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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.

Wichtiger und tiefer greifend war die Erlösung der Eta und
Hinin aus ihrer verachteten Stellung und die Aufhebung der Heiraths-
beschränkung unter den verschiedenen Gesellschaftsklassen. Das
Leder kam zu seinem Rechte, Eta's und Andere etablierten Schuster-
werkstätten in der Nähe von Regierungsgebäuden.

Auch der Mikado blieb jetzt hinter den Fortschrittsbestrebungen
seiner Regierung und der Einsichtsvolleren seines Volkes nicht zurück.
Am 2. October 1871 zeigte er sich demselben zum ersten Male in einem
offenen, von vier Pferden gezogenen Wagen, womit er nach dem
Hamagoten (Küstenschloss) auf der Südseite von Tokio fuhr. Im
folgenden Jahre besuchte er das Arsenal zu Yokoska, die Münze zu
Osaka, machte eine Reise mit einem Kriegsdampfer nach den süd-
lichen Provinzen und kehrte endlich von Yokohama nach Tokio mit
der Eisenbahn zurück. Bald erschien er häufig in der Oeffentlichkeit,
in einer Art Uniform, ganz nach europäischem Schnitt, im Wagen
sowohl, wie zu Pferde, und wurde vom Volke respectvoll, doch nicht
kriechend begrüsst. Das "Shita-ni-iro" war vorbei. Auch die Kaiserin
fand sich in bewundernswerther Weise und mit grosser Würde in die
neuen Verhältnisse. Sie empfing 1873 zum ersten Male die Frauen
der fremden Gesandten auf das leutseligste und begann der vernach-
lässigten Erziehung des weiblichen Geschlechtes ihr besonderes Inter-
esse zuzuwenden.

Schon im Jahre 1870 tauchten Zeitungen auf und wurden viel
gelesen. Dieselben bereiteten die öffentliche Meinung vielfach vor
auf Neuerungen von grosser Tragweite, die in Folge dessen ohne
jede Störung eingeführt werden konnten. Hierher gehört namentlich
die Substitution des gregorianischen Kalenders für die alte chinesische
Zeitrechnung, welche 1873 erfolgte.

In diese Zeit fällt auch die erste grosse Gesandtschaft des Mikado
nach Amerika und an die europäischen Höfe unter Führung von Iwa-
kura, einem der hervorragendsten Staatsmänner Japans. Ausser
diesem gehörten derselben die Minister und Staatsräthe Terashima,
Kido, Okubo, Ito, Yamaguchi und viele andere Japaner an. Der
diplomatische Zweck Iwakura's, die Vertragsmächte zur Aufgabe der
Jurisdiction über ihre in Japan lebenden Unterthanen zu bewegen, wurde
nicht erreicht; im übrigen aber hatten diese einflussreichen Japaner
von der Landung in San Francisco am 15. Januar 1872 bis zum Be-
suche der Wiener Weltausstellung im Sommer des folgenden Jahres
reichlich Gelegenheit, ihrem Bildungstriebe und lebhaften Interesse
für die westliche Civilisation täglich neue Nahrung zuzuführen.

Zu den hier kurz erwähnten Ereignissen und vielen anderen,

I. Geschichte des japanischen Volkes.

Wichtiger und tiefer greifend war die Erlösung der Eta und
Hinin aus ihrer verachteten Stellung und die Aufhebung der Heiraths-
beschränkung unter den verschiedenen Gesellschaftsklassen. Das
Leder kam zu seinem Rechte, Eta’s und Andere etablierten Schuster-
werkstätten in der Nähe von Regierungsgebäuden.

Auch der Mikado blieb jetzt hinter den Fortschrittsbestrebungen
seiner Regierung und der Einsichtsvolleren seines Volkes nicht zurück.
Am 2. October 1871 zeigte er sich demselben zum ersten Male in einem
offenen, von vier Pferden gezogenen Wagen, womit er nach dem
Hamagoten (Küstenschloss) auf der Südseite von Tôkio fuhr. Im
folgenden Jahre besuchte er das Arsenal zu Yokoska, die Münze zu
Ôsaka, machte eine Reise mit einem Kriegsdampfer nach den süd-
lichen Provinzen und kehrte endlich von Yokohama nach Tôkio mit
der Eisenbahn zurück. Bald erschien er häufig in der Oeffentlichkeit,
in einer Art Uniform, ganz nach europäischem Schnitt, im Wagen
sowohl, wie zu Pferde, und wurde vom Volke respectvoll, doch nicht
kriechend begrüsst. Das »Shita-ni-iro« war vorbei. Auch die Kaiserin
fand sich in bewundernswerther Weise und mit grosser Würde in die
neuen Verhältnisse. Sie empfing 1873 zum ersten Male die Frauen
der fremden Gesandten auf das leutseligste und begann der vernach-
lässigten Erziehung des weiblichen Geschlechtes ihr besonderes Inter-
esse zuzuwenden.

Schon im Jahre 1870 tauchten Zeitungen auf und wurden viel
gelesen. Dieselben bereiteten die öffentliche Meinung vielfach vor
auf Neuerungen von grosser Tragweite, die in Folge dessen ohne
jede Störung eingeführt werden konnten. Hierher gehört namentlich
die Substitution des gregorianischen Kalenders für die alte chinesische
Zeitrechnung, welche 1873 erfolgte.

In diese Zeit fällt auch die erste grosse Gesandtschaft des Mikado
nach Amerika und an die europäischen Höfe unter Führung von Iwa-
kura, einem der hervorragendsten Staatsmänner Japans. Ausser
diesem gehörten derselben die Minister und Staatsräthe Terashima,
Kido, Ôkubo, Ito, Yamaguchi und viele andere Japaner an. Der
diplomatische Zweck Iwakura’s, die Vertragsmächte zur Aufgabe der
Jurisdiction über ihre in Japan lebenden Unterthanen zu bewegen, wurde
nicht erreicht; im übrigen aber hatten diese einflussreichen Japaner
von der Landung in San Francisco am 15. Januar 1872 bis zum Be-
suche der Wiener Weltausstellung im Sommer des folgenden Jahres
reichlich Gelegenheit, ihrem Bildungstriebe und lebhaften Interesse
für die westliche Civilisation täglich neue Nahrung zuzuführen.

Zu den hier kurz erwähnten Ereignissen und vielen anderen,

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[424/0452] I. Geschichte des japanischen Volkes. Wichtiger und tiefer greifend war die Erlösung der Eta und Hinin aus ihrer verachteten Stellung und die Aufhebung der Heiraths- beschränkung unter den verschiedenen Gesellschaftsklassen. Das Leder kam zu seinem Rechte, Eta’s und Andere etablierten Schuster- werkstätten in der Nähe von Regierungsgebäuden. Auch der Mikado blieb jetzt hinter den Fortschrittsbestrebungen seiner Regierung und der Einsichtsvolleren seines Volkes nicht zurück. Am 2. October 1871 zeigte er sich demselben zum ersten Male in einem offenen, von vier Pferden gezogenen Wagen, womit er nach dem Hamagoten (Küstenschloss) auf der Südseite von Tôkio fuhr. Im folgenden Jahre besuchte er das Arsenal zu Yokoska, die Münze zu Ôsaka, machte eine Reise mit einem Kriegsdampfer nach den süd- lichen Provinzen und kehrte endlich von Yokohama nach Tôkio mit der Eisenbahn zurück. Bald erschien er häufig in der Oeffentlichkeit, in einer Art Uniform, ganz nach europäischem Schnitt, im Wagen sowohl, wie zu Pferde, und wurde vom Volke respectvoll, doch nicht kriechend begrüsst. Das »Shita-ni-iro« war vorbei. Auch die Kaiserin fand sich in bewundernswerther Weise und mit grosser Würde in die neuen Verhältnisse. Sie empfing 1873 zum ersten Male die Frauen der fremden Gesandten auf das leutseligste und begann der vernach- lässigten Erziehung des weiblichen Geschlechtes ihr besonderes Inter- esse zuzuwenden. Schon im Jahre 1870 tauchten Zeitungen auf und wurden viel gelesen. Dieselben bereiteten die öffentliche Meinung vielfach vor auf Neuerungen von grosser Tragweite, die in Folge dessen ohne jede Störung eingeführt werden konnten. Hierher gehört namentlich die Substitution des gregorianischen Kalenders für die alte chinesische Zeitrechnung, welche 1873 erfolgte. In diese Zeit fällt auch die erste grosse Gesandtschaft des Mikado nach Amerika und an die europäischen Höfe unter Führung von Iwa- kura, einem der hervorragendsten Staatsmänner Japans. Ausser diesem gehörten derselben die Minister und Staatsräthe Terashima, Kido, Ôkubo, Ito, Yamaguchi und viele andere Japaner an. Der diplomatische Zweck Iwakura’s, die Vertragsmächte zur Aufgabe der Jurisdiction über ihre in Japan lebenden Unterthanen zu bewegen, wurde nicht erreicht; im übrigen aber hatten diese einflussreichen Japaner von der Landung in San Francisco am 15. Januar 1872 bis zum Be- suche der Wiener Weltausstellung im Sommer des folgenden Jahres reichlich Gelegenheit, ihrem Bildungstriebe und lebhaften Interesse für die westliche Civilisation täglich neue Nahrung zuzuführen. Zu den hier kurz erwähnten Ereignissen und vielen anderen,

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/452>, abgerufen am 22.11.2024.