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Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

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zu machen *). Unsern Grundsätzen nach, besteht der
einzige Entzweck der Gesellschaft darin, denen Menschen
ein angenehmeres Leben unter einander zu verschaffen.
Haltet uns mit diesen Grundsätzen aber nicht für
weibisch. Die Arbeit, der wir alle unterworfen
sind, macht unsern Verstand nicht stumpf, son-
dern stärkt uns: Unsre Spiele zielen dahin ab,
unsre Glieder gefügig zu machen, und der Unem-
pfindsamkeit der Wilden vorzubeugen. Wir stellen
sogar Kriegsübungen an, weil wir angegriffen
werden können; besonders suchen wir die Seelen
unsrer iungen Leute über die Furcht vor dem Tod
zu erheben. Aus der Ursach haben wir ihnen fest
eingeprägt, daß alle Wesen bei ihrem Ausgange
aus der Sonne oder der Erde, um dem Anschein
nach besondere vor sich bestehende Einheiten zu bilden,
doch nicht abgesondert sind, sondern beständig mit
ihnen in Verbindung bleiben, und daß der Tod
blos ihren Platz verändert, um ihnen anderswo
ein Dasein zu verschaffen. Zwar behalten wir
nicht das Andenken der vorigen Veränderungen:
Dies ist unmöglich, weil die Organen unsres Ge-
dächtnisses aufgelößt worden sind, aber was thut
das? Genug, daß wir unser ietziges Dasein em-
pfinden, und den Zusammenhang desselben durch

das
*) Dies ist auch die Moral des J. J. Rousseau. Aber
sie findet, wie mein Freund, im zweiten Theile
der Zeitgenossinnen in einer Note erinnert hat,
nur bei Völkern wo die Gleichheit eingeführt ist,
statt. (Joly.)



zu machen *). Unſern Grundſaͤtzen nach, beſteht der
einzige Entzweck der Geſellſchaft darin, denen Menſchen
ein angenehmeres Leben unter einander zu verſchaffen.
Haltet uns mit dieſen Grundſaͤtzen aber nicht fuͤr
weibiſch. Die Arbeit, der wir alle unterworfen
ſind, macht unſern Verſtand nicht ſtumpf, ſon-
dern ſtaͤrkt uns: Unſre Spiele zielen dahin ab,
unſre Glieder gefuͤgig zu machen, und der Unem-
pfindſamkeit der Wilden vorzubeugen. Wir ſtellen
ſogar Kriegsuͤbungen an, weil wir angegriffen
werden koͤnnen; beſonders ſuchen wir die Seelen
unſrer iungen Leute uͤber die Furcht vor dem Tod
zu erheben. Aus der Urſach haben wir ihnen feſt
eingepraͤgt, daß alle Weſen bei ihrem Ausgange
aus der Sonne oder der Erde, um dem Anſchein
nach beſondere vor ſich beſtehende Einheiten zu bilden,
doch nicht abgeſondert ſind, ſondern beſtaͤndig mit
ihnen in Verbindung bleiben, und daß der Tod
blos ihren Platz veraͤndert, um ihnen anderswo
ein Daſein zu verſchaffen. Zwar behalten wir
nicht das Andenken der vorigen Veraͤnderungen:
Dies iſt unmoͤglich, weil die Organen unſres Ge-
daͤchtniſſes aufgeloͤßt worden ſind, aber was thut
das? Genug, daß wir unſer ietziges Daſein em-
pfinden, und den Zuſammenhang deſſelben durch

das
*) Dies iſt auch die Moral des J. J. Rouſſeau. Aber
ſie findet, wie mein Freund, im zweiten Theile
der Zeitgenoſſinnen in einer Note erinnert hat,
nur bei Voͤlkern wo die Gleichheit eingefuͤhrt iſt,
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[338/0346] zu machen *). Unſern Grundſaͤtzen nach, beſteht der einzige Entzweck der Geſellſchaft darin, denen Menſchen ein angenehmeres Leben unter einander zu verſchaffen. Haltet uns mit dieſen Grundſaͤtzen aber nicht fuͤr weibiſch. Die Arbeit, der wir alle unterworfen ſind, macht unſern Verſtand nicht ſtumpf, ſon- dern ſtaͤrkt uns: Unſre Spiele zielen dahin ab, unſre Glieder gefuͤgig zu machen, und der Unem- pfindſamkeit der Wilden vorzubeugen. Wir ſtellen ſogar Kriegsuͤbungen an, weil wir angegriffen werden koͤnnen; beſonders ſuchen wir die Seelen unſrer iungen Leute uͤber die Furcht vor dem Tod zu erheben. Aus der Urſach haben wir ihnen feſt eingepraͤgt, daß alle Weſen bei ihrem Ausgange aus der Sonne oder der Erde, um dem Anſchein nach beſondere vor ſich beſtehende Einheiten zu bilden, doch nicht abgeſondert ſind, ſondern beſtaͤndig mit ihnen in Verbindung bleiben, und daß der Tod blos ihren Platz veraͤndert, um ihnen anderswo ein Daſein zu verſchaffen. Zwar behalten wir nicht das Andenken der vorigen Veraͤnderungen: Dies iſt unmoͤglich, weil die Organen unſres Ge- daͤchtniſſes aufgeloͤßt worden ſind, aber was thut das? Genug, daß wir unſer ietziges Daſein em- pfinden, und den Zuſammenhang deſſelben durch das *) Dies iſt auch die Moral des J. J. Rouſſeau. Aber ſie findet, wie mein Freund, im zweiten Theile der Zeitgenoſſinnen in einer Note erinnert hat, nur bei Voͤlkern wo die Gleichheit eingefuͤhrt iſt, ſtatt. (Joly.)

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Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/346>, abgerufen am 24.11.2024.