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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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II. Ethnographie.

Alte japanische Traditionen weisen nicht blos auf eine frühe Be-
siedelung der Insel Kiushiu hin, sondern auch des westlichen Chiu-
goku, insbesondere der Provinzen Idzumo, Hoki und Iwami, sowie
der Insel Oki. Woher kamen die Einwanderer? -- und welche Mittel
gibt es, ihre Herkunft abzuleiten? -- Solche und ähnliche Fragen sind
nicht neu; Fremde und intelligente Japaner haben dieselben in der
Neuzeit oft aufgeworfen, ohne darauf eine völlig befriedigende Ant-
wort zu erhalten. Ohne Zweifel weicht das japanische Volk in
Körperbau, Sprache und Sitten von allen Nachbarvölkern so be-
deutend ab, dass nur eine mittelbare Verwandtschaft mit den-
selben möglich, keine directe Ableitung von einem derselben zulässig
erscheint.

Es ist auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass die ersten
Japaner, welche einst im südlichen Kiushiu landeten, verschlagene
Seeleute gewesen seien, und zwar Malayen, die in die Gewalt des
Kuro-shiwo geriethen und von ihm an die Gestade der japanischen
Inseln getragen wurden. Doenitz, der diese Auffassung theilt, hat
weiter im Gesichtsausdruck der Japaner, in der Bauart ihrer Häuser,
welche ihn an die Pfahlbauten der Malayen erinnern, und in der
Anlage der Abtritte Beweise für den malayischen Ursprung zu finden
geglaubt.

Man wird die Möglichkeit einer Verschlagung von Malayen durch
den Kuro-shiwo immerhin zugeben müssen, wenn auch die Geschichte
kein Beispiel einer solchen aufweist. Das Verbindungsglied zwischen
Kiushiu und dem Malayischen Archipel bilden die Riukiu-Inseln,
welche in erster Linie vom Japanischen Strom bespült werden. Hier-
her also konnten und mussten Malayen doch eher und leichter ge-
langen als nach dem eigentlichen Japan. Nun zeigt sich aber bei
den Riukiu-Insulanern in Nichts eine grössere Annäherung an die
Malayen, vielmehr stimmen sie in allen wesentlichen Dingen, in
Körperbau, Kleidung, Lebensart, Sprache, Sitte, mit den Japanern
überein und zeigen daneben in einigen Stücken sogar eine bemerkens-
werthe Hinneigung zu den Koreanern, so in der ganzen Gestalt und
in der Tracht des Haares. (Man vergleiche beistehende Skizzen eines
Riukiu-Insulaners und eines Koreaners mit der Ainogruppe pag. 445.)

Was die Bauart der Wohnungen anlangt, so ist hervorzuheben,
dass dieselbe hauptsächlich ein Product des Bedürfnisses und der vor-
handenen Mittel ist, daher thatsächlich ganz fremde, räumlich und
zeitlich sich fernstehende Völker auf die gleiche Hauseinrichtung ge-
kommen sind. Im ganzen Monsungebiete baut man mit Bambusrohr,
Palmen oder leichtem Holzwerk und muss bei den reichen Nieder-

II. Ethnographie.

Alte japanische Traditionen weisen nicht blos auf eine frühe Be-
siedelung der Insel Kiushiu hin, sondern auch des westlichen Chiu-
goku, insbesondere der Provinzen Idzumo, Hôki und Iwami, sowie
der Insel Ôki. Woher kamen die Einwanderer? — und welche Mittel
gibt es, ihre Herkunft abzuleiten? — Solche und ähnliche Fragen sind
nicht neu; Fremde und intelligente Japaner haben dieselben in der
Neuzeit oft aufgeworfen, ohne darauf eine völlig befriedigende Ant-
wort zu erhalten. Ohne Zweifel weicht das japanische Volk in
Körperbau, Sprache und Sitten von allen Nachbarvölkern so be-
deutend ab, dass nur eine mittelbare Verwandtschaft mit den-
selben möglich, keine directe Ableitung von einem derselben zulässig
erscheint.

Es ist auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass die ersten
Japaner, welche einst im südlichen Kiushiu landeten, verschlagene
Seeleute gewesen seien, und zwar Malayen, die in die Gewalt des
Kuro-shiwo geriethen und von ihm an die Gestade der japanischen
Inseln getragen wurden. Doenitz, der diese Auffassung theilt, hat
weiter im Gesichtsausdruck der Japaner, in der Bauart ihrer Häuser,
welche ihn an die Pfahlbauten der Malayen erinnern, und in der
Anlage der Abtritte Beweise für den malayischen Ursprung zu finden
geglaubt.

Man wird die Möglichkeit einer Verschlagung von Malayen durch
den Kuro-shiwo immerhin zugeben müssen, wenn auch die Geschichte
kein Beispiel einer solchen aufweist. Das Verbindungsglied zwischen
Kiushiu und dem Malayischen Archipel bilden die Riukiu-Inseln,
welche in erster Linie vom Japanischen Strom bespült werden. Hier-
her also konnten und mussten Malayen doch eher und leichter ge-
langen als nach dem eigentlichen Japan. Nun zeigt sich aber bei
den Riukiu-Insulanern in Nichts eine grössere Annäherung an die
Malayen, vielmehr stimmen sie in allen wesentlichen Dingen, in
Körperbau, Kleidung, Lebensart, Sprache, Sitte, mit den Japanern
überein und zeigen daneben in einigen Stücken sogar eine bemerkens-
werthe Hinneigung zu den Koreanern, so in der ganzen Gestalt und
in der Tracht des Haares. (Man vergleiche beistehende Skizzen eines
Riukiu-Insulaners und eines Koreaners mit der Ainogruppe pag. 445.)

Was die Bauart der Wohnungen anlangt, so ist hervorzuheben,
dass dieselbe hauptsächlich ein Product des Bedürfnisses und der vor-
handenen Mittel ist, daher thatsächlich ganz fremde, räumlich und
zeitlich sich fernstehende Völker auf die gleiche Hauseinrichtung ge-
kommen sind. Im ganzen Monsungebiete baut man mit Bambusrohr,
Palmen oder leichtem Holzwerk und muss bei den reichen Nieder-

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[450/0482] II. Ethnographie. Alte japanische Traditionen weisen nicht blos auf eine frühe Be- siedelung der Insel Kiushiu hin, sondern auch des westlichen Chiu- goku, insbesondere der Provinzen Idzumo, Hôki und Iwami, sowie der Insel Ôki. Woher kamen die Einwanderer? — und welche Mittel gibt es, ihre Herkunft abzuleiten? — Solche und ähnliche Fragen sind nicht neu; Fremde und intelligente Japaner haben dieselben in der Neuzeit oft aufgeworfen, ohne darauf eine völlig befriedigende Ant- wort zu erhalten. Ohne Zweifel weicht das japanische Volk in Körperbau, Sprache und Sitten von allen Nachbarvölkern so be- deutend ab, dass nur eine mittelbare Verwandtschaft mit den- selben möglich, keine directe Ableitung von einem derselben zulässig erscheint. Es ist auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass die ersten Japaner, welche einst im südlichen Kiushiu landeten, verschlagene Seeleute gewesen seien, und zwar Malayen, die in die Gewalt des Kuro-shiwo geriethen und von ihm an die Gestade der japanischen Inseln getragen wurden. Doenitz, der diese Auffassung theilt, hat weiter im Gesichtsausdruck der Japaner, in der Bauart ihrer Häuser, welche ihn an die Pfahlbauten der Malayen erinnern, und in der Anlage der Abtritte Beweise für den malayischen Ursprung zu finden geglaubt. Man wird die Möglichkeit einer Verschlagung von Malayen durch den Kuro-shiwo immerhin zugeben müssen, wenn auch die Geschichte kein Beispiel einer solchen aufweist. Das Verbindungsglied zwischen Kiushiu und dem Malayischen Archipel bilden die Riukiu-Inseln, welche in erster Linie vom Japanischen Strom bespült werden. Hier- her also konnten und mussten Malayen doch eher und leichter ge- langen als nach dem eigentlichen Japan. Nun zeigt sich aber bei den Riukiu-Insulanern in Nichts eine grössere Annäherung an die Malayen, vielmehr stimmen sie in allen wesentlichen Dingen, in Körperbau, Kleidung, Lebensart, Sprache, Sitte, mit den Japanern überein und zeigen daneben in einigen Stücken sogar eine bemerkens- werthe Hinneigung zu den Koreanern, so in der ganzen Gestalt und in der Tracht des Haares. (Man vergleiche beistehende Skizzen eines Riukiu-Insulaners und eines Koreaners mit der Ainogruppe pag. 445.) Was die Bauart der Wohnungen anlangt, so ist hervorzuheben, dass dieselbe hauptsächlich ein Product des Bedürfnisses und der vor- handenen Mittel ist, daher thatsächlich ganz fremde, räumlich und zeitlich sich fernstehende Völker auf die gleiche Hauseinrichtung ge- kommen sind. Im ganzen Monsungebiete baut man mit Bambusrohr, Palmen oder leichtem Holzwerk und muss bei den reichen Nieder-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/482>, abgerufen am 22.11.2024.