Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Fasten und anderen Buß-Wercken qvadragena oder carena, &c. also wird auch der Ablaß nach Maaß der Zeit genennet indulgentia Septenae, quadragenae, oder Carenae &c. und solcher Gestalt verhält sich das Geheimniß des päbstischen Ablasses. Antwort. Daß die offentliche Kirche-Buß/ die gegebene Aergernüs auszubesseren und die Kirchen-Disciplin zuerhalten seye vor Zeiten bey der Christenheit üblich gewesen / gestehet man willig: daß aber die Christen hiedurch für die von GOtt verdiente Straffe solten haben gnug gethan/ darzu sagen wir nein/ und geben Christo allein die Ehr / dessen Verdiensten ihnen nicht seynd zugewendet weder durch den Ablaß/ weder durch ein anders Mittel/ als nur durch den Glauben allein/ oder glaubige Zuversicht auf Christum: Ist also und bleibt der päbstische Ablaß/ so durch ein von GOtt nicht verordentes Mittel die Verdiensten Christi dem Menschen zuwenden/ und auch die Verdiensten und Gnugthuung der Heiligen einflicken will/ ein GOttslästerischer Greuel/ Mönchen-Traum und Pfaffen-Gedicht. IV. Es ist aber eine trostreiche Lehr für die Seelen im Fegfeur die Meynung vom Ablaß. Antwort. Trostreiche Gedichten können nichts helffen/ noch fruchten einer Seelen an dem Ort/ der nirgend ist. Zudem wäre es ja noch viel trostreicher/ wann der Pabst durch den zugeeigneten Schatz der Verdiensten Christi und der Heiligen das Fegfeur aus einmahl ledig machte/ und schaffte dieser Qual und Plage ein Ende. V. Es ist der Pabst nur ein Statthalter Christi/ und Verwalter über den Schatz seiner unendlichen Verdiensten: so darf er ja nicht alle Seelen auf einmahl aus dem Fegfeur heraus heben: sondern er muß sich in allweg richten nach dem Willen seines Principalen, und dessen Güter oder Verdienste nicht auf einmahl verschwenden: sonsten wäre er kein Dispensator, sondern Dissipator, kein Ausspänder/ sondern Verschwender des edelen Kirchen-Schatzes. Antwort. Wann der Pabst nur ist ein Verwalter und Ausspender der Verdiensten Christi / warum hält er dann nicht/ und beobachtet besser die Gerechtigkeit/ indem er/ wie Navarrus, Suarez, Coninck de in dulg. mit andern Papisten selbsten gestehen/ den Ablaß fürnemlich zuwendet denjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl haben wohl verdient gemacht: als ob die andern Menschen nicht eben so befugt wären/ und Theil hätten an den Verdiensten Christi/ als eben die Schmeichler und Fuchsschwäntzer des Pabstes? Zudem / wann der Pabst wäre ein Verwalter und Haußhalter Christi/ wie könte er dann das Interesse seines Herren Principalen besser beobachten/ als wann er dessen Geld/ oder Schatz der unendlichen Verdiensten nicht liesse müssig liegen/ sondern zum Nutzen der von Christo so theur erkaufften Seelen anwendete? dann sonsten möchte Christus gebrauchen die Wort Luc. 19, v. 39. Du schalckhafftiger Verwalter und Haußhalter/ warum hast du nicht mein Geld in die Wechsel-Banck gegeben: sondern müssig liegen lassen ohne eintziges Aufbringen und Interesse? oder besser zu reden/ warum hast du den Schatz meiner Verdiensten auf deine eigene Wechsel-Banck gelegt/ darmit gemarcket und gekrämet/ und deine eigene geldsüchtige Traffiqven und Gewinst getrieben? VI. Spricht doch Christus austrücklich zu Petro: Weide meine Schaaffe Joh. 21. v. 17. So hat ja der Pabst die Gewalt den Ablaß auszutheilen in der Christen heit. Fasten und anderen Buß-Wercken qvadragena oder carena, &c. also wird auch der Ablaß nach Maaß der Zeit genennet indulgentia Septenae, quadragenae, oder Carenae &c. und solcher Gestalt verhält sich das Geheimniß des päbstischen Ablasses. Antwort. Daß die offentliche Kirche-Buß/ die gegebene Aergernüs auszubesseren und die Kirchen-Disciplin zuerhalten seye vor Zeiten bey der Christenheit üblich gewesen / gestehet man willig: daß aber die Christen hiedurch für die von GOtt verdiente Straffe solten haben gnug gethan/ darzu sagen wir nein/ und geben Christo allein die Ehr / dessen Verdiensten ihnen nicht seynd zugewendet weder durch den Ablaß/ weder durch ein anders Mittel/ als nur durch den Glauben allein/ oder glaubige Zuversicht auf Christum: Ist also und bleibt der päbstische Ablaß/ so durch ein von GOtt nicht verordentes Mittel die Verdiensten Christi dem Menschen zuwenden/ und auch die Verdiensten und Gnugthuung der Heiligen einflicken will/ ein GOttslästerischer Greuel/ Mönchen-Traum und Pfaffen-Gedicht. IV. Es ist aber eine trostreiche Lehr für die Seelen im Fegfeur die Meynung vom Ablaß. Antwort. Trostreiche Gedichten können nichts helffen/ noch fruchten einer Seelen an dem Ort/ der nirgend ist. Zudem wäre es ja noch viel trostreicher/ wann der Pabst durch den zugeeigneten Schatz der Verdiensten Christi und der Heiligen das Fegfeur aus einmahl ledig machte/ und schaffte dieser Qual und Plage ein Ende. V. Es ist der Pabst nur ein Statthalter Christi/ und Verwalter über den Schatz seiner unendlichen Verdiensten: so darf er ja nicht alle Seelen auf einmahl aus dem Fegfeur heraus heben: sondern er muß sich in allweg richten nach dem Willen seines Principalen, und dessen Güter oder Verdienste nicht auf einmahl verschwenden: sonsten wäre er kein Dispensator, sondern Dissipator, kein Ausspänder/ sondern Verschwender des edelen Kirchen-Schatzes. Antwort. Wann der Pabst nur ist ein Verwalter und Ausspender der Verdiensten Christi / warum hält er dann nicht/ und beobachtet besser die Gerechtigkeit/ indem er/ wie Navarrus, Suarez, Coninck de in dulg. mit andern Papisten selbsten gestehen/ den Ablaß fürnemlich zuwendet denjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl haben wohl verdient gemacht: als ob die andern Menschen nicht eben so befugt wären/ und Theil hätten an den Verdiensten Christi/ als eben die Schmeichler und Fuchsschwäntzer des Pabstes? Zudem / wann der Pabst wäre ein Verwalter und Haußhalter Christi/ wie könte er dann das Interesse seines Herren Principalen besser beobachten/ als wann er dessen Geld/ oder Schatz der unendlichen Verdiensten nicht liesse müssig liegen/ sondern zum Nutzen der von Christo so theur erkaufften Seelen anwendete? dann sonsten möchte Christus gebrauchen die Wort Luc. 19, v. 39. Du schalckhafftiger Verwalter und Haußhalter/ warum hast du nicht mein Geld in die Wechsel-Banck gegeben: sondern müssig liegen lassen ohne eintziges Aufbringen und Interesse? oder besser zu reden/ warum hast du den Schatz meiner Verdiensten auf deine eigene Wechsel-Banck gelegt/ darmit gemarcket und gekrämet/ und deine eigene geldsüchtige Traffiqven und Gewinst getrieben? VI. Spricht doch Christus austrücklich zu Petro: Weide meine Schaaffe Joh. 21. v. 17. So hat ja der Pabst die Gewalt den Ablaß auszutheilen in der Christen heit. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0357" n="57"/> Fasten und anderen Buß-Wercken qvadragena oder carena, &c. also wird auch der Ablaß nach Maaß der Zeit genennet indulgentia Septenae, quadragenae, oder Carenae &c. und solcher Gestalt verhält sich das Geheimniß des päbstischen Ablasses.</p> <p>Antwort. Daß die offentliche Kirche-Buß/ die gegebene Aergernüs auszubesseren und die Kirchen-Disciplin zuerhalten seye vor Zeiten bey der Christenheit üblich gewesen / gestehet man willig: daß aber die Christen hiedurch für die von GOtt verdiente Straffe solten haben gnug gethan/ darzu sagen wir nein/ und geben Christo allein die Ehr / dessen Verdiensten ihnen nicht seynd zugewendet weder durch den Ablaß/ weder durch ein anders Mittel/ als nur durch den Glauben allein/ oder glaubige Zuversicht auf Christum: Ist also und bleibt der päbstische Ablaß/ so durch ein von GOtt nicht verordentes Mittel die Verdiensten Christi dem Menschen zuwenden/ und auch die Verdiensten und Gnugthuung der Heiligen einflicken will/ ein GOttslästerischer Greuel/ Mönchen-Traum und Pfaffen-Gedicht.</p> <p>IV. Es ist aber eine trostreiche Lehr für die Seelen im Fegfeur die Meynung vom Ablaß.</p> <p>Antwort. Trostreiche Gedichten können nichts helffen/ noch fruchten einer Seelen an dem Ort/ der nirgend ist. Zudem wäre es ja noch viel trostreicher/ wann der Pabst durch den zugeeigneten Schatz der Verdiensten Christi und der Heiligen das Fegfeur aus einmahl ledig machte/ und schaffte dieser Qual und Plage ein Ende.</p> <p>V. Es ist der Pabst nur ein Statthalter Christi/ und Verwalter über den Schatz seiner unendlichen Verdiensten: so darf er ja nicht alle Seelen auf einmahl aus dem Fegfeur heraus heben: sondern er muß sich in allweg richten nach dem Willen seines Principalen, und dessen Güter oder Verdienste nicht auf einmahl verschwenden: sonsten wäre er kein Dispensator, sondern Dissipator, kein Ausspänder/ sondern Verschwender des edelen Kirchen-Schatzes.</p> <p>Antwort. Wann der Pabst nur ist ein Verwalter und Ausspender der Verdiensten Christi / warum hält er dann nicht/ und beobachtet besser die Gerechtigkeit/ indem er/ wie Navarrus, Suarez, Coninck de in dulg. mit andern Papisten selbsten gestehen/ den Ablaß fürnemlich zuwendet denjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl haben wohl verdient gemacht: als ob die andern Menschen nicht eben so befugt wären/ und Theil hätten an den Verdiensten Christi/ als eben die Schmeichler und Fuchsschwäntzer des Pabstes? Zudem / wann der Pabst wäre ein Verwalter und Haußhalter Christi/ wie könte er dann das Interesse seines Herren Principalen besser beobachten/ als wann er dessen Geld/ oder Schatz der unendlichen Verdiensten nicht liesse müssig liegen/ sondern zum Nutzen der von Christo so theur erkaufften Seelen anwendete? dann sonsten möchte Christus gebrauchen die Wort Luc. 19, v. 39. Du schalckhafftiger Verwalter und Haußhalter/ warum hast du nicht mein Geld in die Wechsel-Banck gegeben: sondern müssig liegen lassen ohne eintziges Aufbringen und Interesse? oder besser zu reden/ warum hast du den Schatz meiner Verdiensten auf deine eigene Wechsel-Banck gelegt/ darmit gemarcket und gekrämet/ und deine eigene geldsüchtige Traffiqven und Gewinst getrieben?</p> <p>VI. Spricht doch Christus austrücklich zu Petro: Weide meine Schaaffe Joh. 21. v. 17. So hat ja der Pabst die Gewalt den Ablaß auszutheilen in der Christen heit.</p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0357]
Fasten und anderen Buß-Wercken qvadragena oder carena, &c. also wird auch der Ablaß nach Maaß der Zeit genennet indulgentia Septenae, quadragenae, oder Carenae &c. und solcher Gestalt verhält sich das Geheimniß des päbstischen Ablasses.
Antwort. Daß die offentliche Kirche-Buß/ die gegebene Aergernüs auszubesseren und die Kirchen-Disciplin zuerhalten seye vor Zeiten bey der Christenheit üblich gewesen / gestehet man willig: daß aber die Christen hiedurch für die von GOtt verdiente Straffe solten haben gnug gethan/ darzu sagen wir nein/ und geben Christo allein die Ehr / dessen Verdiensten ihnen nicht seynd zugewendet weder durch den Ablaß/ weder durch ein anders Mittel/ als nur durch den Glauben allein/ oder glaubige Zuversicht auf Christum: Ist also und bleibt der päbstische Ablaß/ so durch ein von GOtt nicht verordentes Mittel die Verdiensten Christi dem Menschen zuwenden/ und auch die Verdiensten und Gnugthuung der Heiligen einflicken will/ ein GOttslästerischer Greuel/ Mönchen-Traum und Pfaffen-Gedicht.
IV. Es ist aber eine trostreiche Lehr für die Seelen im Fegfeur die Meynung vom Ablaß.
Antwort. Trostreiche Gedichten können nichts helffen/ noch fruchten einer Seelen an dem Ort/ der nirgend ist. Zudem wäre es ja noch viel trostreicher/ wann der Pabst durch den zugeeigneten Schatz der Verdiensten Christi und der Heiligen das Fegfeur aus einmahl ledig machte/ und schaffte dieser Qual und Plage ein Ende.
V. Es ist der Pabst nur ein Statthalter Christi/ und Verwalter über den Schatz seiner unendlichen Verdiensten: so darf er ja nicht alle Seelen auf einmahl aus dem Fegfeur heraus heben: sondern er muß sich in allweg richten nach dem Willen seines Principalen, und dessen Güter oder Verdienste nicht auf einmahl verschwenden: sonsten wäre er kein Dispensator, sondern Dissipator, kein Ausspänder/ sondern Verschwender des edelen Kirchen-Schatzes.
Antwort. Wann der Pabst nur ist ein Verwalter und Ausspender der Verdiensten Christi / warum hält er dann nicht/ und beobachtet besser die Gerechtigkeit/ indem er/ wie Navarrus, Suarez, Coninck de in dulg. mit andern Papisten selbsten gestehen/ den Ablaß fürnemlich zuwendet denjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl haben wohl verdient gemacht: als ob die andern Menschen nicht eben so befugt wären/ und Theil hätten an den Verdiensten Christi/ als eben die Schmeichler und Fuchsschwäntzer des Pabstes? Zudem / wann der Pabst wäre ein Verwalter und Haußhalter Christi/ wie könte er dann das Interesse seines Herren Principalen besser beobachten/ als wann er dessen Geld/ oder Schatz der unendlichen Verdiensten nicht liesse müssig liegen/ sondern zum Nutzen der von Christo so theur erkaufften Seelen anwendete? dann sonsten möchte Christus gebrauchen die Wort Luc. 19, v. 39. Du schalckhafftiger Verwalter und Haußhalter/ warum hast du nicht mein Geld in die Wechsel-Banck gegeben: sondern müssig liegen lassen ohne eintziges Aufbringen und Interesse? oder besser zu reden/ warum hast du den Schatz meiner Verdiensten auf deine eigene Wechsel-Banck gelegt/ darmit gemarcket und gekrämet/ und deine eigene geldsüchtige Traffiqven und Gewinst getrieben?
VI. Spricht doch Christus austrücklich zu Petro: Weide meine Schaaffe Joh. 21. v. 17. So hat ja der Pabst die Gewalt den Ablaß auszutheilen in der Christen heit.
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