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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Verleyhung des Ablasses / nicht übe einen gerichtlichen Gewalt: sondern nur als ein Zahl-Meister aus der ihm anvertraueten Schatz-Kammer der Verdiensten Christi den Preiß der Gnugthuung für solche Seelen auszehle/ und GOtt zur Bezahlung darstelle: so wöllen doch Bellarminus, Thomas von Aquino &c. nicht zugeben/ daß der Pabst/ unmittelbahr und gerades Weges seiner Seelen im Fegfeur eine solche Bezahlung zuwenden könne: sondern sie halten darfür/ es müsse der Pabst zuvor den Ablaß denen annoch lebendigen Menschen zueignen/ welche selbigen also von sich auf die Seelen der Verstorbenen fort schieden/ und weiter unter die Erden hinableiten: und folgen ihrem eigenen Recht zu diesem Ablaß aus Barmhertzigkeit gegen die armen Seelen/ absagen/ und darauf resigniren. Das Gegentheil aber wöllen behaupten Navarrus, Suarez, Coninck &c. mit vermelden/ es habe der Pabst offtermahls die Seelen derjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl wohl verdienet gemacht/ auch unmittelbahr mit gerader Bezahlung/ durch den Ablaß aus dem Fegfeur gehoben. Hingegen Cardinalis Lugo hält beyde diese Meinungen für irrig/ mit Fürgeben/ daß der Pabst / Krafft des ihm anvertrauten Gnaden-Schatzes/ und Ober-Gewalts/ die gute Wercke der lebendigen Menschen erhebe in einen höheron Stand/ Würdigkeit/ und Verdienstlichkeit / als sie sonsten an sich selbsten seyen: also daß selbige durch ihre Wirckung ex opere operato: das ist/ bloß wegen des verrichteten Wercks willen/ den Seelen im Fegfeuer ersprießlich seyen/ und ihnen gereichen zur Gnugthuung. Wiedrum daß der Ablaß den Seelen im Fegfeur solle eber so gewiß und unfehlbahrlich zur Gnugthuung gereichen/ als den lebendigen Menschen/ solches will nicht zugeben Cajetanus, Layman l. 5. tr. 7. c. 7. mit seinem Anhang. Das Wiederspel will behaupten Suarez, Valentia, Navarrus mit ihrem Gefolg. Bellarminus aber l. I. c. 14. trägt auf beyden Schulteren/ und will und kan auch nicht diese Streitigkeit schlichten. Wiedrum können sich die Papisten nicht darum vertragen/ ob ein vollkommener Ablaß/ so den lebendigen Menschen vom Pabst ertheilet wird/ alle Straffen/ so sie im Fegfeur nach ihrem Todt ausstehen müsten/ gäntzlich/ oder nur allein zum theil aufhebe. Cajetanus mit seinem Gefolg hält darfür/ es belauffe sich nur diese Nachlassung auf die zur Zeit des ertheilten Ablasses gebeichteten Sünden: hingegen Layman mit seinem Anhang ist der Meinung/ daß alle rückständige Straffe/ auch für die vormahls gebeichtete Sünden auf einmahl gantz und gar werde nachgelassen. Gonet aber und Cardinalis Lugo gestehen rund heraus/ man könne dis eigentlich nicht wissen/ noch errahten: sondern man müsse die Römische Bullen oder Ablaß-Brieffe fleißig beobachten / und sich darnach richten. Wissen also die Papisten selbsten nicht/ wozu eigentlich ihr Ablaß nutze. Ist demnach die Verthätigung des päbstischen Ablasses nichts anders/ als dem Pabst zu Dienst unnütze Grillen ersinnen und hiemit die einfältige Leut bethören.

XI. Es haben sich die Catholischen nicht zubeklagen/ daß sie nicht wissen wie die gemeine Leute oder auch die arme Seelen im Fegfeur den Ablaß verdienen können: dann es wissen die Päbstischen Theologi und der Pabst selbsten nicht/ wie/ und auf was Manier an seiner eigenen Persohn des Ablasses solle oder könne theilhafftig werden/ dann (wie Adamus Burghaber Theol. polem. controv. LXXVII) anführet: etliche Theologi halten dafür / kein Pabst könne an eigener Persohn einiges Ablasses theilhafftig werden. Zweytens andere seynd der Meinung/ der Pabst übe zwar keine gerichtliche Loßsprechung über sich selbsten / sonderen reiche nur für seine Persohn/ und begangene Sünden eine blosse Bezahlung aus der Schatz-Kammer der Verdiensten Christi/ auf gleiche Weise/ wie er diese Bezahlung reichet für die Seelen im Fegfeur. Drittens: andre geben für/ der Pabst ertheile seinem Beicht-

Verleyhung des Ablasses / nicht übe einen gerichtlichen Gewalt: sondern nur als ein Zahl-Meister aus der ihm anvertraueten Schatz-Kammer der Verdiensten Christi den Preiß der Gnugthuung für solche Seelen auszehle/ und GOtt zur Bezahlung darstelle: so wöllen doch Bellarminus, Thomas von Aquino &c. nicht zugeben/ daß der Pabst/ unmittelbahr und gerades Weges seiner Seelen im Fegfeur eine solche Bezahlung zuwenden könne: sondern sie halten darfür/ es müsse der Pabst zuvor den Ablaß denen annoch lebendigen Menschen zueignen/ welche selbigen also von sich auf die Seelen der Verstorbenen fort schieden/ und weiter unter die Erden hinableiten: und folgen ihrem eigenen Recht zu diesem Ablaß aus Barmhertzigkeit gegen die armen Seelen/ absagen/ und darauf resigniren. Das Gegentheil aber wöllen behaupten Navarrus, Suarez, Coninck &c. mit vermelden/ es habe der Pabst offtermahls die Seelen derjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl wohl verdienet gemacht/ auch unmittelbahr mit gerader Bezahlung/ durch den Ablaß aus dem Fegfeur gehoben. Hingegen Cardinalis Lugo hält beyde diese Meinungen für irrig/ mit Fürgeben/ daß der Pabst / Krafft des ihm anvertrauten Gnaden-Schatzes/ und Ober-Gewalts/ die gute Wercke der lebendigen Menschen erhebe in einen höheron Stand/ Würdigkeit/ und Verdienstlichkeit / als sie sonsten an sich selbsten seyen: also daß selbige durch ihre Wirckung ex opere operato: das ist/ bloß wegen des verrichteten Wercks willen/ den Seelen im Fegfeuer ersprießlich seyen/ und ihnen gereichen zur Gnugthuung. Wiedrum daß der Ablaß den Seelen im Fegfeur solle eber so gewiß und unfehlbahrlich zur Gnugthuung gereichen/ als den lebendigen Menschen/ solches will nicht zugeben Cajetanus, Layman l. 5. tr. 7. c. 7. mit seinem Anhang. Das Wiederspel will behaupten Suarez, Valentia, Navarrus mit ihrem Gefolg. Bellarminus aber l. I. c. 14. trägt auf beyden Schulteren/ und will und kan auch nicht diese Streitigkeit schlichten. Wiedrum können sich die Papisten nicht darum vertragen/ ob ein vollkommener Ablaß/ so den lebendigen Menschen vom Pabst ertheilet wird/ alle Straffen/ so sie im Fegfeur nach ihrem Todt ausstehen müsten/ gäntzlich/ oder nur allein zum theil aufhebe. Cajetanus mit seinem Gefolg hält darfür/ es belauffe sich nur diese Nachlassung auf die zur Zeit des ertheilten Ablasses gebeichteten Sünden: hingegen Layman mit seinem Anhang ist der Meinung/ daß alle rückständige Straffe/ auch für die vormahls gebeichtete Sünden auf einmahl gantz und gar werde nachgelassen. Gonet aber und Cardinalis Lugo gestehen rund heraus/ man könne dis eigentlich nicht wissen/ noch errahten: sondern man müsse die Römische Bullen oder Ablaß-Brieffe fleißig beobachten / und sich darnach richten. Wissen also die Papisten selbsten nicht/ wozu eigentlich ihr Ablaß nutze. Ist demnach die Verthätigung des päbstischen Ablasses nichts anders/ als dem Pabst zu Dienst unnütze Grillen ersinnen und hiemit die einfältige Leut bethören.

XI. Es haben sich die Catholischen nicht zubeklagen/ daß sie nicht wissen wie die gemeine Leute oder auch die arme Seelen im Fegfeur den Ablaß verdienen können: dann es wissen die Päbstischen Theologi und der Pabst selbsten nicht/ wie/ und auf was Manier an seiner eigenen Persohn des Ablasses solle oder könne theilhafftig werden/ dann (wie Adamus Burghaber Theol. polem. controv. LXXVII) anführet: etliche Theologi halten dafür / kein Pabst könne an eigener Persohn einiges Ablasses theilhafftig werden. Zweytens andere seynd der Meinung/ der Pabst übe zwar keine gerichtliche Loßsprechung über sich selbsten / sonderen reiche nur für seine Persohn/ und begangene Sünden eine blosse Bezahlung aus der Schatz-Kammer der Verdiensten Christi/ auf gleiche Weise/ wie er diese Bezahlung reichet für die Seelen im Fegfeur. Drittens: andre geben für/ der Pabst ertheile seinem Beicht-

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Verleyhung des Ablasses /            nicht übe einen gerichtlichen Gewalt: sondern nur als ein Zahl-Meister aus der ihm            anvertraueten Schatz-Kammer der Verdiensten Christi den Preiß der Gnugthuung für solche            Seelen auszehle/ und GOtt zur Bezahlung darstelle: so wöllen doch Bellarminus, Thomas von            Aquino &amp;c. nicht zugeben/ daß der Pabst/ unmittelbahr und gerades Weges seiner            Seelen im Fegfeur eine solche Bezahlung zuwenden könne: sondern sie halten darfür/ es            müsse der Pabst zuvor den Ablaß denen annoch lebendigen Menschen zueignen/ welche            selbigen also von sich auf die Seelen der Verstorbenen fort schieden/ und weiter unter            die Erden hinableiten: und folgen ihrem eigenen Recht zu diesem Ablaß aus Barmhertzigkeit            gegen die armen Seelen/ absagen/ und darauf resigniren. Das Gegentheil aber wöllen            behaupten Navarrus, Suarez, Coninck &amp;c. mit vermelden/ es habe der Pabst offtermahls            die Seelen derjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl wohl verdienet gemacht/ auch            unmittelbahr mit gerader Bezahlung/ durch den Ablaß aus dem Fegfeur gehoben. Hingegen            Cardinalis Lugo hält beyde diese Meinungen für irrig/ mit Fürgeben/ daß der Pabst /            Krafft des ihm anvertrauten Gnaden-Schatzes/ und Ober-Gewalts/ die gute Wercke der            lebendigen Menschen erhebe in einen höheron Stand/ Würdigkeit/ und Verdienstlichkeit /            als sie sonsten an sich selbsten seyen: also daß selbige durch ihre Wirckung ex opere            operato: das ist/ bloß wegen des verrichteten Wercks willen/ den Seelen im Fegfeuer            ersprießlich seyen/ und ihnen gereichen zur Gnugthuung. Wiedrum daß der Ablaß den Seelen            im Fegfeur solle eber so gewiß und unfehlbahrlich zur Gnugthuung gereichen/ als den            lebendigen Menschen/ solches will nicht zugeben Cajetanus, Layman l. 5. tr. 7. c. 7. mit            seinem Anhang. Das Wiederspel will behaupten Suarez, Valentia, Navarrus mit ihrem Gefolg.            Bellarminus aber l. I. c. 14. trägt auf beyden Schulteren/ und will und kan auch nicht            diese Streitigkeit schlichten. Wiedrum können sich die Papisten nicht darum vertragen/ ob            ein vollkommener Ablaß/ so den lebendigen Menschen vom Pabst ertheilet wird/ alle            Straffen/ so sie im Fegfeur nach ihrem Todt ausstehen müsten/ gäntzlich/ oder nur            allein zum theil aufhebe. Cajetanus mit seinem Gefolg hält darfür/ es belauffe sich nur            diese Nachlassung auf die zur Zeit des ertheilten Ablasses gebeichteten Sünden: hingegen            Layman mit seinem Anhang ist der Meinung/ daß alle rückständige Straffe/ auch für die            vormahls gebeichtete Sünden auf einmahl gantz und gar werde nachgelassen. Gonet aber und            Cardinalis Lugo gestehen rund heraus/ man könne dis eigentlich nicht wissen/ noch            errahten: sondern man müsse die Römische Bullen oder Ablaß-Brieffe fleißig beobachten /            und sich darnach richten. Wissen also die Papisten selbsten nicht/ wozu eigentlich ihr            Ablaß nutze. Ist demnach die Verthätigung des päbstischen Ablasses nichts anders/ als dem            Pabst zu Dienst unnütze Grillen ersinnen und hiemit die einfältige Leut bethören.</p>
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[59/0359] Verleyhung des Ablasses / nicht übe einen gerichtlichen Gewalt: sondern nur als ein Zahl-Meister aus der ihm anvertraueten Schatz-Kammer der Verdiensten Christi den Preiß der Gnugthuung für solche Seelen auszehle/ und GOtt zur Bezahlung darstelle: so wöllen doch Bellarminus, Thomas von Aquino &c. nicht zugeben/ daß der Pabst/ unmittelbahr und gerades Weges seiner Seelen im Fegfeur eine solche Bezahlung zuwenden könne: sondern sie halten darfür/ es müsse der Pabst zuvor den Ablaß denen annoch lebendigen Menschen zueignen/ welche selbigen also von sich auf die Seelen der Verstorbenen fort schieden/ und weiter unter die Erden hinableiten: und folgen ihrem eigenen Recht zu diesem Ablaß aus Barmhertzigkeit gegen die armen Seelen/ absagen/ und darauf resigniren. Das Gegentheil aber wöllen behaupten Navarrus, Suarez, Coninck &c. mit vermelden/ es habe der Pabst offtermahls die Seelen derjenigen/ so sich um den päbstlichen Stuhl wohl verdienet gemacht/ auch unmittelbahr mit gerader Bezahlung/ durch den Ablaß aus dem Fegfeur gehoben. Hingegen Cardinalis Lugo hält beyde diese Meinungen für irrig/ mit Fürgeben/ daß der Pabst / Krafft des ihm anvertrauten Gnaden-Schatzes/ und Ober-Gewalts/ die gute Wercke der lebendigen Menschen erhebe in einen höheron Stand/ Würdigkeit/ und Verdienstlichkeit / als sie sonsten an sich selbsten seyen: also daß selbige durch ihre Wirckung ex opere operato: das ist/ bloß wegen des verrichteten Wercks willen/ den Seelen im Fegfeuer ersprießlich seyen/ und ihnen gereichen zur Gnugthuung. Wiedrum daß der Ablaß den Seelen im Fegfeur solle eber so gewiß und unfehlbahrlich zur Gnugthuung gereichen/ als den lebendigen Menschen/ solches will nicht zugeben Cajetanus, Layman l. 5. tr. 7. c. 7. mit seinem Anhang. Das Wiederspel will behaupten Suarez, Valentia, Navarrus mit ihrem Gefolg. Bellarminus aber l. I. c. 14. trägt auf beyden Schulteren/ und will und kan auch nicht diese Streitigkeit schlichten. Wiedrum können sich die Papisten nicht darum vertragen/ ob ein vollkommener Ablaß/ so den lebendigen Menschen vom Pabst ertheilet wird/ alle Straffen/ so sie im Fegfeur nach ihrem Todt ausstehen müsten/ gäntzlich/ oder nur allein zum theil aufhebe. Cajetanus mit seinem Gefolg hält darfür/ es belauffe sich nur diese Nachlassung auf die zur Zeit des ertheilten Ablasses gebeichteten Sünden: hingegen Layman mit seinem Anhang ist der Meinung/ daß alle rückständige Straffe/ auch für die vormahls gebeichtete Sünden auf einmahl gantz und gar werde nachgelassen. Gonet aber und Cardinalis Lugo gestehen rund heraus/ man könne dis eigentlich nicht wissen/ noch errahten: sondern man müsse die Römische Bullen oder Ablaß-Brieffe fleißig beobachten / und sich darnach richten. Wissen also die Papisten selbsten nicht/ wozu eigentlich ihr Ablaß nutze. Ist demnach die Verthätigung des päbstischen Ablasses nichts anders/ als dem Pabst zu Dienst unnütze Grillen ersinnen und hiemit die einfältige Leut bethören. XI. Es haben sich die Catholischen nicht zubeklagen/ daß sie nicht wissen wie die gemeine Leute oder auch die arme Seelen im Fegfeur den Ablaß verdienen können: dann es wissen die Päbstischen Theologi und der Pabst selbsten nicht/ wie/ und auf was Manier an seiner eigenen Persohn des Ablasses solle oder könne theilhafftig werden/ dann (wie Adamus Burghaber Theol. polem. controv. LXXVII) anführet: etliche Theologi halten dafür / kein Pabst könne an eigener Persohn einiges Ablasses theilhafftig werden. Zweytens andere seynd der Meinung/ der Pabst übe zwar keine gerichtliche Loßsprechung über sich selbsten / sonderen reiche nur für seine Persohn/ und begangene Sünden eine blosse Bezahlung aus der Schatz-Kammer der Verdiensten Christi/ auf gleiche Weise/ wie er diese Bezahlung reichet für die Seelen im Fegfeur. Drittens: andre geben für/ der Pabst ertheile seinem Beicht-

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/359>, abgerufen am 22.11.2024.