Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.gepflasterten Hof, -- wieder eine Tür und wieder dasselbe Glockenzeichen. Die Tür wird von innen aufgerissen. Der Herr im Pelzmantel fährt zurück -- Chamotte schreit laut auf, -- vor ihnen im Schein einer trüben Laterne steht ein Henkersknecht aus dem Mittelalter -- oder Gott weiß woher. Er trägt ein eisernes Schuppenhemd, eine verrostete Sturmhaube, unter der die Augen unheimlich hervorblicken, im Ledergürtel steckt ein langes, handbreites Dolchmesser, baumelt geraubtes Altargerät. Quer über die Stirn läuft eine blutrote Narbe. Die unheimliche Gestalt verbeugt sich in tiefem Ernst: "von Orlonski" -- "Dame -- Dame -- ja, ich heiße so." "Freut mich sehr, Susanna wartet schon." Der Henker mit seiner Laterne geht voran, -- durch einen dunklen Flur, eine Treppe hinauf, in einen großen hellerleuchteten Raum, -- eine Art Küche, wie man sie in Bauernhäusern findet. In der einen Ecke ist der Herd, in der anderen ein gewaltiger Tisch mit ledergepolsterten Bänken und Stühlen -- an den Wänden altes Kupferzeug und Fayencegeschirr, -- ein ganzes Museum. Susanna steht am Tisch in einem weißen Gewand und schminkt einen untersetzten jungen Herrn, der mit runden, schwarzen Augen gefühlvoll zu ihr aufblickt. Ein zweiter, mit dem Zwicker auf der Nase, hält die gepflasterten Hof, — wieder eine Tür und wieder dasselbe Glockenzeichen. Die Tür wird von innen aufgerissen. Der Herr im Pelzmantel fährt zurück — Chamotte schreit laut auf, — vor ihnen im Schein einer trüben Laterne steht ein Henkersknecht aus dem Mittelalter — oder Gott weiß woher. Er trägt ein eisernes Schuppenhemd, eine verrostete Sturmhaube, unter der die Augen unheimlich hervorblicken, im Ledergürtel steckt ein langes, handbreites Dolchmesser, baumelt geraubtes Altargerät. Quer über die Stirn läuft eine blutrote Narbe. Die unheimliche Gestalt verbeugt sich in tiefem Ernst: „von Orlonski“ — „Dame — Dame — ja, ich heiße so.“ „Freut mich sehr, Susanna wartet schon.“ Der Henker mit seiner Laterne geht voran, — durch einen dunklen Flur, eine Treppe hinauf, in einen großen hellerleuchteten Raum, — eine Art Küche, wie man sie in Bauernhäusern findet. In der einen Ecke ist der Herd, in der anderen ein gewaltiger Tisch mit ledergepolsterten Bänken und Stühlen — an den Wänden altes Kupferzeug und Fayencegeschirr, — ein ganzes Museum. Susanna steht am Tisch in einem weißen Gewand und schminkt einen untersetzten jungen Herrn, der mit runden, schwarzen Augen gefühlvoll zu ihr aufblickt. Ein zweiter, mit dem Zwicker auf der Nase, hält die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="44"/> gepflasterten Hof, — wieder eine Tür und wieder dasselbe Glockenzeichen. Die Tür wird von innen aufgerissen. Der Herr im Pelzmantel fährt zurück — Chamotte schreit laut auf, — vor ihnen im Schein einer trüben Laterne steht ein Henkersknecht aus dem Mittelalter — oder Gott weiß woher. Er trägt ein eisernes Schuppenhemd, eine verrostete Sturmhaube, unter der die Augen unheimlich hervorblicken, im Ledergürtel steckt ein langes, handbreites Dolchmesser, baumelt geraubtes Altargerät. Quer über die Stirn läuft eine blutrote Narbe.</p> <p>Die unheimliche Gestalt verbeugt sich in tiefem Ernst:</p> <p>„von Orlonski“ — „Dame — Dame — ja, ich heiße so.“</p> <p>„Freut mich sehr, Susanna wartet schon.“</p> <p>Der Henker mit seiner Laterne geht voran, — durch einen dunklen Flur, eine Treppe hinauf, in einen großen hellerleuchteten Raum, — eine Art Küche, wie man sie in Bauernhäusern findet. In der einen Ecke ist der Herd, in der anderen ein gewaltiger Tisch mit ledergepolsterten Bänken und Stühlen — an den Wänden altes Kupferzeug und Fayencegeschirr, — ein ganzes Museum.</p> <p>Susanna steht am Tisch in einem weißen Gewand und schminkt einen untersetzten jungen Herrn, der mit runden, schwarzen Augen gefühlvoll zu ihr aufblickt. Ein zweiter, mit dem Zwicker auf der Nase, hält die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0048]
gepflasterten Hof, — wieder eine Tür und wieder dasselbe Glockenzeichen. Die Tür wird von innen aufgerissen. Der Herr im Pelzmantel fährt zurück — Chamotte schreit laut auf, — vor ihnen im Schein einer trüben Laterne steht ein Henkersknecht aus dem Mittelalter — oder Gott weiß woher. Er trägt ein eisernes Schuppenhemd, eine verrostete Sturmhaube, unter der die Augen unheimlich hervorblicken, im Ledergürtel steckt ein langes, handbreites Dolchmesser, baumelt geraubtes Altargerät. Quer über die Stirn läuft eine blutrote Narbe.
Die unheimliche Gestalt verbeugt sich in tiefem Ernst:
„von Orlonski“ — „Dame — Dame — ja, ich heiße so.“
„Freut mich sehr, Susanna wartet schon.“
Der Henker mit seiner Laterne geht voran, — durch einen dunklen Flur, eine Treppe hinauf, in einen großen hellerleuchteten Raum, — eine Art Küche, wie man sie in Bauernhäusern findet. In der einen Ecke ist der Herd, in der anderen ein gewaltiger Tisch mit ledergepolsterten Bänken und Stühlen — an den Wänden altes Kupferzeug und Fayencegeschirr, — ein ganzes Museum.
Susanna steht am Tisch in einem weißen Gewand und schminkt einen untersetzten jungen Herrn, der mit runden, schwarzen Augen gefühlvoll zu ihr aufblickt. Ein zweiter, mit dem Zwicker auf der Nase, hält die
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