Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



ihrer Lebhaftigkeit, Flüchtigkeit und Schönheit
wegen den Weibern näher zu kommen geschienen
hat. Wir müssen daher die Nation versamm-
len und zwanzig Orhomhodho zur Berathschla-
gung ziehen. "Die übrigen traten alle, ein einzi-
ger ausgenommen, dessen Ausspruch auf dreis-
sig Zirkel ging, dieser Meinung bei. Zum Glück
verlohren die Weiber ihre Geduld und sezten die-
se wichtigen Personen in solche Furcht, daß sie
entschieden, die Heirath sollte längstens in zehn
Sonnen vor sich gehn. Alle nahmen den jun-
gen B-m-t in ihre Arme, und erdrückten ihn
bald mit Liebkosungen.

Eine ganz besondere Ursach, welche die Wei-
ber zu Begünstigung der Leidenschaft der schönen
Jshmichtriß veranlaßte, war, daß in Patagonien
weit weniger Männer als Weiber gefunden wer-
den, weshalb ein Mann deren wenigstens drei
hatte. Dies war aller Wahrscheinlichkeit nach
auch der Grund, welcher bei der jungen Pata-
gonerin entschieden hatte: sie rechnete, daß der
liebenswürdige kleine Mensch ungefähr das Drit-
theil eines Patagonen vermöchte, und daß es
also, wenn sie ihn allein hätte, auf eins hin-
aus laufen würde.

Der junge B-m-t machte sich, so geschwind
er fliegen konnte, mit Liebkosungen überhäuft,
nach Sunhichdhombah, oder der Christineninsel
zurück. Er fand seinen Vater zur Abreise auf
ihn warten. Der junge Mann gab ihm Nach-

richt



ihrer Lebhaftigkeit, Fluͤchtigkeit und Schoͤnheit
wegen den Weibern naͤher zu kommen geſchienen
hat. Wir muͤſſen daher die Nation verſamm-
len und zwanzig Orhomhodho zur Berathſchla-
gung ziehen. „Die uͤbrigen traten alle, ein einzi-
ger ausgenommen, deſſen Ausſpruch auf dreiſ-
ſig Zirkel ging, dieſer Meinung bei. Zum Gluͤck
verlohren die Weiber ihre Geduld und ſezten die-
ſe wichtigen Perſonen in ſolche Furcht, daß ſie
entſchieden, die Heirath ſollte laͤngſtens in zehn
Sonnen vor ſich gehn. Alle nahmen den jun-
gen B-m-t in ihre Arme, und erdruͤckten ihn
bald mit Liebkoſungen.

Eine ganz beſondere Urſach, welche die Wei-
ber zu Beguͤnſtigung der Leidenſchaft der ſchoͤnen
Jſhmichtriß veranlaßte, war, daß in Patagonien
weit weniger Maͤnner als Weiber gefunden wer-
den, weshalb ein Mann deren wenigſtens drei
hatte. Dies war aller Wahrſcheinlichkeit nach
auch der Grund, welcher bei der jungen Pata-
gonerin entſchieden hatte: ſie rechnete, daß der
liebenswuͤrdige kleine Menſch ungefaͤhr das Drit-
theil eines Patagonen vermoͤchte, und daß es
alſo, wenn ſie ihn allein haͤtte, auf eins hin-
aus laufen wuͤrde.

Der junge B-m-t machte ſich, ſo geſchwind
er fliegen konnte, mit Liebkoſungen uͤberhaͤuft,
nach Sunhichdhombah, oder der Chriſtineninſel
zuruͤck. Er fand ſeinen Vater zur Abreiſe auf
ihn warten. Der junge Mann gab ihm Nach-

richt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0154" n="146"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ihrer Lebhaftigkeit, Flu&#x0364;chtigkeit und Scho&#x0364;nheit<lb/>
wegen den Weibern na&#x0364;her zu kommen ge&#x017F;chienen<lb/>
hat. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en daher die Nation ver&#x017F;amm-<lb/>
len und zwanzig <hi rendition="#fr">Orhomhodho</hi> zur Berath&#x017F;chla-<lb/>
gung ziehen. &#x201E;Die u&#x0364;brigen traten alle, ein einzi-<lb/>
ger ausgenommen, de&#x017F;&#x017F;en Aus&#x017F;pruch auf drei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig Zirkel ging, die&#x017F;er Meinung bei. Zum Glu&#x0364;ck<lb/>
verlohren die Weiber ihre Geduld und &#x017F;ezten die-<lb/>
&#x017F;e wichtigen Per&#x017F;onen in &#x017F;olche Furcht, daß &#x017F;ie<lb/>
ent&#x017F;chieden, die Heirath &#x017F;ollte la&#x0364;ng&#x017F;tens in zehn<lb/>
Sonnen vor &#x017F;ich gehn. Alle nahmen den jun-<lb/>
gen B-m-t in ihre Arme, und erdru&#x0364;ckten ihn<lb/>
bald mit Liebko&#x017F;ungen.</p><lb/>
          <p>Eine ganz be&#x017F;ondere Ur&#x017F;ach, welche die Wei-<lb/>
ber zu Begu&#x0364;n&#x017F;tigung der Leiden&#x017F;chaft der &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/><hi rendition="#fr">J&#x017F;hmichtriß</hi> veranlaßte, war, daß in Patagonien<lb/>
weit weniger Ma&#x0364;nner als Weiber gefunden wer-<lb/>
den, weshalb ein Mann deren wenig&#x017F;tens drei<lb/>
hatte. Dies war aller Wahr&#x017F;cheinlichkeit nach<lb/>
auch der Grund, welcher bei der jungen Pata-<lb/>
gonerin ent&#x017F;chieden hatte: &#x017F;ie rechnete, daß der<lb/>
liebenswu&#x0364;rdige kleine Men&#x017F;ch ungefa&#x0364;hr das Drit-<lb/>
theil eines Patagonen vermo&#x0364;chte, und daß es<lb/>
al&#x017F;o, wenn &#x017F;ie ihn allein ha&#x0364;tte, auf eins hin-<lb/>
aus laufen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Der junge B-m-t machte &#x017F;ich, &#x017F;o ge&#x017F;chwind<lb/>
er fliegen konnte, mit Liebko&#x017F;ungen u&#x0364;berha&#x0364;uft,<lb/>
nach Sunhichdhombah, oder der Chri&#x017F;tinenin&#x017F;el<lb/>
zuru&#x0364;ck. Er fand &#x017F;einen Vater zur Abrei&#x017F;e auf<lb/>
ihn warten. Der junge Mann gab ihm Nach-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">richt</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0154] ihrer Lebhaftigkeit, Fluͤchtigkeit und Schoͤnheit wegen den Weibern naͤher zu kommen geſchienen hat. Wir muͤſſen daher die Nation verſamm- len und zwanzig Orhomhodho zur Berathſchla- gung ziehen. „Die uͤbrigen traten alle, ein einzi- ger ausgenommen, deſſen Ausſpruch auf dreiſ- ſig Zirkel ging, dieſer Meinung bei. Zum Gluͤck verlohren die Weiber ihre Geduld und ſezten die- ſe wichtigen Perſonen in ſolche Furcht, daß ſie entſchieden, die Heirath ſollte laͤngſtens in zehn Sonnen vor ſich gehn. Alle nahmen den jun- gen B-m-t in ihre Arme, und erdruͤckten ihn bald mit Liebkoſungen. Eine ganz beſondere Urſach, welche die Wei- ber zu Beguͤnſtigung der Leidenſchaft der ſchoͤnen Jſhmichtriß veranlaßte, war, daß in Patagonien weit weniger Maͤnner als Weiber gefunden wer- den, weshalb ein Mann deren wenigſtens drei hatte. Dies war aller Wahrſcheinlichkeit nach auch der Grund, welcher bei der jungen Pata- gonerin entſchieden hatte: ſie rechnete, daß der liebenswuͤrdige kleine Menſch ungefaͤhr das Drit- theil eines Patagonen vermoͤchte, und daß es alſo, wenn ſie ihn allein haͤtte, auf eins hin- aus laufen wuͤrde. Der junge B-m-t machte ſich, ſo geſchwind er fliegen konnte, mit Liebkoſungen uͤberhaͤuft, nach Sunhichdhombah, oder der Chriſtineninſel zuruͤck. Er fand ſeinen Vater zur Abreiſe auf ihn warten. Der junge Mann gab ihm Nach- richt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/154
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/154>, abgerufen am 21.11.2024.