Es ist voller Unruhe wegen dessen, was er ge- hört hat, und braucht die stärcksten Ausdrücke seine Liebe gegen mich und seine Empfindlichkeit gegen jene an den Tag zu legen. Er bittet mich "sehr, ich soll ihm auf meine Ehre versprechen, "daß ich Herrn Solmes nie nehmen will." Jch dencke, daß ich ihm dieses leicht versprechen kan.
Er bittet ferner," ich möchte nicht glauben, daß "er sich durch Heruntersetzung anderer bey mir "einzuschmeicheln gedächte: er hoffe vielmehr es "dahin zu bringen, daß er selbst einen günstigern "Blick von mir verdienete. Er suche sich auch "nicht durch Furcht meine Liebe zu erwerben. "Allein er meldet, es werde die Aufführung mei- "ner Familie gegen ihn so unerträglich, daß er "sich seine Gedult beständig vorwerfen lassen "müste. So wohl der Lord M. und seine "beyden Basen, als auch alle seine übrigen "Freunde thäten dieses. Wenn alle seine Hoff- "nung auf mich verschwinden solte, so könte er "nicht zum voraus sagen, was ein verzweifel- "ter Mensch für Dinge vornehmen möchte.
"Seine Anverwanten und insonderheit diese "beyden Frauenzimmer riethen ihm zwar den "Weg des Rechts an. Allein wie kan einer "sein Recht vor Gerichte suchen, der durch "Worte beleidiget ist, und Erlaubniß hat den "Degen zu tragen?
Sie werden sehen, daß meine Mutter eben so voll Furcht ist als ich, und mir auf eine etwas
krum-
Die Geſchichte
Es iſt voller Unruhe wegen deſſen, was er ge- hoͤrt hat, und braucht die ſtaͤrckſten Ausdruͤcke ſeine Liebe gegen mich und ſeine Empfindlichkeit gegen jene an den Tag zu legen. Er bittet mich „ſehr, ich ſoll ihm auf meine Ehre verſprechen, „daß ich Herrn Solmes nie nehmen will.„ Jch dencke, daß ich ihm dieſes leicht verſprechen kan.
Er bittet ferner,„ ich moͤchte nicht glauben, daß „er ſich durch Herunterſetzung anderer bey mir „einzuſchmeicheln gedaͤchte: er hoffe vielmehr es „dahin zu bringen, daß er ſelbſt einen guͤnſtigern „Blick von mir verdienete. Er ſuche ſich auch „nicht durch Furcht meine Liebe zu erwerben. „Allein er meldet, es werde die Auffuͤhrung mei- „ner Familie gegen ihn ſo unertraͤglich, daß er „ſich ſeine Gedult beſtaͤndig vorwerfen laſſen „muͤſte. So wohl der Lord M. und ſeine „beyden Baſen, als auch alle ſeine uͤbrigen „Freunde thaͤten dieſes. Wenn alle ſeine Hoff- „nung auf mich verſchwinden ſolte, ſo koͤnte er „nicht zum voraus ſagen, was ein verzweifel- „ter Menſch fuͤr Dinge vornehmen moͤchte.
„Seine Anverwanten und inſonderheit dieſe „beyden Frauenzimmer riethen ihm zwar den „Weg des Rechts an. Allein wie kan einer „ſein Recht vor Gerichte ſuchen, der durch „Worte beleidiget iſt, und Erlaubniß hat den „Degen zu tragen?
Sie werden ſehen, daß meine Mutter eben ſo voll Furcht iſt als ich, und mir auf eine etwas
krum-
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Die Geſchichte
Es iſt voller Unruhe wegen deſſen, was er ge-
hoͤrt hat, und braucht die ſtaͤrckſten Ausdruͤcke
ſeine Liebe gegen mich und ſeine Empfindlichkeit
gegen jene an den Tag zu legen. Er bittet mich
„ſehr, ich ſoll ihm auf meine Ehre verſprechen,
„daß ich Herrn Solmes nie nehmen will.„
Jch dencke, daß ich ihm dieſes leicht verſprechen
kan.
Er bittet ferner,„ ich moͤchte nicht glauben, daß
„er ſich durch Herunterſetzung anderer bey mir
„einzuſchmeicheln gedaͤchte: er hoffe vielmehr es
„dahin zu bringen, daß er ſelbſt einen guͤnſtigern
„Blick von mir verdienete. Er ſuche ſich auch
„nicht durch Furcht meine Liebe zu erwerben.
„Allein er meldet, es werde die Auffuͤhrung mei-
„ner Familie gegen ihn ſo unertraͤglich, daß er
„ſich ſeine Gedult beſtaͤndig vorwerfen laſſen
„muͤſte. So wohl der Lord M. und ſeine
„beyden Baſen, als auch alle ſeine uͤbrigen
„Freunde thaͤten dieſes. Wenn alle ſeine Hoff-
„nung auf mich verſchwinden ſolte, ſo koͤnte er
„nicht zum voraus ſagen, was ein verzweifel-
„ter Menſch fuͤr Dinge vornehmen moͤchte.
„Seine Anverwanten und inſonderheit dieſe
„beyden Frauenzimmer riethen ihm zwar den
„Weg des Rechts an. Allein wie kan einer
„ſein Recht vor Gerichte ſuchen, der durch
„Worte beleidiget iſt, und Erlaubniß hat den
„Degen zu tragen?
Sie werden ſehen, daß meine Mutter eben ſo
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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