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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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II. Ethnographie.
Papier oder Baumwolle deckt. In den nemaki *) gehüllt, ausgestreckt
auf dem futon, welcher unmittelbar über den tatami ausgebreitet wird,
mit dem Nacken im Sattel des makura ruhend, hält der Japaner
seinen Schlaf, während dessen ihn die ausgespannte Kaya (das Mos-
kito-Netz) vor Stechfliegen schützt. Diese Kaya besteht aus lockerem
Hanf- oder Baumwollgewebe und wird an vier Decknägeln des Zimmers
befestigt.

Die Zimmer werden Nachts durch andon (Lampen) oder rosoku
(Kerzen aus dem Pflanzentalg, welchen die Samen von Rhus succe-
danea und Rh. vernicifera liefern) erhellt **). Mit dem Bett aber
bringt man eine grosse stehende Papierlaterne in das Zimmer, worin
die Oellampe (oder andon) ruhig brennt.

In einem Zimmer jedes japanischen Hauses befindet sich der
Hausaltar, kami-dana oder Götterschrank, ein hölzerner Shintotempel
en miniature, worin unter anderem Täfelchen, welche die Namen
von Göttern tragen, aufbewahrt werden und vor dem der Hausherr
täglich seine Andacht verrichtet.

Der zweite Stock eines japanischen Hauses ist immer noch
niedriger als der erste und steht in der Regel weit hinter diesem
zurück, so dass ein niedriges Vordach und ein höher gelegenes Mittel-
dach angewandt wird. Einstöckige Gebäude sind jedoch sehr zahlreich.
Den Raum zwischen der gedielten und mit Tapete überzogenen Decke
und dem Dach bewohnen gewöhnlich die Ratten, welche Nachts auch
die Schlafräume heimsuchen und hier sehr lästig werden können ***).

Auf dem Lande sind die Häuser meist isoliert, während in den
Städten ein Holzbau sich unmittelbar dem anderen anreiht. Hier-
durch, sowie durch den Mangel an Kaminen, die unzweckmässigen
Heizvorrichtungen während des Winters und ungenügende Controlle
sind Feuersbrünste an der Tagesordnung +). Selten beginnt und endet

*) Statt des nemaki kann der Reisende eine leichte Matratze zum Zudecken
erhalten, doch thut er wohl, wenn er gleich dem Verfasser zwei Paar leinene
Betttücher und ein Rosshaarkissen mit sich führt, nicht blos der Reinlichkeit und
Bequemlichkeit wegen, sondern auch um sich besser gegen die Flöhe zu schützen,
die in den japanischen Nachtanzügen viel zu Hause sein sollen.
**) In der Neuzeit hat die Petroleumlampe die früheren Beleuchtungsvor-
richtungen an vielen Stellen schon verdrängt.
***) Wiederholt kam es z. B. bei mir vor, dass sie die Stearinkerze neben
meinem Kopfe vom Leuchter abfrassen und über mich wegliefen.
+) Bousquet zählt sie mit Recht zu den Geiseln (fleaux) des Landes
Die Angaben, dass durchschnittlich in sieben oder wohl gar nach fünf Jahren
die japanischen Wohnungen durch Feuer zerstört werden, welchen man vielfach
begegnet, sind jedoch weit übertrieben.

II. Ethnographie.
Papier oder Baumwolle deckt. In den nemaki *) gehüllt, ausgestreckt
auf dem futon, welcher unmittelbar über den tatami ausgebreitet wird,
mit dem Nacken im Sattel des makura ruhend, hält der Japaner
seinen Schlaf, während dessen ihn die ausgespannte Kaya (das Mos-
kito-Netz) vor Stechfliegen schützt. Diese Kaya besteht aus lockerem
Hanf- oder Baumwollgewebe und wird an vier Decknägeln des Zimmers
befestigt.

Die Zimmer werden Nachts durch andon (Lampen) oder rosoku
(Kerzen aus dem Pflanzentalg, welchen die Samen von Rhus succe-
danea und Rh. vernicifera liefern) erhellt **). Mit dem Bett aber
bringt man eine grosse stehende Papierlaterne in das Zimmer, worin
die Oellampe (oder andon) ruhig brennt.

In einem Zimmer jedes japanischen Hauses befindet sich der
Hausaltar, kami-dana oder Götterschrank, ein hölzerner Shintôtempel
en miniature, worin unter anderem Täfelchen, welche die Namen
von Göttern tragen, aufbewahrt werden und vor dem der Hausherr
täglich seine Andacht verrichtet.

Der zweite Stock eines japanischen Hauses ist immer noch
niedriger als der erste und steht in der Regel weit hinter diesem
zurück, so dass ein niedriges Vordach und ein höher gelegenes Mittel-
dach angewandt wird. Einstöckige Gebäude sind jedoch sehr zahlreich.
Den Raum zwischen der gedielten und mit Tapete überzogenen Decke
und dem Dach bewohnen gewöhnlich die Ratten, welche Nachts auch
die Schlafräume heimsuchen und hier sehr lästig werden können ***).

Auf dem Lande sind die Häuser meist isoliert, während in den
Städten ein Holzbau sich unmittelbar dem anderen anreiht. Hier-
durch, sowie durch den Mangel an Kaminen, die unzweckmässigen
Heizvorrichtungen während des Winters und ungenügende Controlle
sind Feuersbrünste an der Tagesordnung †). Selten beginnt und endet

*) Statt des nemaki kann der Reisende eine leichte Matratze zum Zudecken
erhalten, doch thut er wohl, wenn er gleich dem Verfasser zwei Paar leinene
Betttücher und ein Rosshaarkissen mit sich führt, nicht blos der Reinlichkeit und
Bequemlichkeit wegen, sondern auch um sich besser gegen die Flöhe zu schützen,
die in den japanischen Nachtanzügen viel zu Hause sein sollen.
**) In der Neuzeit hat die Petroleumlampe die früheren Beleuchtungsvor-
richtungen an vielen Stellen schon verdrängt.
***) Wiederholt kam es z. B. bei mir vor, dass sie die Stearinkerze neben
meinem Kopfe vom Leuchter abfrassen und über mich wegliefen.
†) Bousquet zählt sie mit Recht zu den Geiseln (fléaux) des Landes
Die Angaben, dass durchschnittlich in sieben oder wohl gar nach fünf Jahren
die japanischen Wohnungen durch Feuer zerstört werden, welchen man vielfach
begegnet, sind jedoch weit übertrieben.
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[484/0518] II. Ethnographie. Papier oder Baumwolle deckt. In den nemaki *) gehüllt, ausgestreckt auf dem futon, welcher unmittelbar über den tatami ausgebreitet wird, mit dem Nacken im Sattel des makura ruhend, hält der Japaner seinen Schlaf, während dessen ihn die ausgespannte Kaya (das Mos- kito-Netz) vor Stechfliegen schützt. Diese Kaya besteht aus lockerem Hanf- oder Baumwollgewebe und wird an vier Decknägeln des Zimmers befestigt. Die Zimmer werden Nachts durch andon (Lampen) oder rosoku (Kerzen aus dem Pflanzentalg, welchen die Samen von Rhus succe- danea und Rh. vernicifera liefern) erhellt **). Mit dem Bett aber bringt man eine grosse stehende Papierlaterne in das Zimmer, worin die Oellampe (oder andon) ruhig brennt. In einem Zimmer jedes japanischen Hauses befindet sich der Hausaltar, kami-dana oder Götterschrank, ein hölzerner Shintôtempel en miniature, worin unter anderem Täfelchen, welche die Namen von Göttern tragen, aufbewahrt werden und vor dem der Hausherr täglich seine Andacht verrichtet. Der zweite Stock eines japanischen Hauses ist immer noch niedriger als der erste und steht in der Regel weit hinter diesem zurück, so dass ein niedriges Vordach und ein höher gelegenes Mittel- dach angewandt wird. Einstöckige Gebäude sind jedoch sehr zahlreich. Den Raum zwischen der gedielten und mit Tapete überzogenen Decke und dem Dach bewohnen gewöhnlich die Ratten, welche Nachts auch die Schlafräume heimsuchen und hier sehr lästig werden können ***). Auf dem Lande sind die Häuser meist isoliert, während in den Städten ein Holzbau sich unmittelbar dem anderen anreiht. Hier- durch, sowie durch den Mangel an Kaminen, die unzweckmässigen Heizvorrichtungen während des Winters und ungenügende Controlle sind Feuersbrünste an der Tagesordnung †). Selten beginnt und endet *) Statt des nemaki kann der Reisende eine leichte Matratze zum Zudecken erhalten, doch thut er wohl, wenn er gleich dem Verfasser zwei Paar leinene Betttücher und ein Rosshaarkissen mit sich führt, nicht blos der Reinlichkeit und Bequemlichkeit wegen, sondern auch um sich besser gegen die Flöhe zu schützen, die in den japanischen Nachtanzügen viel zu Hause sein sollen. **) In der Neuzeit hat die Petroleumlampe die früheren Beleuchtungsvor- richtungen an vielen Stellen schon verdrängt. ***) Wiederholt kam es z. B. bei mir vor, dass sie die Stearinkerze neben meinem Kopfe vom Leuchter abfrassen und über mich wegliefen. †) Bousquet zählt sie mit Recht zu den Geiseln (fléaux) des Landes Die Angaben, dass durchschnittlich in sieben oder wohl gar nach fünf Jahren die japanischen Wohnungen durch Feuer zerstört werden, welchen man vielfach begegnet, sind jedoch weit übertrieben.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/518>, abgerufen am 22.11.2024.