1. Ainos und Japaner, Ursprung, Körperbeschaffenheit etc.
und Leib, dem Kinde um Rücken und Oberschenkel schlingt, fest wider den Rücken, wobei die Kniee gegen einander, die Füsse aber nach Aussen zu liegen kommen.
Kinder, welche der Vermischung von Weissen mit Japanern ent- stammen, schlagen in der Regel den letzteren nach, ganz so, wie auch anderwärts der mongolische Typus bei Mischlingen sich scharf ausprägt, ja das Uebergewicht über die kaukasische Rasse davonträgt.
(Der gegenüberstehende Holzschnitt enthält 6 nach Photographieen zusammengestellte und treu wiedergegebene Personen der höheren Ge- sellschaftsklasse, von denen nur der zur Linken stehende Samurai den ordinären, den Aino zuneigenden Gesichtsausdruck, doch nicht in seiner Reinheit veranschaulicht. Besser sind die Repräsentanten des edleren Typus, vor allem in den drei stehenden Figuren, nämlich rechts die Tochter eines Kuge, als solche erkennbar an der Tracht des über den Rücken hängenden Haares; in der Mitte ein Samurai von 16--18 Jahren mit auffallend weiblichen Zügen; im Hintergrunde ein Edelmann in alter Tracht. Eine sehr charakteristische Gestalt ist der nach japanischer Art auf den Knieen ruhende alte Samurai, ebenso der auf einem europäischen Stuhle sitzende, welcher wohl am besten die intelligenten Gesichtszüge der Japaner in reiferen Jahren zum Ausdruck bringt.)
Die meisten Fremden, welche bisher über Japan schrieben, lernten nur die Aussenseite seines Volkslebens kennen. Selbst für solche, die sich länger im Lande aufhielten, bildeten die bedeutenden Sprach- schwierigkeiten, sowie die grossen Unterschiede der Rasse, Religions- anschauung, Denk- und Lebensweise in der Regel mächtige Hinder- nisse, tiefer in dasselbe einzudringen und seine inneren Impulse zu verstehen. Aus gleichen Gründen ist es bis jetzt auch nur ausnahms- weise zu einem intimeren freundschaftlichen Verkehr zwischen Frem- den und Eingeborenen gekommen, einem Verkehr, der auf gegen- seitiger Hochachtung und Zuneigung und nicht auf Leidenschaft oder sonstigen materiellen Interessen beruht hätte.
Das japanische Volk zeigt viele löbliche Eigenschaften, welche uns sympathisch berühren und bei anderen Orientalen wenig oder gar nicht entgegentreten. Wie der Anblick der schönen Natur den An- kömmling im Reiche Nippon erfreut, so wird er auch durch die Rein- lichkeit seiner Bewohner, durch ihr freundliches, humanes Wesen, dem Würde und Selbstbewusstsein nicht fehlen, durch ihre Intelligenz und Empfänglichkeit für die Schönheiten der Natur und die Vortheile der abendländischen Civilisation angenehm überrascht und für sie eingenommen, etwa wie ein Gast, dem sein Wirth einen freundlichen
1. Ainos und Japaner, Ursprung, Körperbeschaffenheit etc.
und Leib, dem Kinde um Rücken und Oberschenkel schlingt, fest wider den Rücken, wobei die Kniee gegen einander, die Füsse aber nach Aussen zu liegen kommen.
Kinder, welche der Vermischung von Weissen mit Japanern ent- stammen, schlagen in der Regel den letzteren nach, ganz so, wie auch anderwärts der mongolische Typus bei Mischlingen sich scharf ausprägt, ja das Uebergewicht über die kaukasische Rasse davonträgt.
(Der gegenüberstehende Holzschnitt enthält 6 nach Photographieen zusammengestellte und treu wiedergegebene Personen der höheren Ge- sellschaftsklasse, von denen nur der zur Linken stehende Samurai den ordinären, den Aino zuneigenden Gesichtsausdruck, doch nicht in seiner Reinheit veranschaulicht. Besser sind die Repräsentanten des edleren Typus, vor allem in den drei stehenden Figuren, nämlich rechts die Tochter eines Kuge, als solche erkennbar an der Tracht des über den Rücken hängenden Haares; in der Mitte ein Samurai von 16—18 Jahren mit auffallend weiblichen Zügen; im Hintergrunde ein Edelmann in alter Tracht. Eine sehr charakteristische Gestalt ist der nach japanischer Art auf den Knieen ruhende alte Samurai, ebenso der auf einem europäischen Stuhle sitzende, welcher wohl am besten die intelligenten Gesichtszüge der Japaner in reiferen Jahren zum Ausdruck bringt.)
Die meisten Fremden, welche bisher über Japan schrieben, lernten nur die Aussenseite seines Volkslebens kennen. Selbst für solche, die sich länger im Lande aufhielten, bildeten die bedeutenden Sprach- schwierigkeiten, sowie die grossen Unterschiede der Rasse, Religions- anschauung, Denk- und Lebensweise in der Regel mächtige Hinder- nisse, tiefer in dasselbe einzudringen und seine inneren Impulse zu verstehen. Aus gleichen Gründen ist es bis jetzt auch nur ausnahms- weise zu einem intimeren freundschaftlichen Verkehr zwischen Frem- den und Eingeborenen gekommen, einem Verkehr, der auf gegen- seitiger Hochachtung und Zuneigung und nicht auf Leidenschaft oder sonstigen materiellen Interessen beruht hätte.
Das japanische Volk zeigt viele löbliche Eigenschaften, welche uns sympathisch berühren und bei anderen Orientalen wenig oder gar nicht entgegentreten. Wie der Anblick der schönen Natur den An- kömmling im Reiche Nippon erfreut, so wird er auch durch die Rein- lichkeit seiner Bewohner, durch ihr freundliches, humanes Wesen, dem Würde und Selbstbewusstsein nicht fehlen, durch ihre Intelligenz und Empfänglichkeit für die Schönheiten der Natur und die Vortheile der abendländischen Civilisation angenehm überrascht und für sie eingenommen, etwa wie ein Gast, dem sein Wirth einen freundlichen
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1. Ainos und Japaner, Ursprung, Körperbeschaffenheit etc.
und Leib, dem Kinde um Rücken und Oberschenkel schlingt, fest
wider den Rücken, wobei die Kniee gegen einander, die Füsse aber
nach Aussen zu liegen kommen.
Kinder, welche der Vermischung von Weissen mit Japanern ent-
stammen, schlagen in der Regel den letzteren nach, ganz so, wie
auch anderwärts der mongolische Typus bei Mischlingen sich scharf
ausprägt, ja das Uebergewicht über die kaukasische Rasse davonträgt.
(Der gegenüberstehende Holzschnitt enthält 6 nach Photographieen
zusammengestellte und treu wiedergegebene Personen der höheren Ge-
sellschaftsklasse, von denen nur der zur Linken stehende Samurai
den ordinären, den Aino zuneigenden Gesichtsausdruck, doch nicht
in seiner Reinheit veranschaulicht. Besser sind die Repräsentanten
des edleren Typus, vor allem in den drei stehenden Figuren, nämlich
rechts die Tochter eines Kuge, als solche erkennbar an der Tracht
des über den Rücken hängenden Haares; in der Mitte ein Samurai
von 16—18 Jahren mit auffallend weiblichen Zügen; im Hintergrunde
ein Edelmann in alter Tracht. Eine sehr charakteristische Gestalt
ist der nach japanischer Art auf den Knieen ruhende alte Samurai,
ebenso der auf einem europäischen Stuhle sitzende, welcher wohl am
besten die intelligenten Gesichtszüge der Japaner in reiferen Jahren
zum Ausdruck bringt.)
Die meisten Fremden, welche bisher über Japan schrieben, lernten
nur die Aussenseite seines Volkslebens kennen. Selbst für solche,
die sich länger im Lande aufhielten, bildeten die bedeutenden Sprach-
schwierigkeiten, sowie die grossen Unterschiede der Rasse, Religions-
anschauung, Denk- und Lebensweise in der Regel mächtige Hinder-
nisse, tiefer in dasselbe einzudringen und seine inneren Impulse zu
verstehen. Aus gleichen Gründen ist es bis jetzt auch nur ausnahms-
weise zu einem intimeren freundschaftlichen Verkehr zwischen Frem-
den und Eingeborenen gekommen, einem Verkehr, der auf gegen-
seitiger Hochachtung und Zuneigung und nicht auf Leidenschaft oder
sonstigen materiellen Interessen beruht hätte.
Das japanische Volk zeigt viele löbliche Eigenschaften, welche
uns sympathisch berühren und bei anderen Orientalen wenig oder gar
nicht entgegentreten. Wie der Anblick der schönen Natur den An-
kömmling im Reiche Nippon erfreut, so wird er auch durch die Rein-
lichkeit seiner Bewohner, durch ihr freundliches, humanes Wesen,
dem Würde und Selbstbewusstsein nicht fehlen, durch ihre Intelligenz
und Empfänglichkeit für die Schönheiten der Natur und die Vortheile
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/489>, abgerufen am 22.11.2024.
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