Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.seine Eltern, worinn er mit so viel Offenherzigkeit, als ihm möglich war, beynahe das nehmliche sagte. Den Brief an den Vater seiner Gebieterinn legt' er auf den Balcon des guten Herrn, und den andern an seinen Vater, auf den Rand des Fensters, an wel- chem der Fiscalprocurator alle Morgen frische Luft schöpfte, um seinen Magen zum Frühstück vorzube- reiten. Nach Vollendung dieser beyden Geschäfte, verfügt' er sich in die Stadt ***, wo der Priester, der ehedem seine Leute getraut hatte, wohnte, und führte ihn wieder mit sich auf den unbesteiglichen Berg. Beym Erwachen sah Christine Victorin herein- "Jhre Befehle sind vollzogen, Madam, und in "Ach mein lieber Victorin, wie sehr bin ich ih- "Das ist nicht alles, Madam, so eben als ich "Und was denn?" "Einen Prediger, Madam, nun kann ihre Kam- "Ach, E 5
ſeine Eltern, worinn er mit ſo viel Offenherzigkeit, als ihm moͤglich war, beynahe das nehmliche ſagte. Den Brief an den Vater ſeiner Gebieterinn legt’ er auf den Balcon des guten Herrn, und den andern an ſeinen Vater, auf den Rand des Fenſters, an wel- chem der Fiſcalprocurator alle Morgen friſche Luft ſchoͤpfte, um ſeinen Magen zum Fruͤhſtuͤck vorzube- reiten. Nach Vollendung dieſer beyden Geſchaͤfte, verfuͤgt’ er ſich in die Stadt ***, wo der Prieſter, der ehedem ſeine Leute getraut hatte, wohnte, und fuͤhrte ihn wieder mit ſich auf den unbeſteiglichen Berg. Beym Erwachen ſah Chriſtine Victorin herein- „Jhre Befehle ſind vollzogen, Madam, und in „Ach mein lieber Victorin, wie ſehr bin ich ih- „Das iſt nicht alles, Madam, ſo eben als ich „Und was denn?‟ „Einen Prediger, Madam, nun kann ihre Kam- „Ach, E 5
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ſeine Eltern, worinn er mit ſo viel Offenherzigkeit,
als ihm moͤglich war, beynahe das nehmliche ſagte.
Den Brief an den Vater ſeiner Gebieterinn legt’ er
auf den Balcon des guten Herrn, und den andern an
ſeinen Vater, auf den Rand des Fenſters, an wel-
chem der Fiſcalprocurator alle Morgen friſche Luft
ſchoͤpfte, um ſeinen Magen zum Fruͤhſtuͤck vorzube-
reiten. Nach Vollendung dieſer beyden Geſchaͤfte,
verfuͤgt’ er ſich in die Stadt ***, wo der Prieſter,
der ehedem ſeine Leute getraut hatte, wohnte, und
fuͤhrte ihn wieder mit ſich auf den unbeſteiglichen
Berg.
Beym Erwachen ſah Chriſtine Victorin herein-
treten.
„Jhre Befehle ſind vollzogen, Madam, und in
dieſem Augenblick lieſt ihr Herr Vater vermuthlich
den Brief.‟
„Ach mein lieber Victorin, wie ſehr bin ich ih-
nen fuͤr ihre Eilfertigkeit verbunden.‟
„Das iſt nicht alles, Madam, ſo eben als ich
dieſen Berg verließ, kam der Großvogel an, uud hat
etwas neues in unſern Wohnſitz gebracht.‟
„Und was denn?‟
„Einen Prediger, Madam, nun kann ihre Kam-
merfrau, die Zeit gehabt hat, ihren Liebhaber kennen
zu lernen, der ſie zu lieben ſcheint, ehelichen, wenn
es ihre ſchoͤne Gebieterinn anders erlaubt … Je-
dermann ſoll hier gluͤcklich ſeyn Madam …
„Ach,
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