Wie in Kioto, so hat auch die Bevölkerung von Osaka, wenn man den früheren Angaben über ihre Grösse Glauben schenken darf, seit der Regierung Meiji beträchtlich abgenommen. Der Hafen der Stadt ist gleich dem von Tokio zu seicht, um grösseren Seeschiffen den Zugang zu gestatten; darum hat, wie dort Yokohama, so hier das nahe und mittelst Eisenbahn in einer Stunde erreichbare Kobe den ganzen auswärtigen Handel in Händen. Das schön gebaute Fremden- viertel in Kawaguchi vermochte damit nicht zu concurrieren.
Kommt man von Fushimi her mit einem flachen Boote den Yodo- gawa herunter nach Osaka, so fallen gleich Eingangs zur Linken die gewaltigen Umfassungsmauern des alten Schlosses auf. Die wechsel- volle Geschichte desselben zur Zeit des Nobunaga, Hideyoshi und am Anfang und Ende der Tokugawa-Shogune ist bekannt. Iyeyasu betrachtete diese Veste gleich dem Schlosse von Fushimi als die Schlüssel zu Kioto und befahl, dass sie stets nur ganz zuverlässigen Händen anvertraut werden sollten. Noch in Ruinen imponiert das ehemals so mächtige Bauwerk mit den gewaltigen Umfassungsmauern aus grossen Granitquadern.
Den alten Rang als erste Handelsstadt des Reiches hat sich Osaka, wenigstens was den Binnenverkehr anlangt, erhalten. Hier wohnten und wohnen die grossen Kaufleute, welche ehemals als Banquiers und Creditoren der Landesfürsten die wichtigsten Producte und Bedürfnisse des Landes, wie namentlich Reis, Baumwolle und Seidenwaaren, in ihren Magazinen sammelten. Die günstige Lage der Stadt in der Mitte des Landes und als natürlicher Hafen und Aus- gang für die Residenz- und Industriestadt Kioto hatten ihr diese hohe commercielle Bedeutung, welche schon Kaempfer betont, gesichert. Die Mittel und Geschäftskenntniss ihrer Kaufleute werden das ihrige thun, sie zu erhalten.
Die Schwierigkeiten, zu landen, welche Jimmu-Tenno in der Nähe des heutigen Osaka in Folge der schnellen Wellen (Nami-haya) 560 v. Chr. fand, waren die Veranlassung für die ältere Benennung der Stadt. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Name Naniwa, welchen man als Corruption von Nami-haya deutet, mit dem jetzigen Osaka vertauscht. Diesen leitet man von oye, grosser Fluss, und saka, Felsen, ab.
Hiogo-Kobe, 41000 Einwohner, liegt 36 Kilometer westlich von Osaka. Der östliche Theil Kobe, eine Stadt für sich mit etwa 9000 Einwohnern, ist vom alten Hiogo nur durch das meist trockene Geröllbett eines Baches geschieden. Kobe ist eine neue Stadt, prächtig gelegen, mit tiefem, sicherem Hafen, dessen Handelsverkehr nur dem
III. Topographie.
Wie in Kiôto, so hat auch die Bevölkerung von Ôsaka, wenn man den früheren Angaben über ihre Grösse Glauben schenken darf, seit der Regierung Meiji beträchtlich abgenommen. Der Hafen der Stadt ist gleich dem von Tôkio zu seicht, um grösseren Seeschiffen den Zugang zu gestatten; darum hat, wie dort Yokôhama, so hier das nahe und mittelst Eisenbahn in einer Stunde erreichbare Kobe den ganzen auswärtigen Handel in Händen. Das schön gebaute Fremden- viertel in Kawaguchi vermochte damit nicht zu concurrieren.
Kommt man von Fushimi her mit einem flachen Boote den Yodo- gawa herunter nach Ôsaka, so fallen gleich Eingangs zur Linken die gewaltigen Umfassungsmauern des alten Schlosses auf. Die wechsel- volle Geschichte desselben zur Zeit des Nobunaga, Hideyoshi und am Anfang und Ende der Tokugawa-Shôgune ist bekannt. Iyeyasu betrachtete diese Veste gleich dem Schlosse von Fushimi als die Schlüssel zu Kiôto und befahl, dass sie stets nur ganz zuverlässigen Händen anvertraut werden sollten. Noch in Ruinen imponiert das ehemals so mächtige Bauwerk mit den gewaltigen Umfassungsmauern aus grossen Granitquadern.
Den alten Rang als erste Handelsstadt des Reiches hat sich Ôsaka, wenigstens was den Binnenverkehr anlangt, erhalten. Hier wohnten und wohnen die grossen Kaufleute, welche ehemals als Banquiers und Creditoren der Landesfürsten die wichtigsten Producte und Bedürfnisse des Landes, wie namentlich Reis, Baumwolle und Seidenwaaren, in ihren Magazinen sammelten. Die günstige Lage der Stadt in der Mitte des Landes und als natürlicher Hafen und Aus- gang für die Residenz- und Industriestadt Kiôto hatten ihr diese hohe commercielle Bedeutung, welche schon Kaempfer betont, gesichert. Die Mittel und Geschäftskenntniss ihrer Kaufleute werden das ihrige thun, sie zu erhalten.
Die Schwierigkeiten, zu landen, welche Jimmu-Tennô in der Nähe des heutigen Ôsaka in Folge der schnellen Wellen (Nami-haya) 560 v. Chr. fand, waren die Veranlassung für die ältere Benennung der Stadt. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Name Naniwa, welchen man als Corruption von Nami-haya deutet, mit dem jetzigen Ôsaka vertauscht. Diesen leitet man von oye, grosser Fluss, und saka, Felsen, ab.
Hiogo-Kobe, 41000 Einwohner, liegt 36 Kilometer westlich von Ôsaka. Der östliche Theil Kobe, eine Stadt für sich mit etwa 9000 Einwohnern, ist vom alten Hiogo nur durch das meist trockene Geröllbett eines Baches geschieden. Kobe ist eine neue Stadt, prächtig gelegen, mit tiefem, sicherem Hafen, dessen Handelsverkehr nur dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0588"n="548"/><fwplace="top"type="header">III. Topographie.</fw><lb/><p>Wie in Kiôto, so hat auch die Bevölkerung von Ôsaka, wenn<lb/>
man den früheren Angaben über ihre Grösse Glauben schenken darf,<lb/>
seit der Regierung Meiji beträchtlich abgenommen. Der Hafen der<lb/>
Stadt ist gleich dem von Tôkio zu seicht, um grösseren Seeschiffen<lb/>
den Zugang zu gestatten; darum hat, wie dort Yokôhama, so hier<lb/>
das nahe und mittelst Eisenbahn in einer Stunde erreichbare Kobe den<lb/>
ganzen auswärtigen Handel in Händen. Das schön gebaute Fremden-<lb/>
viertel in Kawaguchi vermochte damit nicht zu concurrieren.</p><lb/><p>Kommt man von Fushimi her mit einem flachen Boote den Yodo-<lb/>
gawa herunter nach Ôsaka, so fallen gleich Eingangs zur Linken die<lb/>
gewaltigen Umfassungsmauern des alten Schlosses auf. Die wechsel-<lb/>
volle Geschichte desselben zur Zeit des Nobunaga, Hideyoshi und<lb/>
am Anfang und Ende der Tokugawa-Shôgune ist bekannt. Iyeyasu<lb/>
betrachtete diese Veste gleich dem Schlosse von Fushimi als die<lb/>
Schlüssel zu Kiôto und befahl, dass sie stets nur ganz zuverlässigen<lb/>
Händen anvertraut werden sollten. Noch in Ruinen imponiert das<lb/>
ehemals so mächtige Bauwerk mit den gewaltigen Umfassungsmauern<lb/>
aus grossen Granitquadern.</p><lb/><p>Den alten Rang als erste Handelsstadt des Reiches hat sich<lb/>
Ôsaka, wenigstens was den Binnenverkehr anlangt, erhalten. Hier<lb/>
wohnten und wohnen die grossen Kaufleute, welche ehemals als<lb/>
Banquiers und Creditoren der Landesfürsten die wichtigsten Producte<lb/>
und Bedürfnisse des Landes, wie namentlich Reis, Baumwolle und<lb/>
Seidenwaaren, in ihren Magazinen sammelten. Die günstige Lage der<lb/>
Stadt in der Mitte des Landes und als natürlicher Hafen und Aus-<lb/>
gang für die Residenz- und Industriestadt Kiôto hatten ihr diese hohe<lb/>
commercielle Bedeutung, welche schon <hirendition="#g">Kaempfer</hi> betont, gesichert.<lb/>
Die Mittel und Geschäftskenntniss ihrer Kaufleute werden das ihrige<lb/>
thun, sie zu erhalten.</p><lb/><p>Die Schwierigkeiten, zu landen, welche Jimmu-Tennô in der<lb/>
Nähe des heutigen Ôsaka in Folge der schnellen Wellen (Nami-haya)<lb/>
560 v. Chr. fand, waren die Veranlassung für die ältere Benennung<lb/>
der Stadt. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Name<lb/><hirendition="#g">Naniwa</hi>, welchen man als Corruption von Nami-haya deutet, mit<lb/>
dem jetzigen Ôsaka vertauscht. Diesen leitet man von oye, grosser<lb/>
Fluss, und saka, Felsen, ab.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hiogo-Kobe</hi>, 41000 Einwohner, liegt 36 Kilometer westlich<lb/>
von Ôsaka. Der östliche Theil <hirendition="#g">Kobe</hi>, eine Stadt für sich mit etwa<lb/>
9000 Einwohnern, ist vom alten Hiogo nur durch das meist trockene<lb/>
Geröllbett eines Baches geschieden. Kobe ist eine neue Stadt, prächtig<lb/>
gelegen, mit tiefem, sicherem Hafen, dessen Handelsverkehr nur dem<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[548/0588]
III. Topographie.
Wie in Kiôto, so hat auch die Bevölkerung von Ôsaka, wenn
man den früheren Angaben über ihre Grösse Glauben schenken darf,
seit der Regierung Meiji beträchtlich abgenommen. Der Hafen der
Stadt ist gleich dem von Tôkio zu seicht, um grösseren Seeschiffen
den Zugang zu gestatten; darum hat, wie dort Yokôhama, so hier
das nahe und mittelst Eisenbahn in einer Stunde erreichbare Kobe den
ganzen auswärtigen Handel in Händen. Das schön gebaute Fremden-
viertel in Kawaguchi vermochte damit nicht zu concurrieren.
Kommt man von Fushimi her mit einem flachen Boote den Yodo-
gawa herunter nach Ôsaka, so fallen gleich Eingangs zur Linken die
gewaltigen Umfassungsmauern des alten Schlosses auf. Die wechsel-
volle Geschichte desselben zur Zeit des Nobunaga, Hideyoshi und
am Anfang und Ende der Tokugawa-Shôgune ist bekannt. Iyeyasu
betrachtete diese Veste gleich dem Schlosse von Fushimi als die
Schlüssel zu Kiôto und befahl, dass sie stets nur ganz zuverlässigen
Händen anvertraut werden sollten. Noch in Ruinen imponiert das
ehemals so mächtige Bauwerk mit den gewaltigen Umfassungsmauern
aus grossen Granitquadern.
Den alten Rang als erste Handelsstadt des Reiches hat sich
Ôsaka, wenigstens was den Binnenverkehr anlangt, erhalten. Hier
wohnten und wohnen die grossen Kaufleute, welche ehemals als
Banquiers und Creditoren der Landesfürsten die wichtigsten Producte
und Bedürfnisse des Landes, wie namentlich Reis, Baumwolle und
Seidenwaaren, in ihren Magazinen sammelten. Die günstige Lage der
Stadt in der Mitte des Landes und als natürlicher Hafen und Aus-
gang für die Residenz- und Industriestadt Kiôto hatten ihr diese hohe
commercielle Bedeutung, welche schon Kaempfer betont, gesichert.
Die Mittel und Geschäftskenntniss ihrer Kaufleute werden das ihrige
thun, sie zu erhalten.
Die Schwierigkeiten, zu landen, welche Jimmu-Tennô in der
Nähe des heutigen Ôsaka in Folge der schnellen Wellen (Nami-haya)
560 v. Chr. fand, waren die Veranlassung für die ältere Benennung
der Stadt. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Name
Naniwa, welchen man als Corruption von Nami-haya deutet, mit
dem jetzigen Ôsaka vertauscht. Diesen leitet man von oye, grosser
Fluss, und saka, Felsen, ab.
Hiogo-Kobe, 41000 Einwohner, liegt 36 Kilometer westlich
von Ôsaka. Der östliche Theil Kobe, eine Stadt für sich mit etwa
9000 Einwohnern, ist vom alten Hiogo nur durch das meist trockene
Geröllbett eines Baches geschieden. Kobe ist eine neue Stadt, prächtig
gelegen, mit tiefem, sicherem Hafen, dessen Handelsverkehr nur dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/588>, abgerufen am 02.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.