Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.und Maria allein, unten in dem großen Zimmer am Ofen. Sie scheinen beide ein wenig gedrückt, -- draußen ist ein trübes, graues Wetter. "Wie gut, daß Sie kommen," sagt Maria, -- "es ist heute so unheimlich -- wir sind eben erst aufgestanden -- und das ganze Haus ist leer -- wir haben keine Ahnung, wo die anderen alle sind." Chamotte wird fortgeschickt, um Sekt zu holen, und sie ermunterten sich ein wenig. "Warum sind Sie denn heute so deprimiert?" "Ich weiß nicht, -- es hat eigentlich gar keinen Sinn --" sagt Susanna. "Doch," fällt Maria ihr ins Wort -- "alle sind böse auf uns -- ach, bitte noch ein Glas --, es ist wirklich ein Trost, daß Sie gekommen sind." "Wenn ich Ihnen nur etwas helfen könnte!" "Das können Sie nicht -- er sagt, meine Seele sei am Erlöschen -- Hallwig natürlich -- was wollen Sie dabei machen? Und nur wegen dem Karneval." "Wie falsch --" sagt Susanna, "nie hat man soviel Seele wie im Karneval." "Verschwendet sie aber an unwürdige Subjekte und unechte Räusche," belehrt Maria. "Ja, was nennt man denn eigentlich echt?" "Ach, ich glaube, nur was einem selber Spaß macht -- und ihm liegt es nun einmal nicht, sich zu amüsieren -- aber wir können es nicht lassen." und Maria allein, unten in dem großen Zimmer am Ofen. Sie scheinen beide ein wenig gedrückt, — draußen ist ein trübes, graues Wetter. „Wie gut, daß Sie kommen,“ sagt Maria, — „es ist heute so unheimlich — wir sind eben erst aufgestanden — und das ganze Haus ist leer — wir haben keine Ahnung, wo die anderen alle sind.“ Chamotte wird fortgeschickt, um Sekt zu holen, und sie ermunterten sich ein wenig. „Warum sind Sie denn heute so deprimiert?“ „Ich weiß nicht, — es hat eigentlich gar keinen Sinn —“ sagt Susanna. „Doch,“ fällt Maria ihr ins Wort — „alle sind böse auf uns — ach, bitte noch ein Glas —, es ist wirklich ein Trost, daß Sie gekommen sind.“ „Wenn ich Ihnen nur etwas helfen könnte!“ „Das können Sie nicht — er sagt, meine Seele sei am Erlöschen — Hallwig natürlich — was wollen Sie dabei machen? Und nur wegen dem Karneval.“ „Wie falsch —“ sagt Susanna, „nie hat man soviel Seele wie im Karneval.“ „Verschwendet sie aber an unwürdige Subjekte und unechte Räusche,“ belehrt Maria. „Ja, was nennt man denn eigentlich echt?“ „Ach, ich glaube, nur was einem selber Spaß macht — und ihm liegt es nun einmal nicht, sich zu amüsieren — aber wir können es nicht lassen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0153" n="149"/> und Maria allein, unten in dem großen Zimmer am Ofen. Sie scheinen beide ein wenig gedrückt, — draußen ist ein trübes, graues Wetter.</p> <p>„Wie gut, daß Sie kommen,“ sagt Maria, — „es ist heute so unheimlich — wir sind eben erst aufgestanden — und das ganze Haus ist leer — wir haben keine Ahnung, wo die anderen alle sind.“</p> <p>Chamotte wird fortgeschickt, um Sekt zu holen, und sie ermunterten sich ein wenig.</p> <p>„Warum sind Sie denn heute so deprimiert?“</p> <p>„Ich weiß nicht, — es hat eigentlich gar keinen Sinn —“ sagt Susanna.</p> <p>„Doch,“ fällt Maria ihr ins Wort — „alle sind böse auf uns — ach, bitte noch ein Glas —, es ist wirklich ein Trost, daß Sie gekommen sind.“</p> <p>„Wenn ich Ihnen nur etwas helfen könnte!“</p> <p>„Das können Sie nicht — er sagt, meine Seele sei am Erlöschen — Hallwig natürlich — was wollen Sie dabei machen? Und nur wegen dem Karneval.“</p> <p>„Wie falsch —“ sagt Susanna, „nie hat man soviel Seele wie im Karneval.“</p> <p>„Verschwendet sie aber an unwürdige Subjekte und unechte Räusche,“ belehrt Maria.</p> <p>„Ja, was nennt man denn eigentlich echt?“</p> <p>„Ach, ich glaube, nur was einem selber Spaß macht — und ihm liegt es nun einmal nicht, sich zu amüsieren — aber wir können es nicht lassen.“</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0153]
und Maria allein, unten in dem großen Zimmer am Ofen. Sie scheinen beide ein wenig gedrückt, — draußen ist ein trübes, graues Wetter.
„Wie gut, daß Sie kommen,“ sagt Maria, — „es ist heute so unheimlich — wir sind eben erst aufgestanden — und das ganze Haus ist leer — wir haben keine Ahnung, wo die anderen alle sind.“
Chamotte wird fortgeschickt, um Sekt zu holen, und sie ermunterten sich ein wenig.
„Warum sind Sie denn heute so deprimiert?“
„Ich weiß nicht, — es hat eigentlich gar keinen Sinn —“ sagt Susanna.
„Doch,“ fällt Maria ihr ins Wort — „alle sind böse auf uns — ach, bitte noch ein Glas —, es ist wirklich ein Trost, daß Sie gekommen sind.“
„Wenn ich Ihnen nur etwas helfen könnte!“
„Das können Sie nicht — er sagt, meine Seele sei am Erlöschen — Hallwig natürlich — was wollen Sie dabei machen? Und nur wegen dem Karneval.“
„Wie falsch —“ sagt Susanna, „nie hat man soviel Seele wie im Karneval.“
„Verschwendet sie aber an unwürdige Subjekte und unechte Räusche,“ belehrt Maria.
„Ja, was nennt man denn eigentlich echt?“
„Ach, ich glaube, nur was einem selber Spaß macht — und ihm liegt es nun einmal nicht, sich zu amüsieren — aber wir können es nicht lassen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |