Allenthalben sah man die Spuren der entsetzlichen Verwüstung, namentlich im Gebiete des Chikuma-gawa. Benachbarte Provinzen wurden ebenfalls mehr oder weniger heimgesucht.
Während des Jahres 1854 kam die Erde kaum zur Ruhe. Die heftigsten und verderbenbringendsten Erschütterungen fanden jedoch am 8. Juli und vor Allem am 4. November statt. Es war Letztere von einer Meeresfluth begleitet und erstreckte sich fast über das ganze Land, besonders heftig jedoch über die Südseite von Hondo, Shikoku und Kiushiu. Das Kuwanto wurde weniger davon berührt, aber aus allen übrigen südwärts gelegenen Provinzen des Tokaido, Nakasendo, Gokinai, Sanyodo, Kiushiu und Shikoku liegen eine Menge Berichte vor, welche beweisen, dass einerseits der Einsturz der Gebäude und ihm folgende Brände, andererseits und vor Allem die Meeresfluth ihr Vernichtungswerk an Hunderten von Orten trieben. Der Hafenort Shimoda wurde bei dieser Gelegenheit überschwemmt, und es scheiterte eine russische Fregatte.
Das letzte grosse Erdbeben für die Hauptstadt Tokio war das vom Jahre 1855. Die Schrecken, die es brachte, leben noch jetzt in der Erinnerung des Volkes, und man fürchtet Nichts mehr, als eine Wiederholung des Ereignisses. Im ganzen wurden innerhalb eines Monates 80 Stösse wahrgenommen, die heftigsten am 10. November Nachts. Bald war Yedo in einen Schutthaufen verwandelt, und es brach gleichzeitig an 30 verschiedenen Stellen Feuer aus. Es war so hell, wie am Tage, und die schwarzen Rauchwolken bedeckten den ganzen Himmel. Die Einwohner, die nicht schon vorher an Rettung gedacht hatten, fanden meist unter Balken und Trümmern ihren Tod; andere wurden ein Opfer der Flammen. Die Ueberlebenden hatten sich auf die Strassen geflüchtet. Die Erschütterungen dauerten fast ununterbrochen fort bis zum 11. November. Von Zeit zu Zeit wiederholten sich die Stösse, wurden jedoch immer schwächer, so dass das Ende dieses Erdbebens eigentlich erst am 28. November eintrat.
Die Zahl der in Yedo eingestürzten Häuser betrug 14241, der eingestürzten Magazine 1649. Doch bezieht sich dies blos auf die eigentliche Stadt, nicht auf die Wohnungen der Daimio und Samurai. 104000 Menschen fanden bei diesem Ereigniss ihren Tod. Auffallend ist, in Anbetracht der Heftigkeit, mit der es auftrat, der sehr be- schränkte Verbreitungsbezirk. Auf dem Nakasendo nahm man es nur bis Takasaki wahr, am Koshiu-kaido bis Hachioji, am Tokaido bis Hodogaya, am Oshiu-kaido bis Utsunomiya, in Shimosa bis Sakasai. Die Ebene von Kuwanto war der Heerd und Tokio das Centrum dieses Erdbebens.
Wirkungen subterraner Kräfte.
Allenthalben sah man die Spuren der entsetzlichen Verwüstung, namentlich im Gebiete des Chikuma-gawa. Benachbarte Provinzen wurden ebenfalls mehr oder weniger heimgesucht.
Während des Jahres 1854 kam die Erde kaum zur Ruhe. Die heftigsten und verderbenbringendsten Erschütterungen fanden jedoch am 8. Juli und vor Allem am 4. November statt. Es war Letztere von einer Meeresfluth begleitet und erstreckte sich fast über das ganze Land, besonders heftig jedoch über die Südseite von Hondo, Shikoku und Kiushiu. Das Kuwantô wurde weniger davon berührt, aber aus allen übrigen südwärts gelegenen Provinzen des Tôkaidô, Nakasendô, Gokinai, Sanyodô, Kiushiu und Shikoku liegen eine Menge Berichte vor, welche beweisen, dass einerseits der Einsturz der Gebäude und ihm folgende Brände, andererseits und vor Allem die Meeresfluth ihr Vernichtungswerk an Hunderten von Orten trieben. Der Hafenort Shimoda wurde bei dieser Gelegenheit überschwemmt, und es scheiterte eine russische Fregatte.
Das letzte grosse Erdbeben für die Hauptstadt Tôkio war das vom Jahre 1855. Die Schrecken, die es brachte, leben noch jetzt in der Erinnerung des Volkes, und man fürchtet Nichts mehr, als eine Wiederholung des Ereignisses. Im ganzen wurden innerhalb eines Monates 80 Stösse wahrgenommen, die heftigsten am 10. November Nachts. Bald war Yedo in einen Schutthaufen verwandelt, und es brach gleichzeitig an 30 verschiedenen Stellen Feuer aus. Es war so hell, wie am Tage, und die schwarzen Rauchwolken bedeckten den ganzen Himmel. Die Einwohner, die nicht schon vorher an Rettung gedacht hatten, fanden meist unter Balken und Trümmern ihren Tod; andere wurden ein Opfer der Flammen. Die Ueberlebenden hatten sich auf die Strassen geflüchtet. Die Erschütterungen dauerten fast ununterbrochen fort bis zum 11. November. Von Zeit zu Zeit wiederholten sich die Stösse, wurden jedoch immer schwächer, so dass das Ende dieses Erdbebens eigentlich erst am 28. November eintrat.
Die Zahl der in Yedo eingestürzten Häuser betrug 14241, der eingestürzten Magazine 1649. Doch bezieht sich dies blos auf die eigentliche Stadt, nicht auf die Wohnungen der Daimio und Samurai. 104000 Menschen fanden bei diesem Ereigniss ihren Tod. Auffallend ist, in Anbetracht der Heftigkeit, mit der es auftrat, der sehr be- schränkte Verbreitungsbezirk. Auf dem Nakasendô nahm man es nur bis Takasaki wahr, am Koshiu-kaidô bis Hachioji, am Tôkaidô bis Hodogaya, am Ôshiu-kaidô bis Utsunomiya, in Shimosa bis Sakasai. Die Ebene von Kuwantô war der Heerd und Tôkio das Centrum dieses Erdbebens.
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Wirkungen subterraner Kräfte.
Allenthalben sah man die Spuren der entsetzlichen Verwüstung,
namentlich im Gebiete des Chikuma-gawa. Benachbarte Provinzen
wurden ebenfalls mehr oder weniger heimgesucht.
Während des Jahres 1854 kam die Erde kaum zur Ruhe. Die
heftigsten und verderbenbringendsten Erschütterungen fanden jedoch
am 8. Juli und vor Allem am 4. November statt. Es war Letztere von
einer Meeresfluth begleitet und erstreckte sich fast über das ganze
Land, besonders heftig jedoch über die Südseite von Hondo, Shikoku
und Kiushiu. Das Kuwantô wurde weniger davon berührt, aber aus
allen übrigen südwärts gelegenen Provinzen des Tôkaidô, Nakasendô,
Gokinai, Sanyodô, Kiushiu und Shikoku liegen eine Menge Berichte
vor, welche beweisen, dass einerseits der Einsturz der Gebäude und
ihm folgende Brände, andererseits und vor Allem die Meeresfluth ihr
Vernichtungswerk an Hunderten von Orten trieben. Der Hafenort
Shimoda wurde bei dieser Gelegenheit überschwemmt, und es scheiterte
eine russische Fregatte.
Das letzte grosse Erdbeben für die Hauptstadt Tôkio war das
vom Jahre 1855. Die Schrecken, die es brachte, leben noch jetzt in
der Erinnerung des Volkes, und man fürchtet Nichts mehr, als eine
Wiederholung des Ereignisses. Im ganzen wurden innerhalb eines
Monates 80 Stösse wahrgenommen, die heftigsten am 10. November
Nachts. Bald war Yedo in einen Schutthaufen verwandelt, und es
brach gleichzeitig an 30 verschiedenen Stellen Feuer aus. Es war
so hell, wie am Tage, und die schwarzen Rauchwolken bedeckten
den ganzen Himmel. Die Einwohner, die nicht schon vorher an
Rettung gedacht hatten, fanden meist unter Balken und Trümmern
ihren Tod; andere wurden ein Opfer der Flammen. Die Ueberlebenden
hatten sich auf die Strassen geflüchtet. Die Erschütterungen dauerten
fast ununterbrochen fort bis zum 11. November. Von Zeit zu Zeit
wiederholten sich die Stösse, wurden jedoch immer schwächer, so dass
das Ende dieses Erdbebens eigentlich erst am 28. November eintrat.
Die Zahl der in Yedo eingestürzten Häuser betrug 14241, der
eingestürzten Magazine 1649. Doch bezieht sich dies blos auf die
eigentliche Stadt, nicht auf die Wohnungen der Daimio und Samurai.
104000 Menschen fanden bei diesem Ereigniss ihren Tod. Auffallend
ist, in Anbetracht der Heftigkeit, mit der es auftrat, der sehr be-
schränkte Verbreitungsbezirk. Auf dem Nakasendô nahm man es nur
bis Takasaki wahr, am Koshiu-kaidô bis Hachioji, am Tôkaidô bis
Hodogaya, am Ôshiu-kaidô bis Utsunomiya, in Shimosa bis Sakasai.
Die Ebene von Kuwantô war der Heerd und Tôkio das Centrum dieses
Erdbebens.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/83>, abgerufen am 21.11.2024.
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