Jch fürchte sehr, daß seine Gespenst-mäßige Erscheinung eine Bedeutung hat, und der Vor- bote einer noch grössern Uebereilung ist. Wenn er in unser Haus kommt, (wie er mich denn sehr bittet ihm das zu erlauben) so fürchte ich, daß Mord und Todschlag daraus entstehet. Wenn ein solches Unglück nicht anders vermieden werden kan, so wollte ich mich lieber lebendig begraben lassen.
Es wird jetzt grosser Rath gehalten. Jch glau- be daß meine Briefe in Erwägung gezogen wer- den. Es ist dieses schon heute früh geschehen, und das war eben die Veranlassung, daß meine Onck- les in unsere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie ich neulich versprach, die Abschriften dieser Briefe schicken, so bald ich sehe, ob ich ihnen auch die Ant- wort darauf übersenden kan. Dieser mein jetzi- ger Brief ist nicht geschrieben, um Jhnen Nach- richten zu geben, sondern er ist blos die Wirckung meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den, der mir so viel Furcht verursachet hat. Sechs Zeilen wären schon genug gewesen, Jhnen alles zu melden, was ich zur Sache gehöriges geschrieben habe.
Cl. H.
Siehe den sechs und dreißigsten Brief/ in welchem Herr Lovelaces eigene Er- zählung der Ursachen zu finden ist/ die ihn bewogen haben in die Kirche zu kommen.
Der
Die Geſchichte
Jch fuͤrchte ſehr, daß ſeine Geſpenſt-maͤßige Erſcheinung eine Bedeutung hat, und der Vor- bote einer noch groͤſſern Uebereilung iſt. Wenn er in unſer Haus kommt, (wie er mich denn ſehr bittet ihm das zu erlauben) ſo fuͤrchte ich, daß Mord und Todſchlag daraus entſtehet. Wenn ein ſolches Ungluͤck nicht anders vermieden werden kan, ſo wollte ich mich lieber lebendig begraben laſſen.
Es wird jetzt groſſer Rath gehalten. Jch glau- be daß meine Briefe in Erwaͤgung gezogen wer- den. Es iſt dieſes ſchon heute fruͤh geſchehen, und das war eben die Veranlaſſung, daß meine Onck- les in unſere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie ich neulich verſprach, die Abſchriften dieſer Briefe ſchicken, ſo bald ich ſehe, ob ich ihnen auch die Ant- wort darauf uͤberſenden kan. Dieſer mein jetzi- ger Brief iſt nicht geſchrieben, um Jhnen Nach- richten zu geben, ſondern er iſt blos die Wirckung meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den, der mir ſo viel Furcht verurſachet hat. Sechs Zeilen waͤren ſchon genug geweſen, Jhnen alles zu melden, was ich zur Sache gehoͤriges geſchrieben habe.
Cl. H.
Siehe den ſechs und dreißigſten Brief/ in welchem Herr Lovelaces eigene Er- zaͤhlung der Urſachen zu finden iſt/ die ihn bewogen haben in die Kirche zu kommen.
Der
<TEI><text><body><divn="2"><divn="2"><pbfacs="#f0342"n="322"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Geſchichte</hi></hi></fw><lb/><p>Jch fuͤrchte ſehr, daß ſeine Geſpenſt-maͤßige<lb/>
Erſcheinung eine Bedeutung hat, und der Vor-<lb/>
bote einer noch groͤſſern Uebereilung iſt. Wenn<lb/>
er in unſer Haus kommt, (wie er mich denn ſehr<lb/>
bittet ihm das zu erlauben) ſo fuͤrchte ich, daß<lb/>
Mord und Todſchlag daraus entſtehet. Wenn<lb/>
ein ſolches Ungluͤck nicht anders vermieden werden<lb/>
kan, ſo wollte ich mich lieber lebendig begraben<lb/>
laſſen.</p><lb/><p>Es wird jetzt groſſer Rath gehalten. Jch glau-<lb/>
be daß meine Briefe in Erwaͤgung gezogen wer-<lb/>
den. Es iſt dieſes ſchon heute fruͤh geſchehen, und<lb/>
das war eben die Veranlaſſung, daß meine Onck-<lb/>
les in unſere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie<lb/>
ich neulich verſprach, die Abſchriften dieſer Briefe<lb/>ſchicken, ſo bald ich ſehe, ob ich ihnen auch die Ant-<lb/>
wort darauf uͤberſenden kan. Dieſer mein jetzi-<lb/>
ger Brief iſt nicht geſchrieben, um Jhnen Nach-<lb/>
richten zu geben, ſondern er iſt blos die Wirckung<lb/>
meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den,<lb/>
der mir ſo viel Furcht verurſachet hat. Sechs<lb/>
Zeilen waͤren ſchon genug geweſen, Jhnen alles zu<lb/>
melden, was ich zur Sache gehoͤriges geſchrieben<lb/>
habe.</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Cl. H.</hi></hi></salute></closer><lb/><postscript><p>S<hirendition="#fr">iehe den ſechs und dreißigſten</hi> B<hirendition="#fr">rief/<lb/><hirendition="#et">in welchem Herr Lovelaces eigene Er-<lb/>
zaͤhlung der Urſachen zu finden iſt/ die<lb/>
ihn bewogen haben in die Kirche zu<lb/>
kommen.</hi></hi></p></postscript></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Der</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[322/0342]
Die Geſchichte
Jch fuͤrchte ſehr, daß ſeine Geſpenſt-maͤßige
Erſcheinung eine Bedeutung hat, und der Vor-
bote einer noch groͤſſern Uebereilung iſt. Wenn
er in unſer Haus kommt, (wie er mich denn ſehr
bittet ihm das zu erlauben) ſo fuͤrchte ich, daß
Mord und Todſchlag daraus entſtehet. Wenn
ein ſolches Ungluͤck nicht anders vermieden werden
kan, ſo wollte ich mich lieber lebendig begraben
laſſen.
Es wird jetzt groſſer Rath gehalten. Jch glau-
be daß meine Briefe in Erwaͤgung gezogen wer-
den. Es iſt dieſes ſchon heute fruͤh geſchehen, und
das war eben die Veranlaſſung, daß meine Onck-
les in unſere Kirche kamen. Jch will Jhnen, wie
ich neulich verſprach, die Abſchriften dieſer Briefe
ſchicken, ſo bald ich ſehe, ob ich ihnen auch die Ant-
wort darauf uͤberſenden kan. Dieſer mein jetzi-
ger Brief iſt nicht geſchrieben, um Jhnen Nach-
richten zu geben, ſondern er iſt blos die Wirckung
meiner Furcht, und meines Unwillens gegen den,
der mir ſo viel Furcht verurſachet hat. Sechs
Zeilen waͤren ſchon genug geweſen, Jhnen alles zu
melden, was ich zur Sache gehoͤriges geſchrieben
habe.
Cl. H.
Siehe den ſechs und dreißigſten Brief/
in welchem Herr Lovelaces eigene Er-
zaͤhlung der Urſachen zu finden iſt/ die
ihn bewogen haben in die Kirche zu
kommen.
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/342>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.