaft Jesu in Kioto, Fushimi, Osaka und anderen Orten ergreifen, nach Nagasaki schicken und von hier auf drei Schiffen nach Macao bringen liess. Es waren etwa 300 Personen in Allem, nämlich 22 Franciskaner, Dominikaner und Augustiner, 117 fremde Jesuiten und gegen 200 eingeborene Priester und Catecheten. Um die nämliche Zeit wurde Justo Ukondo-dono (Takayama), der frühere Daimio von Akashi, welchen schon Taiko- sama nach Kanazawa in Kaga verbannt hatte, nebst anderen Christen auf einer chinesischen Dschunke nach Manila geschickt, wo er bald darauf starb.
Im Zusammenhang mit dieser Christenverfolgung steht die Be- lagerung und Einnahme des Schlosses zu Osaka durch Iyeyasu und seinen Sohn Hidetada im Jahre 1615. Hideyori, der nun 23jährige Sohn des Taiko-sama, war daselbst, wie oben bereits erwähnt wurde, mit seiner Mutter und reichen ererbten Einkünften von Iyeyasu nach der Schlacht bei Sekigahara gelassen worden. Die Jesuitenväter hatten ihm wiederholt Besuche abgestattet und Geschenke überbracht, auch war das Schloss für viele Verfolgte und Unzufriedene, Christen wie Heiden, zur Zufluchtsstätte geworden. Dies und die Furcht, dass dem Hause Tokugawa oder dem Lande daraus noch ernste Gefahren erwachsen könnten, bestimmten Iyeyasu endlich zu der angedeuteten Expedition, zu der die Truppen des Kuwanto und von Kiushiu auf-
Rein, Japan I. 23
6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.
Am 27. Januar 1614 erschien jene verhängnissvolle Proclamation, durch welche die Christenverfolgung im Lande allgemein wurde. In ihr erklärt Iyeyasu die fremden Bateren (Patres) und Iruman (portugiesisch irmaos oder Fratres) für Feinde des Landes, der Götter (Kami) und Buddhas und befiehlt ihre Austreibung, die Zerstörung der christlichen Kirchen und die Rückkehr ihrer Anhänger zum heid- nischen Glauben. In 15 Artikeln werden den Behörden strenge Ver- haltungsmassregeln den Christen gegenüber gegeben. Im letzten der- selben werden die Kirishitan (Christen) nochmals als Feinde des Reiches und des öffentlichen Friedens hingestellt, nachdem dies schon wiederholt in dem Edict selbst ausgesprochen ist, so namentlich da, wo es heisst: »Die Kirishitan- (christliche) Bande ist nach Japan ge- kommen, nicht blos damit ihre Handelsschiffe Waaren austauschen, sondern auch mit dem Verlangen, ein böses Gesetz zu verbreiten, die rechte Lehre über den Haufen zu werfen, damit sie eine Veränderung in der Regierung des Landes bewirken und von ihm Besitz ergreifen können. Dies ist der Keim zu viel Unglück und muss darum zer- stört werden«.
Die Verfolgung fing damit an, dass man die ausländischen Priester, sowie die eingeborenen Glieder der Gesellschaft Jesu in Kiôto, Fushimi, Ôsaka und anderen Orten ergreifen, nach Nagasaki schicken und von hier auf drei Schiffen nach Macao bringen liess. Es waren etwa 300 Personen in Allem, nämlich 22 Franciskaner, Dominikaner und Augustiner, 117 fremde Jesuiten und gegen 200 eingeborene Priester und Catecheten. Um die nämliche Zeit wurde Justo Ukondo-dono (Takayama), der frühere Daimio von Akashi, welchen schon Taikô- sama nach Kanazawa in Kaga verbannt hatte, nebst anderen Christen auf einer chinesischen Dschunke nach Manila geschickt, wo er bald darauf starb.
Im Zusammenhang mit dieser Christenverfolgung steht die Be- lagerung und Einnahme des Schlosses zu Ôsaka durch Iyeyasu und seinen Sohn Hidetada im Jahre 1615. Hideyori, der nun 23jährige Sohn des Taikô-sama, war daselbst, wie oben bereits erwähnt wurde, mit seiner Mutter und reichen ererbten Einkünften von Iyeyasu nach der Schlacht bei Sekigahara gelassen worden. Die Jesuitenväter hatten ihm wiederholt Besuche abgestattet und Geschenke überbracht, auch war das Schloss für viele Verfolgte und Unzufriedene, Christen wie Heiden, zur Zufluchtsstätte geworden. Dies und die Furcht, dass dem Hause Tokugawa oder dem Lande daraus noch ernste Gefahren erwachsen könnten, bestimmten Iyeyasu endlich zu der angedeuteten Expedition, zu der die Truppen des Kuwantô und von Kiushiu auf-
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6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.
Am 27. Januar 1614 erschien jene verhängnissvolle Proclamation,
durch welche die Christenverfolgung im Lande allgemein wurde. In
ihr erklärt Iyeyasu die fremden Bateren (Patres) und Iruman
(portugiesisch irmaos oder Fratres) für Feinde des Landes, der Götter
(Kami) und Buddhas und befiehlt ihre Austreibung, die Zerstörung
der christlichen Kirchen und die Rückkehr ihrer Anhänger zum heid-
nischen Glauben. In 15 Artikeln werden den Behörden strenge Ver-
haltungsmassregeln den Christen gegenüber gegeben. Im letzten der-
selben werden die Kirishitan (Christen) nochmals als Feinde des
Reiches und des öffentlichen Friedens hingestellt, nachdem dies schon
wiederholt in dem Edict selbst ausgesprochen ist, so namentlich da,
wo es heisst: »Die Kirishitan- (christliche) Bande ist nach Japan ge-
kommen, nicht blos damit ihre Handelsschiffe Waaren austauschen,
sondern auch mit dem Verlangen, ein böses Gesetz zu verbreiten, die
rechte Lehre über den Haufen zu werfen, damit sie eine Veränderung
in der Regierung des Landes bewirken und von ihm Besitz ergreifen
können. Dies ist der Keim zu viel Unglück und muss darum zer-
stört werden«.
Die Verfolgung fing damit an, dass man die ausländischen Priester,
sowie die eingeborenen Glieder der Gesellschaft Jesu in Kiôto, Fushimi,
Ôsaka und anderen Orten ergreifen, nach Nagasaki schicken und von
hier auf drei Schiffen nach Macao bringen liess. Es waren etwa
300 Personen in Allem, nämlich 22 Franciskaner, Dominikaner und
Augustiner, 117 fremde Jesuiten und gegen 200 eingeborene Priester
und Catecheten. Um die nämliche Zeit wurde Justo Ukondo-dono
(Takayama), der frühere Daimio von Akashi, welchen schon Taikô-
sama nach Kanazawa in Kaga verbannt hatte, nebst anderen Christen
auf einer chinesischen Dschunke nach Manila geschickt, wo er bald
darauf starb.
Im Zusammenhang mit dieser Christenverfolgung steht die Be-
lagerung und Einnahme des Schlosses zu Ôsaka durch Iyeyasu und
seinen Sohn Hidetada im Jahre 1615. Hideyori, der nun 23jährige
Sohn des Taikô-sama, war daselbst, wie oben bereits erwähnt wurde,
mit seiner Mutter und reichen ererbten Einkünften von Iyeyasu nach
der Schlacht bei Sekigahara gelassen worden. Die Jesuitenväter
hatten ihm wiederholt Besuche abgestattet und Geschenke überbracht,
auch war das Schloss für viele Verfolgte und Unzufriedene, Christen
wie Heiden, zur Zufluchtsstätte geworden. Dies und die Furcht, dass
dem Hause Tokugawa oder dem Lande daraus noch ernste Gefahren
erwachsen könnten, bestimmten Iyeyasu endlich zu der angedeuteten
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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