armselig und durchräuchert als die andere; mit dem Wohlstande und der äusseren Sauberkeit, welche uns in mancher europäischen neben vielem Andern angenehm überraschen, hält keine machi nur entfernt den Vergleich aus. Nur ausnahmsweise sind hier die Strassen ge- pflastert, nur selten wird, mit Ausnahme der Samuraiwohnungen, ein schön gepflegtes Gärtchen von ihnen aus sichtbar.
In der Regel bewohnt jede Familie, auch die ärmste, ein Haus allein. Die Grösse einer japanischen Stadt wurde früher nie nach der Einwohnerzahl, sondern stets nach ihrer Länge und Breite und der Zahl ihrer Häuser geschätzt. Multipliciert man letztere mit 4, so erhält man annähernd genau die Zahl ihrer Bewohner, da häufig eine Familie mehrere Häuser zugleich inne hat, die mitgezählt wer- den. Einige Beispiele mögen das Verhältniss der Einwohnerzahl zur Zahl der Häuser zeigen. Nach japanischen Angaben hat:
Matsuye 8700 Häuser mit 38400 Bew., also 4,4 Bew. auf ein Haus.
Hiroshima 19000 " " 75800 " " 4,0 " " " "
Niigata 9820 " " 34000 " " 3,45 " " " "
Kioto 63217 " " 230000 " " 3,6 " " " "
Die meisten grösseren Städte Japans waren früher Residenzen (Jokas) von Daimios; ihre Grösse stand im allgemeinen im Verhält- niss zu den Revenüen dieser Fürsten. Mit Rücksicht hierauf und auf die historische Bedeutung derselben gibt die topographische Karte alle ehemaligen Jokas an und zeichnet sie mit einem Fähnchen ([ - 1 Zeichen fehlt]) aus, während bei Erwähnung derselben im nachfolgenden Texte Fa- milienname und Einkommen der Daimio, welche in ihnen wohnten, erwähnt werden.
Die Ordnung, welche wir unserer kurzen topographischen Be- schreibung und statistischen Uebersicht zu Grunde gelegt haben, ist die der Landschaften und Provinzen, wie sie bereits pag. 9--12 an- geführt wurden. Zur Grundlage dienen eigene Beobachtungen und an Ort und Stelle gesammelte Notizen, sonstige Beschreibungen, so- weit solche überhaupt vorliegen, und das officielle Werk Nippon Chishi Tei-yo *), welches 1874--1879 in 8 Bändchen erschienen ist. Die Einwohnerzahlen gelten meist für 1875.
I. Das Go-kinai oder die fünf Stammprovinzen,
innerhalb welcher alle kaiserlichen Residenzen lagen, die lange den Kern des Reiches und die Revenüen des Herrscherhauses bildeten.
*) Chi = Erde, shi = Kunde, Lehre, tei-yo = hauptsächlich, also "haupt- sächliche Erdkunde von Japan".
III. Topographie.
armselig und durchräuchert als die andere; mit dem Wohlstande und der äusseren Sauberkeit, welche uns in mancher europäischen neben vielem Andern angenehm überraschen, hält keine machi nur entfernt den Vergleich aus. Nur ausnahmsweise sind hier die Strassen ge- pflastert, nur selten wird, mit Ausnahme der Samuraiwohnungen, ein schön gepflegtes Gärtchen von ihnen aus sichtbar.
In der Regel bewohnt jede Familie, auch die ärmste, ein Haus allein. Die Grösse einer japanischen Stadt wurde früher nie nach der Einwohnerzahl, sondern stets nach ihrer Länge und Breite und der Zahl ihrer Häuser geschätzt. Multipliciert man letztere mit 4, so erhält man annähernd genau die Zahl ihrer Bewohner, da häufig eine Familie mehrere Häuser zugleich inne hat, die mitgezählt wer- den. Einige Beispiele mögen das Verhältniss der Einwohnerzahl zur Zahl der Häuser zeigen. Nach japanischen Angaben hat:
Matsuye 8700 Häuser mit 38400 Bew., also 4,4 Bew. auf ein Haus.
Hiroshima 19000 » » 75800 » » 4,0 » » » »
Niigata 9820 » » 34000 » » 3,45 » » » »
Kiôto 63217 » » 230000 » » 3,6 » » » »
Die meisten grösseren Städte Japans waren früher Residenzen (Jôkas) von Daimios; ihre Grösse stand im allgemeinen im Verhält- niss zu den Revenüen dieser Fürsten. Mit Rücksicht hierauf und auf die historische Bedeutung derselben gibt die topographische Karte alle ehemaligen Jôkas an und zeichnet sie mit einem Fähnchen ([ – 1 Zeichen fehlt]) aus, während bei Erwähnung derselben im nachfolgenden Texte Fa- milienname und Einkommen der Daimio, welche in ihnen wohnten, erwähnt werden.
Die Ordnung, welche wir unserer kurzen topographischen Be- schreibung und statistischen Uebersicht zu Grunde gelegt haben, ist die der Landschaften und Provinzen, wie sie bereits pag. 9—12 an- geführt wurden. Zur Grundlage dienen eigene Beobachtungen und an Ort und Stelle gesammelte Notizen, sonstige Beschreibungen, so- weit solche überhaupt vorliegen, und das officielle Werk Nippon Chishi Tei-yo *), welches 1874—1879 in 8 Bändchen erschienen ist. Die Einwohnerzahlen gelten meist für 1875.
I. Das Go-kinai oder die fünf Stammprovinzen,
innerhalb welcher alle kaiserlichen Residenzen lagen, die lange den Kern des Reiches und die Revenüen des Herrscherhauses bildeten.
*) Chi = Erde, shi = Kunde, Lehre, tei-yo = hauptsächlich, also »haupt- sächliche Erdkunde von Japan«.
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III. Topographie.
armselig und durchräuchert als die andere; mit dem Wohlstande und
der äusseren Sauberkeit, welche uns in mancher europäischen neben
vielem Andern angenehm überraschen, hält keine machi nur entfernt
den Vergleich aus. Nur ausnahmsweise sind hier die Strassen ge-
pflastert, nur selten wird, mit Ausnahme der Samuraiwohnungen, ein
schön gepflegtes Gärtchen von ihnen aus sichtbar.
In der Regel bewohnt jede Familie, auch die ärmste, ein Haus
allein. Die Grösse einer japanischen Stadt wurde früher nie nach
der Einwohnerzahl, sondern stets nach ihrer Länge und Breite und
der Zahl ihrer Häuser geschätzt. Multipliciert man letztere mit 4,
so erhält man annähernd genau die Zahl ihrer Bewohner, da häufig
eine Familie mehrere Häuser zugleich inne hat, die mitgezählt wer-
den. Einige Beispiele mögen das Verhältniss der Einwohnerzahl zur
Zahl der Häuser zeigen. Nach japanischen Angaben hat:
Matsuye 8700 Häuser mit 38400 Bew., also 4,4 Bew. auf ein Haus.
Hiroshima 19000 » » 75800 » » 4,0 » » » »
Niigata 9820 » » 34000 » » 3,45 » » » »
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Die meisten grösseren Städte Japans waren früher Residenzen
(Jôkas) von Daimios; ihre Grösse stand im allgemeinen im Verhält-
niss zu den Revenüen dieser Fürsten. Mit Rücksicht hierauf und auf
die historische Bedeutung derselben gibt die topographische Karte
alle ehemaligen Jôkas an und zeichnet sie mit einem Fähnchen (_)
aus, während bei Erwähnung derselben im nachfolgenden Texte Fa-
milienname und Einkommen der Daimio, welche in ihnen wohnten,
erwähnt werden.
Die Ordnung, welche wir unserer kurzen topographischen Be-
schreibung und statistischen Uebersicht zu Grunde gelegt haben, ist
die der Landschaften und Provinzen, wie sie bereits pag. 9—12 an-
geführt wurden. Zur Grundlage dienen eigene Beobachtungen und
an Ort und Stelle gesammelte Notizen, sonstige Beschreibungen, so-
weit solche überhaupt vorliegen, und das officielle Werk Nippon
Chishi Tei-yo *), welches 1874—1879 in 8 Bändchen erschienen ist.
Die Einwohnerzahlen gelten meist für 1875.
I. Das Go-kinai oder die fünf Stammprovinzen,
innerhalb welcher alle kaiserlichen Residenzen lagen, die lange den
Kern des Reiches und die Revenüen des Herrscherhauses bildeten.
*) Chi = Erde, shi = Kunde, Lehre, tei-yo = hauptsächlich, also »haupt-
sächliche Erdkunde von Japan«.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/578>, abgerufen am 02.11.2024.
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