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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Einwilligung in die böse Gelüsten sc. der H. Geist wird vertrieben/ und der rechtfertigender Glaube auffgehoben.

XL. Kein Mensch hat einen so guten Freund/ dem er nicht unterweilen in geringen Sachen einen Unwillen zufüge: Daraus aber entstehet nicht alsobald eine gnugsame Ursach und Anlaß die Freundschafft auffzuheben: So kan auch ein gerechtfertigter Freund GOttes sich wohl in geringen Sachen verstossen/ und GOtt beleydigen: Wessentwegen doch hat GOtt nicht Ursach gegen einen solchen mit ewiger Straffe zu verfahren.

Antwort. Ein anders ist es mit der menschlichen Freundschafft und Beleidigung eines Menschen: Ein anders mit der Göttlichen Beleidigung/ da eine schlechte Creatur sich vergreifft gegen die Unendliche Majestät seines Schöpffers: Dann da ist nichts geringes: Fürnemlich/ da GOtt dem Menschen die Krafft/ seine Freundschafft auff das genaueste zu erhalten/ im Paradeiß hat ertheilet/ welche aber der Mensch gar liederlich hat verworffen. Im übrigen ist GOtt noch ein mehr getreuer Freund der Gerechtfertigten/ als die Menschen unter sich: Dann GOtt überstehet auch ihre schwere Gebrechen und grobe Sünden um der Verdiensten Christi willen: Da doch der Mensch gar offt über ein geringes Ubersehen seines Freundes sich entrüstet.

Die achte Frage.

Ob dann die böse Neigungen und Lüsten/ oder die anklebende Erb-Sünde warhafftig unter die Sünde zu rechnen seyn?

WAs eigentlich die Erb-Sünde betrifft/ ist die gemeinste/ und auch warhafftigste Meinung der Papisten/ (der ich auch beypflichte /) diese: Daß nemlich die Erb-Sünde in sich nichts anders seye/ als die vom Adam würcklich verübte Ubertretung des Göttlichen Gebots/ welche/ wegen der Ubergebung unseres Willens in den Willen des Adams, uns ist zur Sünde gerechnet: Dann gleich wie der weltliche Magistrat und Obrigkeit die Vollmacht hat/ daß sie den Willen eines Wäisen und Minder-Jährigen kan übersetzen in den Willen seines Vormünden und Pflegers/ dergestalt/ daß dasjenige/ so der Vormund und Pfleger verrichtet/ im Nahmen des Wäysen und Minder-Jährigen/ ihnen als ihre eigene Verrichtunge werde zugeschrieben und angerechnet: Also/ und noch vielmehr/ hat GOtt/ mit noch grösserem Recht/ als höchster Ober-HErr und Gewalts-Haber über seine Geschöpffe/ unseren Willen/ thun und lassen/ in den Willen/ thun und lassen unsers ersten Vaters das Adam übergeben/ und solches mit völligem Recht: Fürnemlich/ da das Gebot GOttes war so leicht und erträglich/ die Gefahr solches zu übertreten so gering/ und hingegen/ daß aus dessen Haltung zuhoffende Gut der Seeligkeit/ der Unsterblichkeit sc. so groß/ daß / wann wir Persönlich wären zugegen gewesen/ den Accord selbsten würden gebilliget und angenommen haben. In so weit dann ist die Meinung der Papisten für wohl gegründet und untadelhafft zu halten: Aber/ gleich wie sie immerhin mit Phantastereyen ihre Lehr pflegen zu beflecken/ also auch besudelen sie in diesem Stück ihre Lehr mit Phantastischen Grillen: Indem sie erstlich vorgeben/ die ohne Tauff aus diesem Leben hinscheidende Kinder gelangen weder zum Himmel/ noch zur Höllen: Sondern werden verwiesen in die Vorhölle/ als in ihren Arrest: Und machen demnach die Papisten mit Bellarmino l. 2. de purgat c. 7. Gretzero de animarum receptac. &c. Folgende Austheilung der Wohnungen unter der Erden. Im Mittel-Punct der Erden setzen sie die Hölle: Gerad darüber das Fegfeur: Dar-

Einwilligung in die böse Gelüsten sc. der H. Geist wird vertrieben/ und der rechtfertigender Glaube auffgehoben.

XL. Kein Mensch hat einen so guten Freund/ dem er nicht unterweilen in geringen Sachen einen Unwillen zufüge: Daraus aber entstehet nicht alsobald eine gnugsame Ursach und Anlaß die Freundschafft auffzuheben: So kan auch ein gerechtfertigter Freund GOttes sich wohl in geringen Sachen verstossen/ und GOtt beleydigen: Wessentwegen doch hat GOtt nicht Ursach gegen einen solchen mit ewiger Straffe zu verfahren.

Antwort. Ein anders ist es mit der menschlichen Freundschafft und Beleidigung eines Menschen: Ein anders mit der Göttlichen Beleidigung/ da eine schlechte Creatur sich vergreifft gegen die Unendliche Majestät seines Schöpffers: Dann da ist nichts geringes: Fürnemlich/ da GOtt dem Menschen die Krafft/ seine Freundschafft auff das genaueste zu erhalten/ im Paradeiß hat ertheilet/ welche aber der Mensch gar liederlich hat verworffen. Im übrigen ist GOtt noch ein mehr getreuer Freund der Gerechtfertigten/ als die Menschen unter sich: Dann GOtt überstehet auch ihre schwere Gebrechen und grobe Sünden um der Verdiensten Christi willen: Da doch der Mensch gar offt über ein geringes Ubersehen seines Freundes sich entrüstet.

Die achte Frage.

Ob dann die böse Neigungen und Lüsten/ oder die anklebende Erb-Sünde warhafftig unter die Sünde zu rechnen seyn?

WAs eigentlich die Erb-Sünde betrifft/ ist die gemeinste/ und auch warhafftigste Meinung der Papisten/ (der ich auch beypflichte /) diese: Daß nemlich die Erb-Sünde in sich nichts anders seye/ als die vom Adam würcklich verübte Ubertretung des Göttlichen Gebots/ welche/ wegen der Ubergebung unseres Willens in den Willen des Adams, uns ist zur Sünde gerechnet: Dann gleich wie der weltliche Magistrat und Obrigkeit die Vollmacht hat/ daß sie den Willen eines Wäisen und Minder-Jährigen kan übersetzen in den Willen seines Vormünden und Pflegers/ dergestalt/ daß dasjenige/ so der Vormund und Pfleger verrichtet/ im Nahmen des Wäysen und Minder-Jährigen/ ihnen als ihre eigene Verrichtunge werde zugeschrieben und angerechnet: Also/ und noch vielmehr/ hat GOtt/ mit noch grösserem Recht/ als höchster Ober-HErr und Gewalts-Haber über seine Geschöpffe/ unseren Willen/ thun und lassen/ in den Willen/ thun und lassen unsers ersten Vaters das Adam übergeben/ und solches mit völligem Recht: Fürnemlich/ da das Gebot GOttes war so leicht und erträglich/ die Gefahr solches zu übertreten so gering/ und hingegen/ daß aus dessen Haltung zuhoffende Gut der Seeligkeit/ der Unsterblichkeit sc. so groß/ daß / wann wir Persönlich wären zugegen gewesen/ den Accord selbsten würden gebilliget und angenommen haben. In so weit dann ist die Meinung der Papisten für wohl gegründet und untadelhafft zu halten: Aber/ gleich wie sie immerhin mit Phantastereyen ihre Lehr pflegen zu beflecken/ also auch besudelen sie in diesem Stück ihre Lehr mit Phantastischen Grillen: Indem sie erstlich vorgeben/ die ohne Tauff aus diesem Leben hinscheidende Kinder gelangen weder zum Himmel/ noch zur Höllen: Sondern werden verwiesen in die Vorhölle/ als in ihren Arrest: Und machen demnach die Papisten mit Bellarmino l. 2. de purgat c. 7. Gretzero de animarum receptac. &c. Folgende Austheilung der Wohnungen unter der Erden. Im Mittel-Punct der Erden setzen sie die Hölle: Gerad darüber das Fegfeur: Dar-

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[276/0296] Einwilligung in die böse Gelüsten sc. der H. Geist wird vertrieben/ und der rechtfertigender Glaube auffgehoben. XL. Kein Mensch hat einen so guten Freund/ dem er nicht unterweilen in geringen Sachen einen Unwillen zufüge: Daraus aber entstehet nicht alsobald eine gnugsame Ursach und Anlaß die Freundschafft auffzuheben: So kan auch ein gerechtfertigter Freund GOttes sich wohl in geringen Sachen verstossen/ und GOtt beleydigen: Wessentwegen doch hat GOtt nicht Ursach gegen einen solchen mit ewiger Straffe zu verfahren. Antwort. Ein anders ist es mit der menschlichen Freundschafft und Beleidigung eines Menschen: Ein anders mit der Göttlichen Beleidigung/ da eine schlechte Creatur sich vergreifft gegen die Unendliche Majestät seines Schöpffers: Dann da ist nichts geringes: Fürnemlich/ da GOtt dem Menschen die Krafft/ seine Freundschafft auff das genaueste zu erhalten/ im Paradeiß hat ertheilet/ welche aber der Mensch gar liederlich hat verworffen. Im übrigen ist GOtt noch ein mehr getreuer Freund der Gerechtfertigten/ als die Menschen unter sich: Dann GOtt überstehet auch ihre schwere Gebrechen und grobe Sünden um der Verdiensten Christi willen: Da doch der Mensch gar offt über ein geringes Ubersehen seines Freundes sich entrüstet. Die achte Frage. Ob dann die böse Neigungen und Lüsten/ oder die anklebende Erb-Sünde warhafftig unter die Sünde zu rechnen seyn? WAs eigentlich die Erb-Sünde betrifft/ ist die gemeinste/ und auch warhafftigste Meinung der Papisten/ (der ich auch beypflichte /) diese: Daß nemlich die Erb-Sünde in sich nichts anders seye/ als die vom Adam würcklich verübte Ubertretung des Göttlichen Gebots/ welche/ wegen der Ubergebung unseres Willens in den Willen des Adams, uns ist zur Sünde gerechnet: Dann gleich wie der weltliche Magistrat und Obrigkeit die Vollmacht hat/ daß sie den Willen eines Wäisen und Minder-Jährigen kan übersetzen in den Willen seines Vormünden und Pflegers/ dergestalt/ daß dasjenige/ so der Vormund und Pfleger verrichtet/ im Nahmen des Wäysen und Minder-Jährigen/ ihnen als ihre eigene Verrichtunge werde zugeschrieben und angerechnet: Also/ und noch vielmehr/ hat GOtt/ mit noch grösserem Recht/ als höchster Ober-HErr und Gewalts-Haber über seine Geschöpffe/ unseren Willen/ thun und lassen/ in den Willen/ thun und lassen unsers ersten Vaters das Adam übergeben/ und solches mit völligem Recht: Fürnemlich/ da das Gebot GOttes war so leicht und erträglich/ die Gefahr solches zu übertreten so gering/ und hingegen/ daß aus dessen Haltung zuhoffende Gut der Seeligkeit/ der Unsterblichkeit sc. so groß/ daß / wann wir Persönlich wären zugegen gewesen/ den Accord selbsten würden gebilliget und angenommen haben. In so weit dann ist die Meinung der Papisten für wohl gegründet und untadelhafft zu halten: Aber/ gleich wie sie immerhin mit Phantastereyen ihre Lehr pflegen zu beflecken/ also auch besudelen sie in diesem Stück ihre Lehr mit Phantastischen Grillen: Indem sie erstlich vorgeben/ die ohne Tauff aus diesem Leben hinscheidende Kinder gelangen weder zum Himmel/ noch zur Höllen: Sondern werden verwiesen in die Vorhölle/ als in ihren Arrest: Und machen demnach die Papisten mit Bellarmino l. 2. de purgat c. 7. Gretzero de animarum receptac. &c. Folgende Austheilung der Wohnungen unter der Erden. Im Mittel-Punct der Erden setzen sie die Hölle: Gerad darüber das Fegfeur: Dar-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/296>, abgerufen am 22.11.2024.