einen solchen Menschen, als Solmes ist, nur dencken würden, und daß Sie sich vermuthlich mit Jhren Verwandten vergleichen würden, weder jenen noch ihn zu nehmen.
Er antwortete, er glaube nicht, daß jemahls ein Mann von seinen Mitteln und Stande so wenig Gunst von einem Frauenzimmer habe erhalten können, um deren willen er doch so viel ausgestanden hätte.
Jch sagte ihm so frey, als ich zu thun pflege, meine Meynung[.] Allein, wer wird sich selbst Unrecht geben? Er beklagte sich, daß man Spio- nen ausgeschickt habe, die sich nach seinen Um- ständen und Aufführung hätten erkundigen müs- sen, und daß dieses Jhr Bruder und Jhres Herrn Vaters Brüder gethan hätten.
Jch sagte: dieses könnte ihn nicht anders, als sehr verdriessen, weil vielleicht beydes in der Prüfung schlecht bestehen würde. Er antwortete mit lächeln: Gehorsamer Diener! Die Gelegen- heit war zu gut, als daß Fräulein Howe/ die meiner nie geschont hat, sie vorbey gehen lassen sollte: Aber GOtt sey den armen Seelen gnä- dig! Können sie es wohl glauben? Sie hoffen an mir zu Schelmen zu werden. Sie mögen sich in Acht nehmen, daß ich sie nicht mit baarer Müntze bezahle. Jhr Hertz ist zu dergleichen Räncken aufgelegter, als ihr Kopf.
Jch fragte ihn: machen sie sich etwan eine Ehre daraus, daß ihr Kopf besser zu solchen Räncken aufgelegt ist?
Er
Die Geſchichte
einen ſolchen Menſchen, als Solmes iſt, nur dencken wuͤrden, und daß Sie ſich vermuthlich mit Jhren Verwandten vergleichen wuͤrden, weder jenen noch ihn zu nehmen.
Er antwortete, er glaube nicht, daß jemahls ein Mann von ſeinen Mitteln und Stande ſo wenig Gunſt von einem Frauenzimmer habe erhalten koͤnnen, um deren willen er doch ſo viel ausgeſtanden haͤtte.
Jch ſagte ihm ſo frey, als ich zu thun pflege, meine Meynung[.] Allein, wer wird ſich ſelbſt Unrecht geben? Er beklagte ſich, daß man Spio- nen ausgeſchickt habe, die ſich nach ſeinen Um- ſtaͤnden und Auffuͤhrung haͤtten erkundigen muͤſ- ſen, und daß dieſes Jhr Bruder und Jhres Herrn Vaters Bruͤder gethan haͤtten.
Jch ſagte: dieſes koͤnnte ihn nicht anders, als ſehr verdrieſſen, weil vielleicht beydes in der Pruͤfung ſchlecht beſtehen wuͤrde. Er antwortete mit laͤcheln: Gehorſamer Diener! Die Gelegen- heit war zu gut, als daß Fraͤulein Howe/ die meiner nie geſchont hat, ſie vorbey gehen laſſen ſollte: Aber GOtt ſey den armen Seelen gnaͤ- dig! Koͤnnen ſie es wohl glauben? Sie hoffen an mir zu Schelmen zu werden. Sie moͤgen ſich in Acht nehmen, daß ich ſie nicht mit baarer Muͤntze bezahle. Jhr Hertz iſt zu dergleichen Raͤncken aufgelegter, als ihr Kopf.
Jch fragte ihn: machen ſie ſich etwan eine Ehre daraus, daß ihr Kopf beſſer zu ſolchen Raͤncken aufgelegt iſt?
Er
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Die Geſchichte
einen ſolchen Menſchen, als Solmes iſt, nur
dencken wuͤrden, und daß Sie ſich vermuthlich
mit Jhren Verwandten vergleichen wuͤrden,
weder jenen noch ihn zu nehmen.
Er antwortete, er glaube nicht, daß jemahls
ein Mann von ſeinen Mitteln und Stande ſo
wenig Gunſt von einem Frauenzimmer habe
erhalten koͤnnen, um deren willen er doch ſo viel
ausgeſtanden haͤtte.
Jch ſagte ihm ſo frey, als ich zu thun pflege,
meine Meynung. Allein, wer wird ſich ſelbſt
Unrecht geben? Er beklagte ſich, daß man Spio-
nen ausgeſchickt habe, die ſich nach ſeinen Um-
ſtaͤnden und Auffuͤhrung haͤtten erkundigen muͤſ-
ſen, und daß dieſes Jhr Bruder und Jhres
Herrn Vaters Bruͤder gethan haͤtten.
Jch ſagte: dieſes koͤnnte ihn nicht anders,
als ſehr verdrieſſen, weil vielleicht beydes in der
Pruͤfung ſchlecht beſtehen wuͤrde. Er antwortete
mit laͤcheln: Gehorſamer Diener! Die Gelegen-
heit war zu gut, als daß Fraͤulein Howe/ die
meiner nie geſchont hat, ſie vorbey gehen laſſen
ſollte: Aber GOtt ſey den armen Seelen gnaͤ-
dig! Koͤnnen ſie es wohl glauben? Sie hoffen an
mir zu Schelmen zu werden. Sie moͤgen ſich
in Acht nehmen, daß ich ſie nicht mit baarer
Muͤntze bezahle. Jhr Hertz iſt zu dergleichen
Raͤncken aufgelegter, als ihr Kopf.
Jch fragte ihn: machen ſie ſich etwan eine
Ehre daraus, daß ihr Kopf beſſer zu ſolchen
Raͤncken aufgelegt iſt?
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/136>, abgerufen am 23.11.2024.
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