daß du sein Hertz kräncken solltest. Und ich sage dir hiemit/ du wirst eingesperret wer- den/ und man wird ferner nicht zugeben/ daß du einem von uns mit deinem Klagen und Winseln in den Ohren liegest. Wir wollen sehen/ wer wird nachgeben müssen: du uns? oder wir insgesammt dir?
Jch wollte Hannichen entschuldigen, und thun, als wenn ich meine Nachricht durch Elisa- beth Barnes/ die der Widerschall von meiner Schwester ist, erfahren hätte: denn diese hat es gegen eine andere Magd gerühmet. Allein-sie befahl mir abermals, davon stille zu schweigen. Jch würde bald finden, daß andere eben so uner- bittlich seyn könnten, als ich eigensinnig und un- beweglich wäre. Da sie sähe, daß ich mich auf ihre Gelindigkeit verliesse, und nichts darnach fragte, daß sie um meinet willen mit ihrem Manne, mit seinen Brüdern und mit ihren übri- gen Kindern in Uneinigkeit geriethe, so wollte sie mir ein für alle mahl versichern, daß sie eben so sehr wider Herrn Lovelace und für Herrn Solmes wäre, und daß ihr die Vergrösserung unserer Fa- milie eben so schr am Hertzen läge, als irgend ei- nem andern. Sie würde zu keinem Mittel Nein sagen, das man für nöthig halten möchte, um ein widerspenstiges Kind zum Gehorsam zu zwin- gen.
Als ich bey nahe umfallen wollte, bot sie mir den Arm, und hielt mich.
Jsts
Die Geſchichte
daß du ſein Hertz kraͤncken ſollteſt. Und ich ſage dir hiemit/ du wirſt eingeſperret wer- den/ und man wird ferner nicht zugeben/ daß du einem von uns mit deinem Klagen und Winſeln in den Ohren liegeſt. Wir wollen ſehen/ wer wird nachgeben muͤſſen: du uns? oder wir insgeſammt dir?
Jch wollte Hannichen entſchuldigen, und thun, als wenn ich meine Nachricht durch Eliſa- beth Barnes/ die der Widerſchall von meiner Schweſter iſt, erfahren haͤtte: denn dieſe hat es gegen eine andere Magd geruͤhmet. Allein-ſie befahl mir abermals, davon ſtille zu ſchweigen. Jch wuͤrde bald finden, daß andere eben ſo uner- bittlich ſeyn koͤnnten, als ich eigenſinnig und un- beweglich waͤre. Da ſie ſaͤhe, daß ich mich auf ihre Gelindigkeit verlieſſe, und nichts darnach fragte, daß ſie um meinet willen mit ihrem Manne, mit ſeinen Bruͤdern und mit ihren uͤbri- gen Kindern in Uneinigkeit geriethe, ſo wollte ſie mir ein fuͤr alle mahl verſichern, daß ſie eben ſo ſehr wider Herrn Lovelace und fuͤr Herrn Solmes waͤre, und daß ihr die Vergroͤſſerung unſerer Fa- milie eben ſo ſchr am Hertzen laͤge, als irgend ei- nem andern. Sie wuͤrde zu keinem Mittel Nein ſagen, das man fuͤr noͤthig halten moͤchte, um ein widerſpenſtiges Kind zum Gehorſam zu zwin- gen.
Als ich bey nahe umfallen wollte, bot ſie mir den Arm, und hielt mich.
Jſts
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Die Geſchichte
daß du ſein Hertz kraͤncken ſollteſt. Und ich
ſage dir hiemit/ du wirſt eingeſperret wer-
den/ und man wird ferner nicht zugeben/
daß du einem von uns mit deinem Klagen
und Winſeln in den Ohren liegeſt. Wir
wollen ſehen/ wer wird nachgeben muͤſſen:
du uns? oder wir insgeſammt dir?
Jch wollte Hannichen entſchuldigen, und
thun, als wenn ich meine Nachricht durch Eliſa-
beth Barnes/ die der Widerſchall von meiner
Schweſter iſt, erfahren haͤtte: denn dieſe hat es
gegen eine andere Magd geruͤhmet. Allein-ſie
befahl mir abermals, davon ſtille zu ſchweigen.
Jch wuͤrde bald finden, daß andere eben ſo uner-
bittlich ſeyn koͤnnten, als ich eigenſinnig und un-
beweglich waͤre. Da ſie ſaͤhe, daß ich mich auf
ihre Gelindigkeit verlieſſe, und nichts darnach
fragte, daß ſie um meinet willen mit ihrem
Manne, mit ſeinen Bruͤdern und mit ihren uͤbri-
gen Kindern in Uneinigkeit geriethe, ſo wollte ſie
mir ein fuͤr alle mahl verſichern, daß ſie eben ſo ſehr
wider Herrn Lovelace und fuͤr Herrn Solmes
waͤre, und daß ihr die Vergroͤſſerung unſerer Fa-
milie eben ſo ſchr am Hertzen laͤge, als irgend ei-
nem andern. Sie wuͤrde zu keinem Mittel Nein
ſagen, das man fuͤr noͤthig halten moͤchte, um
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gen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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