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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Nadelhölzer aus Samen in Baumschulen erzogen und die Pflänzlinge
gewöhnlich nach zwei Jahren verpflanzt. Die Behandlungsweise inner-
halb dieser Zeit, sowie die Anlage der Holzpflanzung selbst ist eine sehr
sorgfältige, auf alte Erfahrung sich gründende. Auch fehlt es nicht an
gedruckten und mit den nöthigen Abbildungen versehenen Anweisungen.

Der zu einem Pflanzgarten ausgewählte Boden wird eben so tief
und sorgfältig bearbeitet, wie zu der Anlage einer Obstbaumschule oder
eines Theegartens. Auch lässt man es an der nöthigen Einfriedigung
nicht fehlen. Dieselbe besteht gewöhnlich aus einem 1--2 m hohen,
leichten und gefälligen Bambusrohrzaun, welcher Luft und Licht durch-
lässt. In schneereichen Distrikten kommt im Winter der Yuki-oi
oder Schneeschutz in Gestalt eines leichten Strohdaches darüber; wenn
es sich dagegen um Abhaltung der Kälte von den empfindlichen jungen
Sämlingen handelt, wie z. B. bei den Ko-kuri oder jungen Kastanien,
so werden Strohdecken, die an Bambusrohr befestigt und von ihm ge-
tragen werden, horizontal darüber ausgebreitet.

Auch auf das Ausheben der Naye oder jungen Setzlinge, das
Zurückschneiden ihrer Pfahlwurzeln, die Anfertigung der Pflanzlöcher
mit Hülfe der Hacke und das Einpflanzen selbst auf dem zur Auf-
forstung bestimmten Boden wird viel Sorgfalt verwendet. Dagegen
fand ich unsere verschiedenartigen Reihenpflanzungen selten scharf
durchgeführt, vielmehr richtet man sich offenbar meist ganz nach der
Beschaffenheit des Bodens und dem eigenartigen Geschmack, der einer
systematischen Anordnung auf weite Strecken nicht hold ist, wenn
nicht dringende und augenscheinliche Zweckmässigkeitsgründe dazu
nöthigen, wie beim Landbau.

Die Culturwälder Japans haben selten eine grössere Ausdehnung.
Feste Dünen und sonstige sandige Strecken fallen in der Regel den
oben genannten Kiefern zu, wie im Departement des Landes der Pi-
nus Pinaster Solander (Pin des Landes), ebenso der unfruchtbare Ge-
röllboden des Hügellandes. Die andern Nadelhölzer bedürfen eines
tiefgründigeren, besseren Bodens, welchen man in der Ebene nur der
Sugi hier und da einräumt. Meist aber findet man auch diese, gleich
Chamaecyparis und Thujopsis, an den unteren, sanfteren Gebirgs-
abhängen. Ist hier der Boden zu steinig und unfruchtbar, so wird
wohl die Kastanie zur Aufforstung herangezogen, während die Eichen
in den Sätteln und Mulden besser gedeihen. Selten ragt aber der
Culturwald irgend welcher Art über eine Höhe von 1000 Metern hin-
aus. Auf Yezo ist die Cryptomeria nach Böhmer*) der einzige Wald-

*) Reports to the Kaitakushi. Tokio 1875.

I. Land- und Forstwirthschaft.
Nadelhölzer aus Samen in Baumschulen erzogen und die Pflänzlinge
gewöhnlich nach zwei Jahren verpflanzt. Die Behandlungsweise inner-
halb dieser Zeit, sowie die Anlage der Holzpflanzung selbst ist eine sehr
sorgfältige, auf alte Erfahrung sich gründende. Auch fehlt es nicht an
gedruckten und mit den nöthigen Abbildungen versehenen Anweisungen.

Der zu einem Pflanzgarten ausgewählte Boden wird eben so tief
und sorgfältig bearbeitet, wie zu der Anlage einer Obstbaumschule oder
eines Theegartens. Auch lässt man es an der nöthigen Einfriedigung
nicht fehlen. Dieselbe besteht gewöhnlich aus einem 1—2 m hohen,
leichten und gefälligen Bambusrohrzaun, welcher Luft und Licht durch-
lässt. In schneereichen Distrikten kommt im Winter der Yuki-ôi
oder Schneeschutz in Gestalt eines leichten Strohdaches darüber; wenn
es sich dagegen um Abhaltung der Kälte von den empfindlichen jungen
Sämlingen handelt, wie z. B. bei den Ko-kuri oder jungen Kastanien,
so werden Strohdecken, die an Bambusrohr befestigt und von ihm ge-
tragen werden, horizontal darüber ausgebreitet.

Auch auf das Ausheben der Naye oder jungen Setzlinge, das
Zurückschneiden ihrer Pfahlwurzeln, die Anfertigung der Pflanzlöcher
mit Hülfe der Hacke und das Einpflanzen selbst auf dem zur Auf-
forstung bestimmten Boden wird viel Sorgfalt verwendet. Dagegen
fand ich unsere verschiedenartigen Reihenpflanzungen selten scharf
durchgeführt, vielmehr richtet man sich offenbar meist ganz nach der
Beschaffenheit des Bodens und dem eigenartigen Geschmack, der einer
systematischen Anordnung auf weite Strecken nicht hold ist, wenn
nicht dringende und augenscheinliche Zweckmässigkeitsgründe dazu
nöthigen, wie beim Landbau.

Die Culturwälder Japans haben selten eine grössere Ausdehnung.
Feste Dünen und sonstige sandige Strecken fallen in der Regel den
oben genannten Kiefern zu, wie im Département des Landes der Pi-
nus Pinaster Solander (Pin des Landes), ebenso der unfruchtbare Ge-
röllboden des Hügellandes. Die andern Nadelhölzer bedürfen eines
tiefgründigeren, besseren Bodens, welchen man in der Ebene nur der
Sugi hier und da einräumt. Meist aber findet man auch diese, gleich
Chamaecyparis und Thujopsis, an den unteren, sanfteren Gebirgs-
abhängen. Ist hier der Boden zu steinig und unfruchtbar, so wird
wohl die Kastanie zur Aufforstung herangezogen, während die Eichen
in den Sätteln und Mulden besser gedeihen. Selten ragt aber der
Culturwald irgend welcher Art über eine Höhe von 1000 Metern hin-
aus. Auf Yezo ist die Cryptomeria nach Böhmer*) der einzige Wald-

*) Reports to the Kaitakushi. Tôkio 1875.
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[256/0280] I. Land- und Forstwirthschaft. Nadelhölzer aus Samen in Baumschulen erzogen und die Pflänzlinge gewöhnlich nach zwei Jahren verpflanzt. Die Behandlungsweise inner- halb dieser Zeit, sowie die Anlage der Holzpflanzung selbst ist eine sehr sorgfältige, auf alte Erfahrung sich gründende. Auch fehlt es nicht an gedruckten und mit den nöthigen Abbildungen versehenen Anweisungen. Der zu einem Pflanzgarten ausgewählte Boden wird eben so tief und sorgfältig bearbeitet, wie zu der Anlage einer Obstbaumschule oder eines Theegartens. Auch lässt man es an der nöthigen Einfriedigung nicht fehlen. Dieselbe besteht gewöhnlich aus einem 1—2 m hohen, leichten und gefälligen Bambusrohrzaun, welcher Luft und Licht durch- lässt. In schneereichen Distrikten kommt im Winter der Yuki-ôi oder Schneeschutz in Gestalt eines leichten Strohdaches darüber; wenn es sich dagegen um Abhaltung der Kälte von den empfindlichen jungen Sämlingen handelt, wie z. B. bei den Ko-kuri oder jungen Kastanien, so werden Strohdecken, die an Bambusrohr befestigt und von ihm ge- tragen werden, horizontal darüber ausgebreitet. Auch auf das Ausheben der Naye oder jungen Setzlinge, das Zurückschneiden ihrer Pfahlwurzeln, die Anfertigung der Pflanzlöcher mit Hülfe der Hacke und das Einpflanzen selbst auf dem zur Auf- forstung bestimmten Boden wird viel Sorgfalt verwendet. Dagegen fand ich unsere verschiedenartigen Reihenpflanzungen selten scharf durchgeführt, vielmehr richtet man sich offenbar meist ganz nach der Beschaffenheit des Bodens und dem eigenartigen Geschmack, der einer systematischen Anordnung auf weite Strecken nicht hold ist, wenn nicht dringende und augenscheinliche Zweckmässigkeitsgründe dazu nöthigen, wie beim Landbau. Die Culturwälder Japans haben selten eine grössere Ausdehnung. Feste Dünen und sonstige sandige Strecken fallen in der Regel den oben genannten Kiefern zu, wie im Département des Landes der Pi- nus Pinaster Solander (Pin des Landes), ebenso der unfruchtbare Ge- röllboden des Hügellandes. Die andern Nadelhölzer bedürfen eines tiefgründigeren, besseren Bodens, welchen man in der Ebene nur der Sugi hier und da einräumt. Meist aber findet man auch diese, gleich Chamaecyparis und Thujopsis, an den unteren, sanfteren Gebirgs- abhängen. Ist hier der Boden zu steinig und unfruchtbar, so wird wohl die Kastanie zur Aufforstung herangezogen, während die Eichen in den Sätteln und Mulden besser gedeihen. Selten ragt aber der Culturwald irgend welcher Art über eine Höhe von 1000 Metern hin- aus. Auf Yezo ist die Cryptomeria nach Böhmer *) der einzige Wald- *) Reports to the Kaitakushi. Tôkio 1875.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/280>, abgerufen am 22.11.2024.