Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Einrede der Papisten. I. Spricht doch der Pabst nicht/ daß die Speisen/ so er verbietet/ an sich böse seyn / wie die Simoniaci, Saturniani, Ebioniten, Encratiten, Manichae er, und dergleichen Ketzer-Geschmeiß gelehrt haben/ gegen welche S. Paulus gedonnert hat. Kan demnach der obangezogene Spruch Pauli nicht auff den Pabst/ wann er gewisse Speisen verbietet / gedeutet werden. Antwort. Es spricht auch S. Paulus nicht/ daß die verführische Geister die Speisen werden an sich böß heissen: Sondern er spricht nur/ sie werden gewisse Speisen verbieten / es geschehe nun unter was Schein des Gottes-Dienstes es immer wolle: Gehört also der Pabst/ wegen seines Verbots gewisser Speisen/ bey Paulo mit auff die Ketzer-Rolle. II. Man muß die H. Schrifft nicht verschrauffter Weise verstehen/ wann sie spricht: Die Fische haben Fleisch I. Cor. 15. &c. Dann es sagt auch die Schrifft/ die Wein-Trauben und Maulbeeren haben Bluht Deut. 32. v. 14. I. Mach. 6. v. 34. Daraus folget aber nicht / daß das Bluht der Thieren gleiche Krafft habe als das Bluht der Wein-Trauben/ oder der edle Reben-Safft Antwort. Diese Krafft wissen freylich wohl die Papisten zu unterscheiden: Sonsten würden sie bey ihrem Fasten sich des Trauben-Bluhts nicht so starck bedienen: Sondern die Pfaffen bey dem mageren Bluht der Thieren besser die Keuschheit halten. Im übrigen/ laß ein Unterscheid seyn zwischen dem Fleisch der Wasser-Thieren/ und zwischen dem Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ so hat doch keines/ was die Fasten betrifft/ in GOttes Wort etwas besonders. III. Man verbietet zu gewissen Zeiten das Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ aus Ursachen/ dieweil solches Fleisch viele Nahrung giebt/ dardurch dann die böse Begierden angezündet und vermehret werden: Diesem nun vorzukommen und abzuwehren/ und damit dem Fleisch der Zündel entzogen werde/ so wird billig und löblich diß Fleisch-Essen zu gewissen Zeiten verboten. Antwort. O Heuchlerey! Wanns um Abwendung der bösen Lüsten ernstlich zu thuen ist/ so verbietet vielmehr die starck-gewürtzte Fische: Dann die geile Venus nach sinn-reicher und wohl-gegründeter Erfindung der antiqvität/ ist im geilen Saltz-Wasser des Meers bey den Fischen gebohren. Verbietet auch ebener massen den Wein/ als welcher die geile Brunst vielmehr anzündet/ als irgend ein dürres Stück Fleisch thun kan/ wie es Salomon bezeuget Prov. 23. v. 31. und S. Paulus Eph. 5. v. 18. IV. Man lieset doch von Christo selbst nicht/ daß er habe Fleisch gessen: Sondern Brodt und Fisch Matth. 14. Joh. 21. Antwort. Das Osterlam war ja Fleisch/ welches er hat helffen essen: oder meinet ihr vielleicht daß es ihm sampt seinen Jüngeren dessenthalben auff dem Char-Freytag so übel seye ergangen/ dieweilen sie die Päbstische Fasten auff dem grünen Donnerstag nicht haben gehalten/ sondern gebraten Fleisch gessen? Summa, das Pabstum hat viel Aberglaubens: Aber wenig Beweiß aus GOttes Wort. Ist also das sicherste/ man lasse den Pabst mit seinen Geboten fahren/ und halte sich bey den Geboten GOttes/ und dessen in Göttlicher Schrifft geoffenbahrten Willen. Das vierzehnte Capitel. Ob dann der im gewissen überzeugte Rempen, nach solchen erkannten Unwarheiten des Pabstthums/ dannoch mit gutem Ge- Einrede der Papisten. I. Spricht doch der Pabst nicht/ daß die Speisen/ so er verbietet/ an sich böse seyn / wie die Simoniaci, Saturniani, Ebioniten, Encratiten, Manichae er, und dergleichen Ketzer-Geschmeiß gelehrt haben/ gegen welche S. Paulus gedonnert hat. Kan demnach der obangezogene Spruch Pauli nicht auff den Pabst/ wann er gewisse Speisen verbietet / gedeutet werden. Antwort. Es spricht auch S. Paulus nicht/ daß die verführische Geister die Speisen werden an sich böß heissen: Sondern er spricht nur/ sie werden gewisse Speisen verbieten / es geschehe nun unter was Schein des Gottes-Dienstes es immer wolle: Gehört also der Pabst/ wegen seines Verbots gewisser Speisen/ bey Paulo mit auff die Ketzer-Rolle. II. Man muß die H. Schrifft nicht verschrauffter Weise verstehen/ wann sie spricht: Die Fische haben Fleisch I. Cor. 15. &c. Dann es sagt auch die Schrifft/ die Wein-Trauben und Maulbeeren haben Bluht Deut. 32. v. 14. I. Mach. 6. v. 34. Daraus folget aber nicht / daß das Bluht der Thieren gleiche Krafft habe als das Bluht der Wein-Trauben/ oder der edle Reben-Safft Antwort. Diese Krafft wissen freylich wohl die Papisten zu unterscheiden: Sonsten würden sie bey ihrem Fasten sich des Trauben-Bluhts nicht so starck bedienen: Sondern die Pfaffen bey dem mageren Bluht der Thieren besser die Keuschheit halten. Im übrigen/ laß ein Unterscheid seyn zwischen dem Fleisch der Wasser-Thieren/ und zwischen dem Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ so hat doch keines/ was die Fasten betrifft/ in GOttes Wort etwas besonders. III. Man verbietet zu gewissen Zeiten das Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ aus Ursachen/ dieweil solches Fleisch viele Nahrung giebt/ dardurch dann die böse Begierden angezündet und vermehret werden: Diesem nun vorzukommen und abzuwehren/ und damit dem Fleisch der Zündel entzogen werde/ so wird billig und löblich diß Fleisch-Essen zu gewissen Zeiten verboten. Antwort. O Heuchlerey! Wanns um Abwendung der bösen Lüsten ernstlich zu thuen ist/ so verbietet vielmehr die starck-gewürtzte Fische: Dann die geile Venus nach sinn-reicher und wohl-gegründeter Erfindung der antiqvität/ ist im geilen Saltz-Wasser des Meers bey den Fischen gebohren. Verbietet auch ebener massen den Wein/ als welcher die geile Brunst vielmehr anzündet/ als irgend ein dürres Stück Fleisch thun kan/ wie es Salomon bezeuget Prov. 23. v. 31. und S. Paulus Eph. 5. v. 18. IV. Man lieset doch von Christo selbst nicht/ daß er habe Fleisch gessen: Sondern Brodt und Fisch Matth. 14. Joh. 21. Antwort. Das Osterlam war ja Fleisch/ welches er hat helffen essen: oder meinet ihr vielleicht daß es ihm sampt seinen Jüngeren dessenthalben auff dem Char-Freytag so übel seye ergangen/ dieweilen sie die Päbstische Fasten auff dem grünen Donnerstag nicht haben gehalten/ sondern gebraten Fleisch gessen? Summa, das Pabstum hat viel Aberglaubens: Aber wenig Beweiß aus GOttes Wort. Ist also das sicherste/ man lasse den Pabst mit seinen Geboten fahren/ und halte sich bey den Geboten GOttes/ und dessen in Göttlicher Schrifft geoffenbahrten Willen. Das vierzehnte Capitel. Ob dann der im gewissen überzeugte Rempen, nach solchen erkannten Unwarheiten des Pabstthums/ dannoch mit gutem Ge- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0514" n="214"/> <p>Einrede der Papisten.</p> <p>I. Spricht doch der Pabst nicht/ daß die Speisen/ so er verbietet/ an sich böse seyn / wie die Simoniaci, Saturniani, Ebioniten, Encratiten, Manichae er, und dergleichen Ketzer-Geschmeiß gelehrt haben/ gegen welche S. Paulus gedonnert hat. Kan demnach der obangezogene Spruch Pauli nicht auff den Pabst/ wann er gewisse Speisen verbietet / gedeutet werden.</p> <p>Antwort. Es spricht auch S. Paulus nicht/ daß die verführische Geister die Speisen werden an sich böß heissen: Sondern er spricht nur/ sie werden gewisse Speisen verbieten / es geschehe nun unter was Schein des Gottes-Dienstes es immer wolle: Gehört also der Pabst/ wegen seines Verbots gewisser Speisen/ bey Paulo mit auff die Ketzer-Rolle.</p> <p>II. Man muß die H. Schrifft nicht verschrauffter Weise verstehen/ wann sie spricht: Die Fische haben Fleisch I. Cor. 15. &c. Dann es sagt auch die Schrifft/ die Wein-Trauben und Maulbeeren haben Bluht Deut. 32. v. 14. I. Mach. 6. v. 34. Daraus folget aber nicht / daß das Bluht der Thieren gleiche Krafft habe als das Bluht der Wein-Trauben/ oder der edle Reben-Safft</p> <p>Antwort. Diese Krafft wissen freylich wohl die Papisten zu unterscheiden: Sonsten würden sie bey ihrem Fasten sich des Trauben-Bluhts nicht so starck bedienen: Sondern die Pfaffen bey dem mageren Bluht der Thieren besser die Keuschheit halten. Im übrigen/ laß ein Unterscheid seyn zwischen dem Fleisch der Wasser-Thieren/ und zwischen dem Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ so hat doch keines/ was die Fasten betrifft/ in GOttes Wort etwas besonders.</p> <p>III. Man verbietet zu gewissen Zeiten das Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ aus Ursachen/ dieweil solches Fleisch viele Nahrung giebt/ dardurch dann die böse Begierden angezündet und vermehret werden: Diesem nun vorzukommen und abzuwehren/ und damit dem Fleisch der Zündel entzogen werde/ so wird billig und löblich diß Fleisch-Essen zu gewissen Zeiten verboten.</p> <p>Antwort. O Heuchlerey! Wanns um Abwendung der bösen Lüsten ernstlich zu thuen ist/ so verbietet vielmehr die starck-gewürtzte Fische: Dann die geile Venus nach sinn-reicher und wohl-gegründeter Erfindung der antiqvität/ ist im geilen Saltz-Wasser des Meers bey den Fischen gebohren. Verbietet auch ebener massen den Wein/ als welcher die geile Brunst vielmehr anzündet/ als irgend ein dürres Stück Fleisch thun kan/ wie es Salomon bezeuget Prov. 23. v. 31. und S. Paulus Eph. 5. v. 18.</p> <p>IV. Man lieset doch von Christo selbst nicht/ daß er habe Fleisch gessen: Sondern Brodt und Fisch Matth. 14. Joh. 21.</p> <p>Antwort. Das Osterlam war ja Fleisch/ welches er hat helffen essen: oder meinet ihr vielleicht daß es ihm sampt seinen Jüngeren dessenthalben auff dem Char-Freytag so übel seye ergangen/ dieweilen sie die Päbstische Fasten auff dem grünen Donnerstag nicht haben gehalten/ sondern gebraten Fleisch gessen? Summa, das Pabstum hat viel Aberglaubens: Aber wenig Beweiß aus GOttes Wort. Ist also das sicherste/ man lasse den Pabst mit seinen Geboten fahren/ und halte sich bey den Geboten GOttes/ und dessen in Göttlicher Schrifft geoffenbahrten Willen.</p> </div> <div> <head>Das vierzehnte Capitel.</head> <argument> <p>Ob dann der im gewissen überzeugte Rempen, nach solchen erkannten Unwarheiten des Pabstthums/ dannoch mit gutem Ge- </p> </argument> </div> </body> </text> </TEI> [214/0514]
Einrede der Papisten.
I. Spricht doch der Pabst nicht/ daß die Speisen/ so er verbietet/ an sich böse seyn / wie die Simoniaci, Saturniani, Ebioniten, Encratiten, Manichae er, und dergleichen Ketzer-Geschmeiß gelehrt haben/ gegen welche S. Paulus gedonnert hat. Kan demnach der obangezogene Spruch Pauli nicht auff den Pabst/ wann er gewisse Speisen verbietet / gedeutet werden.
Antwort. Es spricht auch S. Paulus nicht/ daß die verführische Geister die Speisen werden an sich böß heissen: Sondern er spricht nur/ sie werden gewisse Speisen verbieten / es geschehe nun unter was Schein des Gottes-Dienstes es immer wolle: Gehört also der Pabst/ wegen seines Verbots gewisser Speisen/ bey Paulo mit auff die Ketzer-Rolle.
II. Man muß die H. Schrifft nicht verschrauffter Weise verstehen/ wann sie spricht: Die Fische haben Fleisch I. Cor. 15. &c. Dann es sagt auch die Schrifft/ die Wein-Trauben und Maulbeeren haben Bluht Deut. 32. v. 14. I. Mach. 6. v. 34. Daraus folget aber nicht / daß das Bluht der Thieren gleiche Krafft habe als das Bluht der Wein-Trauben/ oder der edle Reben-Safft
Antwort. Diese Krafft wissen freylich wohl die Papisten zu unterscheiden: Sonsten würden sie bey ihrem Fasten sich des Trauben-Bluhts nicht so starck bedienen: Sondern die Pfaffen bey dem mageren Bluht der Thieren besser die Keuschheit halten. Im übrigen/ laß ein Unterscheid seyn zwischen dem Fleisch der Wasser-Thieren/ und zwischen dem Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ so hat doch keines/ was die Fasten betrifft/ in GOttes Wort etwas besonders.
III. Man verbietet zu gewissen Zeiten das Fleisch der Feld- und Lufft-Thieren/ aus Ursachen/ dieweil solches Fleisch viele Nahrung giebt/ dardurch dann die böse Begierden angezündet und vermehret werden: Diesem nun vorzukommen und abzuwehren/ und damit dem Fleisch der Zündel entzogen werde/ so wird billig und löblich diß Fleisch-Essen zu gewissen Zeiten verboten.
Antwort. O Heuchlerey! Wanns um Abwendung der bösen Lüsten ernstlich zu thuen ist/ so verbietet vielmehr die starck-gewürtzte Fische: Dann die geile Venus nach sinn-reicher und wohl-gegründeter Erfindung der antiqvität/ ist im geilen Saltz-Wasser des Meers bey den Fischen gebohren. Verbietet auch ebener massen den Wein/ als welcher die geile Brunst vielmehr anzündet/ als irgend ein dürres Stück Fleisch thun kan/ wie es Salomon bezeuget Prov. 23. v. 31. und S. Paulus Eph. 5. v. 18.
IV. Man lieset doch von Christo selbst nicht/ daß er habe Fleisch gessen: Sondern Brodt und Fisch Matth. 14. Joh. 21.
Antwort. Das Osterlam war ja Fleisch/ welches er hat helffen essen: oder meinet ihr vielleicht daß es ihm sampt seinen Jüngeren dessenthalben auff dem Char-Freytag so übel seye ergangen/ dieweilen sie die Päbstische Fasten auff dem grünen Donnerstag nicht haben gehalten/ sondern gebraten Fleisch gessen? Summa, das Pabstum hat viel Aberglaubens: Aber wenig Beweiß aus GOttes Wort. Ist also das sicherste/ man lasse den Pabst mit seinen Geboten fahren/ und halte sich bey den Geboten GOttes/ und dessen in Göttlicher Schrifft geoffenbahrten Willen.
Das vierzehnte Capitel. Ob dann der im gewissen überzeugte Rempen, nach solchen erkannten Unwarheiten des Pabstthums/ dannoch mit gutem Ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |