Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Geschichte des japanischen Volkes.
nun noch nachtragen, dass im Jahr 1860 auch Holland und Preussen
ihre Verträge mit dem Bakufu abschlossen. Die Expedition, welche
Seitens Preussens diese Aufgabe zu lösen hatte, stand unter Graf
Eulenburg, dem späteren Minister des Innern, welchem der Legations-
sekretär Pieschel und die Gesandtschafts-Attache v. Brandt, v. Bunsen
und Graf A. zu Eulenburg beigegeben waren. Ausserdem hatten
daran Theil die Naturforscher Wichura, von Martens, Freiherr von
Richthofen, der Landwirth Dr. Maron, der Arzt Dr. R. Lucius, Maler
Berg, Zeichner Heine (General Heine, wie er sich nach dem ameri-
kanischen Secessionskriege nannte), Photograph Bismark, Gärtner
Schottenmüller und mehrere Kaufleute. Das kleine Geschwader,
welches diese Beamten nach Ostasien brachte, stand unter dem Be-
fehle des Kapitän zur See Sundewall und umfasste die Dampfcorvette
Arcona, die Segelfregatte Thetis, den Schooner Frauenlob und das
Transportschiff Elbe. Am 24. Januar wurde der von Graf Eulenburg
mit dem Bakufu abgeschlossene Vertrag, bestehend aus 23 Artikeln,
unterzeichnet und M. v. Brandt als Vertreter Preussens installiert *).

Am Schlusse des Jahres 1861 bestand die Fremdencolonie in
Yokohama aus 126 Köpfen. Sie feierte ungestört das Weihnachts-
fest und erfreute sich bereits einer englischen Zeitung, des Japan
Herald, war aber sonst keineswegs auf Rosen gebettet. Ueberall
mischten sich die japanischen Beamten in den Verkehr der einheimi-
schen mit den fremden Kaufleuten und bereiteten diesen Plackereien
ohne Ende. Man fühlte mehr und mehr, dass alle Beziehungen zu
den Japanern keine solide Grundlage hatten und der Shogun und
Bakufu die Verträge nicht halten konnten, weil ihnen gar nicht das
Recht zustand, solche abzuschliessen, und ihre Abhängigkeit von einer
Macht in Kioto, die allmählich aus ihrem alten langen Schlummer
erwachte und immer mehr Einfluss gewann, mehr und mehr zu
Tage trat.

Zu Anfang des Jahres 1862 ging die erste japanische Gesandt-
schaft auf einem ihr zur Verfügung gestellten englischen Kriegs-
dampfer nach Europa ab, um die Vertragsmächte zu bestimmen, in
eine Verschiebung der vorgesehenen Eröffnung von Hiogo, Osaka und

*) Der allgemeine, officielle Bericht in 4 Bänden wurde vom Maler A. Berg
herausgegeben unter dem Titel: "Die Preussische Expedition nach Ostasien",
und 1873 beendet. Ausserdem sind auf Kosten der Regierung erschienen: An-
sichten aus Japan, China und Siam, sowie der zoologische Theil und die Algen
von E. von Martens, beziehungsweise G. von Martens. Verschiedene Mit-
glieder der Expedition haben ihre Beobachtungen besonders veröffentlicht, wie
Werner, Maron, Spiess, Heine.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
nun noch nachtragen, dass im Jahr 1860 auch Holland und Preussen
ihre Verträge mit dem Bakufu abschlossen. Die Expedition, welche
Seitens Preussens diese Aufgabe zu lösen hatte, stand unter Graf
Eulenburg, dem späteren Minister des Innern, welchem der Legations-
sekretär Pieschel und die Gesandtschafts-Attaché v. Brandt, v. Bunsen
und Graf A. zu Eulenburg beigegeben waren. Ausserdem hatten
daran Theil die Naturforscher Wichura, von Martens, Freiherr von
Richthofen, der Landwirth Dr. Maron, der Arzt Dr. R. Lucius, Maler
Berg, Zeichner Heine (General Heine, wie er sich nach dem ameri-
kanischen Secessionskriege nannte), Photograph Bismark, Gärtner
Schottenmüller und mehrere Kaufleute. Das kleine Geschwader,
welches diese Beamten nach Ostasien brachte, stand unter dem Be-
fehle des Kapitän zur See Sundewall und umfasste die Dampfcorvette
Arcona, die Segelfregatte Thetis, den Schooner Frauenlob und das
Transportschiff Elbe. Am 24. Januar wurde der von Graf Eulenburg
mit dem Bakufu abgeschlossene Vertrag, bestehend aus 23 Artikeln,
unterzeichnet und M. v. Brandt als Vertreter Preussens installiert *).

Am Schlusse des Jahres 1861 bestand die Fremdencolonie in
Yokohama aus 126 Köpfen. Sie feierte ungestört das Weihnachts-
fest und erfreute sich bereits einer englischen Zeitung, des Japan
Herald, war aber sonst keineswegs auf Rosen gebettet. Ueberall
mischten sich die japanischen Beamten in den Verkehr der einheimi-
schen mit den fremden Kaufleuten und bereiteten diesen Plackereien
ohne Ende. Man fühlte mehr und mehr, dass alle Beziehungen zu
den Japanern keine solide Grundlage hatten und der Shôgun und
Bakufu die Verträge nicht halten konnten, weil ihnen gar nicht das
Recht zustand, solche abzuschliessen, und ihre Abhängigkeit von einer
Macht in Kiôto, die allmählich aus ihrem alten langen Schlummer
erwachte und immer mehr Einfluss gewann, mehr und mehr zu
Tage trat.

Zu Anfang des Jahres 1862 ging die erste japanische Gesandt-
schaft auf einem ihr zur Verfügung gestellten englischen Kriegs-
dampfer nach Europa ab, um die Vertragsmächte zu bestimmen, in
eine Verschiebung der vorgesehenen Eröffnung von Hiogo, Ôsaka und

*) Der allgemeine, officielle Bericht in 4 Bänden wurde vom Maler A. Berg
herausgegeben unter dem Titel: »Die Preussische Expedition nach Ostasien«,
und 1873 beendet. Ausserdem sind auf Kosten der Regierung erschienen: An-
sichten aus Japan, China und Siam, sowie der zoologische Theil und die Algen
von E. von Martens, beziehungsweise G. von Martens. Verschiedene Mit-
glieder der Expedition haben ihre Beobachtungen besonders veröffentlicht, wie
Werner, Maron, Spiess, Heine.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0430" n="402"/><fw place="top" type="header">I. Geschichte des japanischen Volkes.</fw><lb/>
nun noch nachtragen, dass im Jahr 1860 auch Holland und Preussen<lb/>
ihre Verträge mit dem Bakufu abschlossen. Die Expedition, welche<lb/>
Seitens Preussens diese Aufgabe zu lösen hatte, stand unter Graf<lb/>
Eulenburg, dem späteren Minister des Innern, welchem der Legations-<lb/>
sekretär Pieschel und die Gesandtschafts-Attaché v. Brandt, v. Bunsen<lb/>
und Graf A. zu Eulenburg beigegeben waren. Ausserdem hatten<lb/>
daran Theil die Naturforscher Wichura, von Martens, Freiherr von<lb/>
Richthofen, der Landwirth Dr. Maron, der Arzt Dr. R. Lucius, Maler<lb/>
Berg, Zeichner Heine (General Heine, wie er sich nach dem ameri-<lb/>
kanischen Secessionskriege nannte), Photograph Bismark, Gärtner<lb/>
Schottenmüller und mehrere Kaufleute. Das kleine Geschwader,<lb/>
welches diese Beamten nach Ostasien brachte, stand unter dem Be-<lb/>
fehle des Kapitän zur See Sundewall und umfasste die Dampfcorvette<lb/>
Arcona, die Segelfregatte Thetis, den Schooner Frauenlob und das<lb/>
Transportschiff Elbe. Am 24. Januar wurde der von Graf Eulenburg<lb/>
mit dem Bakufu abgeschlossene Vertrag, bestehend aus 23 Artikeln,<lb/>
unterzeichnet und M. v. Brandt als Vertreter Preussens installiert <note place="foot" n="*)">Der allgemeine, officielle Bericht in 4 Bänden wurde vom Maler A. <hi rendition="#g">Berg</hi><lb/>
herausgegeben unter dem Titel: »Die Preussische Expedition nach Ostasien«,<lb/>
und 1873 beendet. Ausserdem sind auf Kosten der Regierung erschienen: An-<lb/>
sichten aus Japan, China und Siam, sowie der zoologische Theil und die Algen<lb/>
von E. <hi rendition="#g">von Martens</hi>, beziehungsweise G. <hi rendition="#g">von Martens</hi>. Verschiedene Mit-<lb/>
glieder der Expedition haben ihre Beobachtungen besonders veröffentlicht, wie<lb/><hi rendition="#g">Werner, Maron, Spiess, Heine</hi>.</note>.</p><lb/>
              <p>Am Schlusse des Jahres 1861 bestand die Fremdencolonie in<lb/>
Yokohama aus 126 Köpfen. Sie feierte ungestört das Weihnachts-<lb/>
fest und erfreute sich bereits einer englischen Zeitung, des Japan<lb/>
Herald, war aber sonst keineswegs auf Rosen gebettet. Ueberall<lb/>
mischten sich die japanischen Beamten in den Verkehr der einheimi-<lb/>
schen mit den fremden Kaufleuten und bereiteten diesen Plackereien<lb/>
ohne Ende. Man fühlte mehr und mehr, dass alle Beziehungen zu<lb/>
den Japanern keine solide Grundlage hatten und der Shôgun und<lb/>
Bakufu die Verträge nicht halten konnten, weil ihnen gar nicht das<lb/>
Recht zustand, solche abzuschliessen, und ihre Abhängigkeit von einer<lb/>
Macht in Kiôto, die allmählich aus ihrem alten langen Schlummer<lb/>
erwachte und immer mehr Einfluss gewann, mehr und mehr zu<lb/>
Tage trat.</p><lb/>
              <p>Zu Anfang des Jahres 1862 ging die erste japanische Gesandt-<lb/>
schaft auf einem ihr zur Verfügung gestellten englischen Kriegs-<lb/>
dampfer nach Europa ab, um die Vertragsmächte zu bestimmen, in<lb/>
eine Verschiebung der vorgesehenen Eröffnung von Hiogo, Ôsaka und<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0430] I. Geschichte des japanischen Volkes. nun noch nachtragen, dass im Jahr 1860 auch Holland und Preussen ihre Verträge mit dem Bakufu abschlossen. Die Expedition, welche Seitens Preussens diese Aufgabe zu lösen hatte, stand unter Graf Eulenburg, dem späteren Minister des Innern, welchem der Legations- sekretär Pieschel und die Gesandtschafts-Attaché v. Brandt, v. Bunsen und Graf A. zu Eulenburg beigegeben waren. Ausserdem hatten daran Theil die Naturforscher Wichura, von Martens, Freiherr von Richthofen, der Landwirth Dr. Maron, der Arzt Dr. R. Lucius, Maler Berg, Zeichner Heine (General Heine, wie er sich nach dem ameri- kanischen Secessionskriege nannte), Photograph Bismark, Gärtner Schottenmüller und mehrere Kaufleute. Das kleine Geschwader, welches diese Beamten nach Ostasien brachte, stand unter dem Be- fehle des Kapitän zur See Sundewall und umfasste die Dampfcorvette Arcona, die Segelfregatte Thetis, den Schooner Frauenlob und das Transportschiff Elbe. Am 24. Januar wurde der von Graf Eulenburg mit dem Bakufu abgeschlossene Vertrag, bestehend aus 23 Artikeln, unterzeichnet und M. v. Brandt als Vertreter Preussens installiert *). Am Schlusse des Jahres 1861 bestand die Fremdencolonie in Yokohama aus 126 Köpfen. Sie feierte ungestört das Weihnachts- fest und erfreute sich bereits einer englischen Zeitung, des Japan Herald, war aber sonst keineswegs auf Rosen gebettet. Ueberall mischten sich die japanischen Beamten in den Verkehr der einheimi- schen mit den fremden Kaufleuten und bereiteten diesen Plackereien ohne Ende. Man fühlte mehr und mehr, dass alle Beziehungen zu den Japanern keine solide Grundlage hatten und der Shôgun und Bakufu die Verträge nicht halten konnten, weil ihnen gar nicht das Recht zustand, solche abzuschliessen, und ihre Abhängigkeit von einer Macht in Kiôto, die allmählich aus ihrem alten langen Schlummer erwachte und immer mehr Einfluss gewann, mehr und mehr zu Tage trat. Zu Anfang des Jahres 1862 ging die erste japanische Gesandt- schaft auf einem ihr zur Verfügung gestellten englischen Kriegs- dampfer nach Europa ab, um die Vertragsmächte zu bestimmen, in eine Verschiebung der vorgesehenen Eröffnung von Hiogo, Ôsaka und *) Der allgemeine, officielle Bericht in 4 Bänden wurde vom Maler A. Berg herausgegeben unter dem Titel: »Die Preussische Expedition nach Ostasien«, und 1873 beendet. Ausserdem sind auf Kosten der Regierung erschienen: An- sichten aus Japan, China und Siam, sowie der zoologische Theil und die Algen von E. von Martens, beziehungsweise G. von Martens. Verschiedene Mit- glieder der Expedition haben ihre Beobachtungen besonders veröffentlicht, wie Werner, Maron, Spiess, Heine.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/430
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/430>, abgerufen am 22.11.2024.