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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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III. Geologische Verhältnisse.
Meereswellen, und das Krachen der zusammenbrechenden Gebäude
klang wie tausendfacher Donner. Glücklicherweise wurde es, nach-
dem drei wuchtige Stösse schnell auf einander gefolgt waren, etwas
ruhiger. In diesem Augenblick flüchtete Alles auf die Strassen, wo
nun Leute der verschiedensten Stände neben einander campierten. Die
Häuser in Kioto stürzten meist ein, nur wenige wurden blos beschä-
digt, keins blieb verschont. Durch den Einsturz der Godowns*), von
denen keines unbeschädigt blieb, wurden gar viele Menschen verletzt.
Dabei gab es Niemand, der die Trümmer bei Seite geschafft hätte.
Ein Jeder flehte zu den Göttern um Schutz und Rettung. Die Stärke
der Erschütterungen nahm bald ab, doch wiederholten sich dieselben
von Zeit zu Zeit, so dass man bis zum 19. August über 120 Stösse
zählte. Dann gab es etwa 3--4 Erschütterungen in jeder Stunde.
Abends um 4 Uhr kam nochmals ein sehr heftiger Stoss. Ueber die
engen Strassen spannten die von Angst gequälten und dem Regen
und Thau ausgesetzten Bewohner Strohseile; sie legten darauf Bambus-
stäbe, Strohmatten und Regenmäntel, um die Nacht wiederum im
Freien zuzubringen. Es gab auch viele Leute, die auf Bergen und
grossen, freien, entfernt gelegenen Plätzen Zuflucht suchten. Die
Erschütterungen dauerten auch am 20. August noch fort, doch kamen
nur 2--3 auf die Stunde. Noch an diesem Abende lagerte Alles im
Freien, mit Ausnahme einiger sorgsamen Leute, die Angst vor Er-
kältung hatten. Das Erdbeben hatte am Ende des Monates noch nicht
aufgehört, doch war die Zahl der Stösse auf 15--20 pro Tag herunter
gegangen. Am 2. und 3. September stellte sich starker Regen ein,
dann hob sich am letzten Tage das Meer, stürzte in das Land hinein
und drang bis Kioto vor**). Viele Menschen verloren dabei ihr Leben.
Erst einen Monat später war das Erdbeben ganz abgeschlossen.

Am 21. Juli des Jahres 1835 ereignete sich ein grosses Erdbeben
in den Provinzen Rikuzen und Rikuchiu. Das Schloss von Sendai
wurde gänzlich zerstört, und 400--500 Häuser wurden durch die herein-
stürzende Erdbebenwelle mit in das Meer genommen, so dass viele
Menschen umkamen.

In der Provinz Shinano wüthete am 8. Mai 1847 Abends zwischen
8 und 10 Uhr ein ungewöhnlich heftiges Erdbeben. Berge und Häuser
stürzten ein, Thermen verschwanden und andere brachen hervor,
Flüsse veränderten ihren Lauf und überschwemmten weite Strecken.

*) Feuerfeste, weiss übertünchte Gebäude, die besonders als Vorrathsräume
der Kaufleute dienen und abseits der hölzernen Wohnungen und der Strassen stehen.
Die Japaner nennen sie dozo oder kura.
**) Dies ist wohl so zu verstehen, dass der Fluss bis hierher gestaut wurde.

III. Geologische Verhältnisse.
Meereswellen, und das Krachen der zusammenbrechenden Gebäude
klang wie tausendfacher Donner. Glücklicherweise wurde es, nach-
dem drei wuchtige Stösse schnell auf einander gefolgt waren, etwas
ruhiger. In diesem Augenblick flüchtete Alles auf die Strassen, wo
nun Leute der verschiedensten Stände neben einander campierten. Die
Häuser in Kiôto stürzten meist ein, nur wenige wurden blos beschä-
digt, keins blieb verschont. Durch den Einsturz der Godowns*), von
denen keines unbeschädigt blieb, wurden gar viele Menschen verletzt.
Dabei gab es Niemand, der die Trümmer bei Seite geschafft hätte.
Ein Jeder flehte zu den Göttern um Schutz und Rettung. Die Stärke
der Erschütterungen nahm bald ab, doch wiederholten sich dieselben
von Zeit zu Zeit, so dass man bis zum 19. August über 120 Stösse
zählte. Dann gab es etwa 3—4 Erschütterungen in jeder Stunde.
Abends um 4 Uhr kam nochmals ein sehr heftiger Stoss. Ueber die
engen Strassen spannten die von Angst gequälten und dem Regen
und Thau ausgesetzten Bewohner Strohseile; sie legten darauf Bambus-
stäbe, Strohmatten und Regenmäntel, um die Nacht wiederum im
Freien zuzubringen. Es gab auch viele Leute, die auf Bergen und
grossen, freien, entfernt gelegenen Plätzen Zuflucht suchten. Die
Erschütterungen dauerten auch am 20. August noch fort, doch kamen
nur 2—3 auf die Stunde. Noch an diesem Abende lagerte Alles im
Freien, mit Ausnahme einiger sorgsamen Leute, die Angst vor Er-
kältung hatten. Das Erdbeben hatte am Ende des Monates noch nicht
aufgehört, doch war die Zahl der Stösse auf 15—20 pro Tag herunter
gegangen. Am 2. und 3. September stellte sich starker Regen ein,
dann hob sich am letzten Tage das Meer, stürzte in das Land hinein
und drang bis Kiôto vor**). Viele Menschen verloren dabei ihr Leben.
Erst einen Monat später war das Erdbeben ganz abgeschlossen.

Am 21. Juli des Jahres 1835 ereignete sich ein grosses Erdbeben
in den Provinzen Rikuzen und Rikuchiu. Das Schloss von Sendai
wurde gänzlich zerstört, und 400—500 Häuser wurden durch die herein-
stürzende Erdbebenwelle mit in das Meer genommen, so dass viele
Menschen umkamen.

In der Provinz Shinano wüthete am 8. Mai 1847 Abends zwischen
8 und 10 Uhr ein ungewöhnlich heftiges Erdbeben. Berge und Häuser
stürzten ein, Thermen verschwanden und andere brachen hervor,
Flüsse veränderten ihren Lauf und überschwemmten weite Strecken.

*) Feuerfeste, weiss übertünchte Gebäude, die besonders als Vorrathsräume
der Kaufleute dienen und abseits der hölzernen Wohnungen und der Strassen stehen.
Die Japaner nennen sie dozô oder kura.
**) Dies ist wohl so zu verstehen, dass der Fluss bis hierher gestaut wurde.
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[62/0082] III. Geologische Verhältnisse. Meereswellen, und das Krachen der zusammenbrechenden Gebäude klang wie tausendfacher Donner. Glücklicherweise wurde es, nach- dem drei wuchtige Stösse schnell auf einander gefolgt waren, etwas ruhiger. In diesem Augenblick flüchtete Alles auf die Strassen, wo nun Leute der verschiedensten Stände neben einander campierten. Die Häuser in Kiôto stürzten meist ein, nur wenige wurden blos beschä- digt, keins blieb verschont. Durch den Einsturz der Godowns *), von denen keines unbeschädigt blieb, wurden gar viele Menschen verletzt. Dabei gab es Niemand, der die Trümmer bei Seite geschafft hätte. Ein Jeder flehte zu den Göttern um Schutz und Rettung. Die Stärke der Erschütterungen nahm bald ab, doch wiederholten sich dieselben von Zeit zu Zeit, so dass man bis zum 19. August über 120 Stösse zählte. Dann gab es etwa 3—4 Erschütterungen in jeder Stunde. Abends um 4 Uhr kam nochmals ein sehr heftiger Stoss. Ueber die engen Strassen spannten die von Angst gequälten und dem Regen und Thau ausgesetzten Bewohner Strohseile; sie legten darauf Bambus- stäbe, Strohmatten und Regenmäntel, um die Nacht wiederum im Freien zuzubringen. Es gab auch viele Leute, die auf Bergen und grossen, freien, entfernt gelegenen Plätzen Zuflucht suchten. Die Erschütterungen dauerten auch am 20. August noch fort, doch kamen nur 2—3 auf die Stunde. Noch an diesem Abende lagerte Alles im Freien, mit Ausnahme einiger sorgsamen Leute, die Angst vor Er- kältung hatten. Das Erdbeben hatte am Ende des Monates noch nicht aufgehört, doch war die Zahl der Stösse auf 15—20 pro Tag herunter gegangen. Am 2. und 3. September stellte sich starker Regen ein, dann hob sich am letzten Tage das Meer, stürzte in das Land hinein und drang bis Kiôto vor **). Viele Menschen verloren dabei ihr Leben. Erst einen Monat später war das Erdbeben ganz abgeschlossen. Am 21. Juli des Jahres 1835 ereignete sich ein grosses Erdbeben in den Provinzen Rikuzen und Rikuchiu. Das Schloss von Sendai wurde gänzlich zerstört, und 400—500 Häuser wurden durch die herein- stürzende Erdbebenwelle mit in das Meer genommen, so dass viele Menschen umkamen. In der Provinz Shinano wüthete am 8. Mai 1847 Abends zwischen 8 und 10 Uhr ein ungewöhnlich heftiges Erdbeben. Berge und Häuser stürzten ein, Thermen verschwanden und andere brachen hervor, Flüsse veränderten ihren Lauf und überschwemmten weite Strecken. *) Feuerfeste, weiss übertünchte Gebäude, die besonders als Vorrathsräume der Kaufleute dienen und abseits der hölzernen Wohnungen und der Strassen stehen. Die Japaner nennen sie dozô oder kura. **) Dies ist wohl so zu verstehen, dass der Fluss bis hierher gestaut wurde.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/82>, abgerufen am 21.11.2024.